Witiko

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Da er sich gesezt hatte, trat der Bischof Zdik ein wenig gegen den freien Raum vor, wendete sich gegen die Versammlung, und sprach: "Liebe Getreue Einsichtige! In der heutigen sehr bedeutungsvollen Versammlung ist ein Zwischenfall gekommen, von dem es besser gewesen wäre, wenn er nicht gekommen wäre. [Unser erlauchter mächtiger und edler Herzog Sobeslaw kann einen Lechen oder einen andern gehörigen Boten nicht an diese Versammlung schiken, weil er sie nicht zusammen berufen hat, er kann nicht warten, bis ihm einer der Herren des Reiches, die hier sind, die Botschaft bringt, weil dieses erst geschehen würde, wenn alles vorüber ist. Der Herzog ist in jenen Zeiten, als er sich an dem Sterbebette seines Bruders mit demselben versöhnt hatte, von allen als Nachfolger dieses Bruders auf den Fürstenstuhl gerufen worden, so daß der schwarze Otto, welcher diesen Stuhl für sich erwartet hatte, eilig aus Prag davon reiten mußte. Die Männer des Landes haben den Herzog eifrig unterstüzt, als er die Schaaren des deutschen Königs Lothar und des schwarzen Otto, den der König auf den Herzogstuhl einführen wollte, bei Chlumec schlug, und da die Verschwörer Miroslaw und Strezimir es auf das Leben des Herzogs abgesehen hatten, und dieser nach der Enthüllung des Vorhabens nach Prag zurük kehrte, wurde er mit Glokenläuten Zweigen und Jubelruf empfangen, und da das Urtheil gesprochen und die Gefahr vorüber war, sind überall Gesänge und Tänze gewesen: also muß der Herzog zur Freude des Volkes geherrscht haben, und es ist daher gerecht, daß er wisse, was im Lande geschieht. Er hat einen jungen Reitersmann gesendet, daß er die Vorgänge ergründe, und ihm die genaue Nachricht zurük bringe. Der Reitersmann hat sich gerade an uns gewendet, daß wir ihn unsere Rathschläge anhören lassen, damit er dem Herzoge die Wahrheit bringe könne. Es ziemt sich also, daß die Sache so großmüthig gelöst werde, wie sie gelöst werden kann.] (Hier folgt die Beilage)1 Der Herzog hat einen Jüngling gesendet, welcher beinahe noch ein Knabe ist, weil er an seine Ehrlichkeit glaubt, er mißtraut [daher] allen Nachrichten, die ihm auf anderen Wegen über uns zukommen, und er mißtraut unsern Versammlungen. Es ist an uns, dem Herzoge[, dem wir Dank schulden,] zu zeigen, daß wir gegen ihn nichts Böses im Sinne haben, sondern, daß wir in dieser drangsalvollen Zeit, in welcher er[, dem wir noch ein längeres Leben zum Heile dieser Länder gewünscht hätten, uns entrissen werden soll] uns entrissen werden soll, zusammen gekommen sind, um zu helfen, daß [dieses Heil] das Heil des Landes nicht erschüttert werde oder verloren gehe. Der Herzog selber, wenn er gegenwärtig sein könnte, müßte denken wie wir, da er [in] seine[m]n [jungen] Sohn[e] [Wladislaw den] und Nachfolger[, den wir gewünscht hatten,] nicht mehr [zur Reife bringen] heran bilden konnte, und selber der künftige Herzog, wenn einer aus dieser Versammlung hervor geht, könnte nicht wollen, daß er aus Nacht und Geheimniß sondern offenkundig und gerecht zu seiner Würde empor steigt. Eine Botschaft aber können wir an den Herzog nicht senden, weil er ihr nicht trauen würde, oder sie könnte erst abgehen, wenn alles [vorüber] vollendet ist. So lasset uns den [Boten] Mann, den er gesendet hat, als Bothen erkennen, und lasset ihn uns in die Versammlung als Zeugen der Verhandlungen aufnehmen, daß er sie dem Herzoge überbringt, und uns vor ihm erhöht. Er ist zwar nicht von dem Herzoge an uns gesendet worden; aber er
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1 Vgl./der Beilage zu HS.69 Textersatz auf