Witiko

H69, S. 75b

Nun erhob sich Silvester der Bischof von Prag.
Randnotiz: Silvester1
Er trat in den freien Raum, richtete sein Angesicht gegen die Versammlung, blieb stehen, und sprach: "Liebe, Gute, Ansehnliche! Nach Slawibor bin ich an der Reihe zu reden. Ihr seht, daß meine Haare weiß sind, und daß mein Naken gebeugt ist. Ich rede nicht aus Lust oder Unlust für eine Person, sondern als der, der zum obersten Seelenhirten dieses Landes erwählt wenn auch noch nicht von seinem erzbischöflichen Oberherrn von Mainz geweiht worden ist. Ich habe nicht für den Jüngling, welchen der Herzog gesendet hat, gesprochen, daß es nicht scheine, daß ich nur durch Gunst für den Herzog Sobeslaw beengt sei. Ich rede zu euch weil ihr Christen seid. Es sind in Prag und in dieser Burg Wysehrad Versammlungen gehalten worden, und es ist heute hier eine große Versammlung, zu welcher fast alle Herren der Länder Böhmen und Mähren gekommen sind. Diese Versammlungen haben in der bangen Lage [|des Landes|]2 um Rettung und um einen Herzog [xxx] gesucht.3 Aber diese Versammlungen [xxx] bestehen vor den Augen Gottes nicht. Unser4 Herzog lebt, und ist in Hostas Burg schwer erkrankt. Die Arzneiverständigen sagen, daß er an dieser Krankheit sterben werde; aber welcher irdische Mensch kann mit Gewißheit die Rathschlüsse Gottes erforschen? Er kann den Herzog nach Prag führen, und ihn für den Fürstenstuhl noch eine Reihe von Zeiten erhalten. Wenn aber auch in seinem Rathe bestimmt ist, daß der Herzog in das selige Leben gerufen werden soll, so [xxx] ist auch dann der Herzog vorhanden; fast alle in diesem Saale, so weit meine Augen reichen, [xxx] haben für Wladislaw den Sohn unsers erlauchten Herzogs Sobeslaw, welchen der deutsche König Konrad vor zwei Jahren am zwei und zwanzigsten Tage des Monates Mai auf dem Fürstentage zu Bamberg mit der Herzogsfahne Böhmens belehnt hatte, auf dem Tage [dieses Landes] unserer Länder in Sadska am neun und zwanzigsten des Brachmonats desselben Jahres diese Belehnung anerkannt. Es besteht demnach Wladislaw der Sohn unseres guten Herzogs Sobeslaw als künftiger Herzog<.> Schon die Priester der falschen Götter, welche in Griechenland und Rom und vor kurzer Zeit auch noch in diesem Lande in einer andern Weise gewesen sind, haben harte Strafen für den Frevel des Meineides verkündet, um wie viel mehr [xxx] straft ihn der gerechte und einzige Gott der Christen, welche aber nicht der Strafe sondern des Glaubens willen ihr Gelöbniß halten. Ich bitte daher inständig und in geistlicher Demuth diejenigen, welche so zahlreich von allen Theilen der Länder herein gekommen sind, daß sie [sich] auch vereinigt um das anerkannte Recht des künftigen Herzogs stehen, [xxx.] es zu schüzen. Und wenn sie meinen, sie hätten voreilig und unklug geschworen, so sollen sie bedenken, daß es Gottes Fingerzeig ist, der sie in so großer Zahl nach Sadska geführt, und dort hat schwören lassen, und daß es sein Fingerzeig ist, daß er auf diesem Wege das Land segnen wolle, wie er durch den Knaben David den Goliath und durch Gideon unzählige Feinde nieder geworfen hat. Die Vereinigung zum Rechte ist stark wie schwach die Vereinigungsstelle zu sein scheint5 die Vereinigung zum Unrecht ist schwach[[,] wie stark die Vereinigungsstelle zu sein scheint; denn der Fürst der Zwietracht reißt die Glieder solcher Vereinigungen später immer auseinander, und läßt sie sich oft grimmig gegen einander selbst wenden. Und weil der Herzog Sobeslaw von diesen Versammlungen weiß, so sollten einige aus diesem Saale [xxx]6 zu ihm entsendet werden, welche sagen: Da wir in deiner Krankheit deiner Hilfe entbehren, so sind wir zusammen gekommen, um zu rathen, und wir kommen nun, zu sagen, daß wir zu Gott um deine Wiedergenesung beten, und daß wir einst nach deinem Tode zum Schuze und Heile des Landes vereinigt zu deinem Sohne Wladislaw halten werden."

Als der Bischof diese Worte geredet hatte, stand ein Priester nach dem andern und standen die Äbte auf, und verneigten sich tief vor ihm, und an mehreren Theilen des Saales brach ein freudiger und ehrerbiethiger Zuruf aus.

Der Bischof ging wieder zu seinem Size, und ließ sich auf demselben nieder.

Als eine Zeit vergangen war, und die Versammlung wieder nach einem Redner [auf]schaute, stand der alte Bolemil auf, und sprach: "Nach dem hochehrwürdigen Bischofe Silvester kömmt die Rede an

Randnotiz: Bolemil

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