Witiko

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"Ich sage das nur," rief der Scharlachreiter, "um zu zeigen, was gewesen ist."

"Und die Herzoge saßen indessen auf ihren herrschenden Stuhle," sagte Witiko.

"Ja, die Herzoge, die Herzoge," entgegnete der Scharlachreiter.

Er wendete sich um, und rief: "Der Mann da, der neben mir reitet, frägt um die Herzoge des Landes, meine Freunde."

"Ich meine nur die Herzoge, die zu jener Zeit gewesen sind," sagte Witiko.

"Ja die Herzoge, die Herzoge, nicht wahr, meine Freunde, das ist so ein Ding, die Herzoge," rief der Scharlachreiter.

Einige von den Reitern lachten bei diesen Worten.

Der Scharlachmann wendete sich wieder nach vorn, und sagte: "Es waren ein mal gar keine Herzoge in diesem Lande, das so gesegnet vor uns liegt, mein Sohn. Wer weiß, was da gewesen ist, als dein Wald noch da herab reichte, wo wir reiten."

"Bären genug und wenig Jäger," sagte Odolen.

"Marbod wird doch die Bären und die Urstiere mit seinen Leuten erlegt haben," sagte der Scharlachreiter.

"Das waren erst Zeiten," rief der, den sie den Sohn des Nacerat hießen.

"Nun, das wissen unsere Alten kaum, die von den vergangenen Zeiten erzählen," sagte der Scharlachreiter, "sie loben nur immer, wie es war, da der Vater Cech über sieben Ströme gegangen ist, und unsere Ahnherrn in dem Lande gesessen sind. Da schaltete dieser in dem einen Theile des Landes, und in dem anderen jener, und wieder in einem anderen gar keiner, und alle waren sehr glüklich, wie es immer glüklich ist, wenn man von den Schiksalen eines Volkes zu erzählen anhebt."

"Das wäre jezt kein Glük," sagte Welislaw, "aber kann eines gewesen sein, da die Menschen noch bei sich zu Hause sehr häuslich waren."

"Und die Häuslichkeit ging zu Ende," sagte der Scharlachreiter[,]. "[a]Als der alte Krok die Augen zuthat, und sein Ansehen auf seine Tochter Libusa überging, da wollte jeder ihr Gatte sein, und sie drängten sie, und sie nahm den edlen Mann des Landes Prem[i]ysl, und sie lebte mit Premysl, und sie hielten sich das Land unterworfen, da sie lebten, und es kamen zahlreiche Nachkommen von ihnen, welche sich immer das Land unterworfen hielten, und Herzoge waren: Nezamisl, Mnata, Woyen, Unislaw, Kresomysl, Neklan, und andere, wer weiß sie noch, und Hostiwit, und Boriwoy sein Sohn, der erste christliche Herzog, und sein Enkel, der heilige Wenzel, und dessen Bruder der grausame Boleslaw, und andere. Sie theilten immer das Land bei ihrem Tode unter ihre Söhne, daß Streit und gräuliche Dinge wurden; aber kein anderer kam in den Ländern Böhmen und Mähren gegen die Nachkommen Premysls auf. Da erschien vor hundert Jahren ein vorzüglicher Mann unter den Nachkommen Premysls mit Namen Bretislaw, der Sohn des Herzogs Ulrich, der Enkel des Herzogs Boleslaw des Frommen, und [ein] der Urenkel des ersten Boleslaws des Bruders des heiligen Wenzel. Dieser Mann vereinbarte mit allen seinen Vornehmen den Lechen und Zupanen, daß Böhmen fortan ungetheilt bleiben soll, daß der älteste des Stammes Premysl Herzog von Böhmen und Mähren sein soll, und daß alle andern dieses Stammes Länder in Mähren erhalten sollen, davon sie leben, daß sie Herzoge heißen, und dem ältesten Herzoge unterthan seien. So sollte der Streit enden, der Herzog sollte immer ein älterer und erfahrener Mann sein, und jeder Zweig Premysls sollte für die Länder sorgen, weil er einmal Herzog sein kann. Aber schon die Enkel Bretislaws zerbrachen das Gesez. Er hatte zahlreiche Enkel. Durch seinen älteren Sohn Wratislaw hatte er vier Enkel: Bretislaw, Boriwoy, Wladislaw und Sobeslaw, der jezt Herzog ist. Durch seine[n] jüngeren S[o]öhne Konrad, der Fürst von Brünn war, und Otto, der Fürst von Olmüz war hatte er die Enkel Ulrich, Liutold, Swatopluk, Otto, und Bretislaw. Da er gestorben war, folgte ihm auf dem Herzogstuhle sein Sohn Wratislaw, der der älteste Zweig des Stammes Premysl war, und der der erste unter den böhmischen Fürsten den höchsten Glanz erreichte, dessen sie theilhaftig werden können, nehmlich die Königskrone. Als er gestorben war, folgte ihm sein Bruder Konrad auf dem Herzogstuhle, der jezt der älteste unter den Zweigen des Stammes [Premys]