Witiko

H30, S. 48a


Mal der deutsche König zum römischen Kaiser müsse gesalbt werden, es kann einmal auch ein anderer diese Würde erhalten. Der Herzog Sobeslaw hat zur Freude und zur Verherrlichung aller Böhmen gegen Lothar gehandelt. Als Lothar noch der deutsche König aber nicht der römische Kaiser war, sagte er, wenn auch das ganze böhmische Volk Sobeslaw als Herzog gewünscht und gewählt habe, so sei diese Wahl doch ungültig; denn ohne Genehmigung des deutschen Königs dürfe keine Herzogswahl in Böhmen vorgenommen werden, der König habe sie anzuordnen und zu bestättigen. Sobeslaw size wider das Recht auf dem böhmsichen Stuhle, er seze ihm eine Frist zur Erscheinung vor seinem [Richterstuhle] ¢Gerichte,¢
Randnotiz: ?
und wenn er nicht gehorche, so werde er ihn mit Krieg dazu ¢zwingen.¢
Randnotiz: überziehen.
Diese Botschaft wurde an Sobeslaw abgefertigt. Dieser sagte, als er sie gehört hatte: Ich aber hoffe zu Gottes Barmherzigkeit und zum Beistande unserer heiligen Wenzel und Adalbert, daß unser Land nicht in die Gewalt der Fremden werde gegeben werden. Hierauf erhob er sich, und zog zuerst nach Mähren, um die Gebiete des schwarzen Otto in Besiz zu nehmen. Dann ging er in viele Theile Böhmens
Randnotiz: im Lande Böhmen herum ??
verrichtete in den Kirchen, in die er kam, öffentliche Gebete, [eiferte] feuerte das Volk zum [Kriege] Kampfe an, und ließ rüsten. Die alten Slawnike hatten in der Kirche ihrer Burg Wrbcan eine Fahne, welche Fahne auch die des heiligen Bischofs Adalbert gewesen
Randnotiz: als eines Slawniks gewesen
war. Diese Fahne ließ der Herzog aus der Kirche erheben, befestigte sie auf dem Speere des heiligen Wenzel, und sagte, das soll die erste geheiligte Fahne der Böhmen in dem kommenden Kriege sein. Der König Lothar ging im Winter in vielem Schnee mit großer Heeresmacht gegen die böhmischen Grenzen. Es war, da man das Jahr 1126 schrieb. Die sächischen Großen waren bei ihm, Albrecht der Bär und Heinrich von Groitsch waren bei ihm, und der schwarze Otto war bei ihm. Sobeslaw erwartete ihn mit den Seinigen in dem Thale von Chlumec. Als der König die böhmischen Grenzen berührte, sendete ihm der Herzog noch einmal eine Botschaft entgegen. Die Botschaft trugen Nacerat Miroslaw und Smil. Ihre Worte lauteten: Ich thue dir zu wissen, daß es altes Recht ist, daß die Böhmen auf ihre eigene Weise ihre Herzoge bestellen, und nur dem römischen Kaiser, wie es sein Recht als weltlicher Schmirmvogt der Christenheit auch gegen alle andern ist, steht die Bestättigung zu. Niemand, sei er ein König oder wer immer,
Randnotiz: von jemand andern sei er ein König der Deutschen oder ein oder sonst ein
darf uns ein neues Gesez auflegen, und ehe wir unsern Naken unter dieses Joch beugen, wollen wir kämpfen und lieber alle untergehen. Gott wird entscheiden. Der König hörte aber auf diese Botschaft nicht, und so stieg er am achtzehnten Tage des Hornung mit den Seinigen in den Schluchten bei Chlumec nach Böhmen herab. Der Herzog hatte diese Schluchten verrammeln lassen, hatte die Seinigen in drei Heeresabtheilungen getheilt, und [erwartete] harrte die Feinde. Der schwarze Otto stieg der erste die Höhe herab. Und nun standen die zwei Männer einander gegenüber, welche brüderlich auf dem Lukerfelde mit einander gegen den ungarischen Stephan gestritten hatten. Es war ein trauriger Anblik. Als Otto angrif, wurde er mit seiner Schaar von den böhmischen Kriegern erschlagen. Die zweite Schaar, welche herab stieg, wurde auch erschlagen. Dann wurden alle, welche kamen,
Randnotiz: die da kamen, auf allen Seiten.
angegriffen, zerstreut, erschlagen oder gefangen. Und als der König die völlige Niederlage[n] der Seinigen sah, und als er sich mit dem Überreste auf einen Berg zurük gezogen hatte, und der Berg von den Schaaren der Böhmen umgürtet war, daß kein Mann zu entrinnen vermochte, verzweifelte er, und sendete zu Sobeslaw mit der Bitte, daß er zu ihm kommen möge. Sobeslaw ging zu ihm auf den Berg, und sagte: Wir haben den Krieg nicht aus Muthwillen begonnen, um das Blut deiner edlen Großen zu vergießen, oder deiner Herrlichkeit eine Schande zuzufügen, sondern, um ein Joch, das man uns brachte, abzuwehren. Gott hat gerichtet. Damit nun ein gerechter Friede werde, sage ich dir, daß wir dir alles leisten wollen, was wir bisher den römischen Kaisern geleistet haben, nicht weil du König bist, sondern weil du römischer Kaiser werden wirst. Das Neue haben wir zurük gewiesen, und damit die Eintracht dauere, soll das Alte bestehen. Der König nahm den Vorschlag an, küßte den Herzog, und bestättigte ihn. Und es blieb fortan Freundschaft zwischen ihnen, so lange Lothar lebte. Über fünfhundert edle tapfere Deutsche sind in dieser Schlacht umgekommen, wir ehrten sie, und haben sie christlich begraben. Viele sind gefangen worden wie Albrecht der Bär die Bischöfe von Merseburg und Halberstadt und drei Äbte. Wir sendeten sie ohne Lösegeld in ihre Heimath zurük. Zweimal hat in den lezten Jahren der Herzog Sobeslaw dem Könige Lothar eine Hilfsschaar zu seinen Romfahrten gegeben. Aber auch im Innern des Landes waren fürder noch Leute, welche sich der Herrschaft Sobeslaws entgegen stellten. Obwohl