Witiko

H69, S. 76b


rief. Meine Worte werden [wohl] gewiß vergeblich sein, weil die [|die Menschen selten thun, was ihnen frommt, sondern, was ihre Lust begehrt. Ich muß wieder von vergangenen Zeiten reden.] Jugend und viele Männer nach ihren Gelüsten dahin fahren; aber ich rede sie, weil ich sie schuldig bin. Ich muß wieder von alten Zeiten anfangen. Als der König Wratislaw herrschte, waren auch Streite, [besonders] er hatte [er], als er [noch] Herzog war, viel Hader mit seinem Bruder Jaromir dem Bischofe von Prag, und [als] da er König [geworden] war, mit seinem Bruder Konrad von Brünn, und er hatte einen schmerzlichen Zerstoß mit seinem eigenen Sohne Bretislaw, welchen Kämpfen ich selber schon als junger Dienstmann bei wohnte;1 aber [sie] diese Streite wurden immer nur durch eine starke Aufreizung, wie sie bei Menschen vorkommen, angezündet, [|wie ja der Hohn Zderads des Freundes des Königs gegen den Prinzen Bretislaw ein tödlicher war,|] und sie wurden mit Reueschmerz und mit Bruder- und Freundesthränen gestillt, wie der milde König vor Brünn mit der österreichischen Hilburg der Gemalin seines Bruder Konrad gethan hat. Man wußte damals stets, wer Herzog sei, sein Recht war nie in Zweifel gestellt, man that seine Pflicht, und alle hervorragenden Männer verehrten den König und Herzog, und das Volk insgesammt, wie sogar die Feinde des Königs sagen, liebte [denselben] ihn von dem größten Landmanne Böhmens bis zu dem armen Sakpfeifer herab. [Ich will auch aus jener Zeit ein merkwürdiges Ding erzählen:] Da war ein Mann, ihr müßt [ihn] seinen Ruf kennen, sein Name war Bozetech, er war Abt, und stand dem Kloster an der Sazawa vor: dieser malte liebliche Bilder, und gestaltete aus Holz und Stein und Bein Heilige und himmlische Erscheinungen, daß die Menschen herzu kamen, und sie mit Bewunderung und Thränen ansahen. Er war ein hochgesinnter fröhlicher Mann, und bei dem Könige Wratislaw sehr wohlbeliebt. Einmal grif er bei einer hohen Messe dem Bischofe Cosmas vor, und sezte dem Könige die Krone auf. Darüber erzürnte der Bischof so sehr, daß er ihm befahl, ein Heilandkreuz von seiner eigenen Lebensgröße zu schnizen, es auf seinen Schultern nach Rom zu tragen, und es daselbst in der Kirche[, welche dem heiligen Petrus geweiht ist,] des heiligen Petrus nieder zu legen. Und der Mann Bozetech [vollbrachte] that, was ihm [auferlegt] befohlen worden war. Wo ist heute einer, der, wenn er auch wüßte, was Gehorsam ist, ein solches Zeichen gäbe, die Heiligkeit der Ordnung anzuerkennen? Das ist zu Grunde gegangen. Damals folgten die Herzoge auf einander ohne Widerrede und mit Ruhe. Auf den heftigen Ulrich folgte der erste Bretislaw, der das Alterserblichkeitsgesez errichtete, auf Bretislaw folgte der schöne Spitihnew, und auf ihn sein Bruder unser König Wratislaw, auf diesen sein Bruder Konrad, und auf Konrad der Sohn Wratislaws der zweite Bretislaw, der die Alterserblichkeit zerstörte. Dann folgten die bösen Kämpfe, von welchen ich heute schon [|einmal in diesem Saale|] gesprochen habe. Vor der Alterserblichkeit, da die Söhne der Herzoge nach der Väter Tode immer das Land theilten, waren auch blutige und wilde Streite. Diese Streite aber heilte das Alterserblichkeitsgesez; allein es trug [auch] wieder in sich die Ursache seines Unterganges. Der Herzog, welcher seinen Kindern und Brüdern
(1) |[zugethan ist], wird eifrig [wünschen, daß lieber diese ihm auf dem Herzogstuhle folgen]|
(2) |[wohl will, wird sie eifrig er als Nachfolger wünschen]|
(3) wohl will, wird sie eifriger als Nachfolger wünschen
als de[r]n2 ältesten des Geschlechtes, der seiner Liebe [auf einem] sehr entfernt[en] [Plaze] stehen kann, und weil er als Herzog auch die Macht hat, wird er versucht sein, [xxx] sie dahin zu gebrauchen, sich einen Anhang zu verschaffen, um seine Wünsche durchzusezen, und [|wer, wie ich am Anfange meiner Worte gesagt habe,|] wenn er wie andere Menschen, mehr von [der] seiner Lust als [von dem] der [xxx] Hinsicht auf das [Wohl des] Ganzen [xxx] geleitet wird, wird <er> es auch thun. Der heftige zweite Bretislaw, der schon in seiner Jugend auf einem Kriegszuge durch ein unvorsichtiges Bad, durch welches er die Feinde auf sich lokte, vielen Großen des Reiches, die ihn bewachten, den Tod bereitete, der den Freund seines Vaters Wratislaw Zderad, welcher es ihm einmal vorwarf, tödtete, und dadurch Mißtrauen zwischen sich und seinem Vater und sogar einen häßlichen [Krieg] Sohneskrieg entzündete, hat es gethan. Er hat mit seinen Lechen und Zupanen und Kmeten seinem Bruder Boriwoy gegen das Alterserblichkeitsgesez die Nachfolge gesichert, weil er dem gesezlichen Nachfolger seinem Vetter Ulrich zürnte. Ihr wisset, wie er geendet hat. In dem Walde von Bürgliz ist er von einem Manne ermordet worden, wie man sagt aus Rache der Wrse Bozey und Mutina, die er verbannt hatte. Wer durch Todschlag zeigt, daß er das Leben eines Menschen nicht achtet, gibt andern die Lehre, [daß sie es auch nicht thun] das seine auch nicht zu achten und die Waffen gegen ihn zu kehren. Und doch war er sonst ein guter Mann, er herrschte zur Wohlfahrt[h] des Landes, und da er auf so traurige Weise gestorben war, weinten Jung und Alt um ihn. Nach seiner Herrschaft kam [xxx], wie es nun übel sein mußte eine völlige Unsicherheit in die Nach=

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