Witiko

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gewesen ist, und das er heirathen gewollt hat. Neben ihm reitet ein junger Mann [im blauen Kleide] auf einem weißen Pferde."

"Ich sehe ihn," sagte Witiko.

"Der ist der junge Heinrich von Oftering," sprach der Ritter, "wir tragen immer gleiche Kleider. Und auf der andern Seite reitet einer mit einem grünen Mantel."

"Ich kann ihn sehen," sagte Witiko.

"Der ist der junge Ruhenegk aus der Waldschlucht[.]," entgegnete der Ritter, " Oftering und Ruhenegk zwingen den alten Knaben immer, daß er Reimzeilen sagt, die so ungefüg sind, wie die Wollkittel der böhmischen Männer Boriwoys, die er in Regensburg gesehen hat. Er hält die Reime aber immer für höfisch. Sie lassen ihn nicht zu dir zurük, wie er sonst thäte, weil er alle Fremden beschüzt. Du solltest schöne Kleider anziehn, so lange du bei uns bist, Witiko."

"Ich habe das Leder in Freud und Leid getragen, und werde es fortan tragen," erwiederte Witiko.

"Du bist noch so thöricht wie du in Passau gewesen bist," sagte der Ritter vom Kürenberge; "aber ich will dir weiter von unserem Hofe erzählen. Da ist das Werfen der [Lanzen] Speere, das Schießen der Pfeile[,] und das Brechen der Lanzen, wenn man in vollen Platten in den Bügeln steht, und gegen einander reitet, daß die Splitter fliegen, und der Palast und der Saal ertost, und wenn man dann doch mauerrecht in dem Sattel sizt, daß die Frauen und Jungfrauen auf dem Söller jubeln, und mit dem Scheine ihrer Augen herab sehen."

"Ich würde es vorziehen," antwortete Witiko, "durch das, was ich vollbringe, nicht den Schein der Augen einer Jungfrau zu gewinnen, sondern ihr Herz zu treffen, daß es nichts Anderes kennt als die Liebe zu mir, und daß ich ihr die größte Lust auf der Erde bin, wenn ich es nehmlich vermag."

"So trif das Herz, du waghalsiger Mann," sagte der Ritter vom Kürenberge, <">hier und allerwärts sind die schönsten Jungfrauen. Oder hast du es schon getroffen?"

"Ich habe noch nichts Großes zu vollbringen vermocht," sagte Witiko.

"Und wer dann im Stechen die Ehren gewann," sprach der Ritter vom Kürenberge, "der erhält im Angesichte Aller den Preis, und sein Name wird genannt in den Ländern und Burgen. Und wie die liebe Sonne auf das Land Österreich scheint, so ist ein Klingen und Singen in dem Lande, und wird viel geehrt, und es wird noch immer höher und höher gehen. Wer da Geltung hat in Klang und Sang, der geht nach Österreich, und der Preis, den er gewinnt, ist dem der Waffen gleich. Die von Babenberg sollten Kaiser sein. Da würde das Hoflager bald in Würzburg, bald in Nürnberg, bald in Speier, bald in Frankfurt, bald in Regensburg schimmern, und es würde das schimmerndste auf der Erde sein. Die neuen Herzoge in Schwaben, die sich erst ihre Burg auf dem hohen Staufen gebaut haben, und schon die Königskrone tragen, mögen herrlich sein, wie der starke Büren gewesen ist, und wie der junge Friedrich werden wird, dem der goldene Bart wächst, der Neffe der verwittweten Markgräfin Agnes: aber Österreich ist alt und aller Ehren und aller Freuden voll. Seine Männer ziehen in den Krieg in Schmuk und Zier, und reiten klar und sonder Umschweif in den Feind, daß er weicht, und die Rükkehr scheut, und sie ziehen auf die Jagd, und wieder an den Hof zu Sitten und Spielen."

"In unseren Landen ist auch ein altes Volk, das seine Sitten und seine Tapferkeit wehrt," sagte Witiko.

"Ja, ja," entgegnete der Ritter vom Kürenberg. "Sage, Witiko, tragt ihr auch schon die glänzenden Harnische?"

"Einige tragen sie," antwortete Witiko, "andere haben die biegsamen Waffenhemden, und viele haben Leder. Das Leder schüzt besser, und ist leichter. Und der Schild ist das Schwert, welches ein Rad vor dem Leibe macht, und dem Zudringen der Waffen wehrt."