Witiko

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"Das wäre ein Zeug gegen die Ungarn," sagte der Ritter. "Diese kämpfen nicht nach der Sitte. Und wenn wir noch so zierlich gegen sie reiten, so achten sie die Zier für nichts, sie fliehen, und fliehen um unseren [geschlossener] Waffenbann herum, und senden Pfeile herzu, daß mancher Mann und manches Pferd verwundet oder getödtet wird, indeß wir sie nicht erreichen, und in unsern Helmfäßern hungern können. Du würdest an sie kommen, wenn du ein Pferd dazu hast, würdest sie treffen, und ihre Pfriemen würden an deinem Elen oder Schelch, oder was es für ein Gethier ist, hängen bleiben."

"Sie blieben hängen," sagte Witiko.

"Und wenn ihr nicht in dem Kriegsgewande geht," sprach der Ritter, "so habt ihr weite Kittel, daß es eine Schande ist, und bindet sie mit einem Riemen oder Strike zusammen, und die Männerzier, die Loken, schneidet ihr zu einem Strohdächlein [zusammen] herab, und auf der Haube habt ihr die gerade Feder wie einen Pfahl."

"Die gerade Feder ist der Troz," sagte Witiko, "und wenn ich meine Haube abthäte, so würdest du meine Loken sehen."

"Trägst du die Loken nach deutscher Art?" fragte der Ritter.

"Wie sie die jungen Männer in Böhmen und Mähren tragen, habe ich sie nicht," antwortete Witiko, "weil ich aus andern Ländern kam; aber unsere Ritter nähern sich schon eurer Kleidersitte; obgleich ich sagen muß, daß, wenn der alte Bolemil oder Lubomir in das dunkle fließende Gewand gekleidet sind, und die reichen Gürtel tragen, es erhabener aussieht als eure schimmernden Fähnlein. In dem Mittage des Landes haben sie enge Gewänder aus grober Wolle. Ich trage sie auch, wenn ich dort bin."

"Die werden wohl in diesen Gewändern nicht turnieren," sagte der Ritter vom Kürenberge.

"Diese turnieren gar nicht," entgegnete Witiko, "wo sie mit ihren Keulen oder Hämmern oder Eisenstangen hin schlagen, gilt es gleich auf das Leben."

"Ich bin von den Bäumen, die in unserem Lande mit der unendlichen Obstblüthe und der unendlichen Obstfrucht stehen, nicht zu euern Buchen und Tannen hinein gekommen," sagte der Ritter, "und habe keinen Bären gesehen, der seinem Feinde die Haut abziehen, oder ihn erdrüken will."

"Wir werden in dem nächsten Kriege sehen, was der Wald vermag," sagte Witiko, "wenn dann auch kein zierlicher Sänger von ihm singt."

"So muß ein unzierlicher singen, wenn sie unzierlich kämpfen," sprach der Ritter.

"Er singe, wie sie kämpfen," sagte Witiko.

"Lasse uns vorwärts zu Heinrich von Oftering reiten," sagte der Ritter vom Kürenberge, "er wird sich freuen, daß du da bist. Heinrich und ich werden einmal einen Sang anheben von dem hörnernen [Siegfried] Sifrid und von den Burgonden und von Island und von dem Könige Ezel und von Dietrich von Bern. Es möge nur nicht so werden, wie mit der schönen Frau in Passau, von der ich als Büblein die Farbe trug, und die ich nicht mochte han, was mir an meinem Herzen viel dike weh gethan."

"So hast du das Lied von Passau nicht vergessen?" fragte Witiko.

"Ich habe es von Passau nach Wien getragen," antwortete der Ritter; "aber ich achte jezt mehr auf das Lied als auf die Frau. Witiko, reite recht oft zu mir in die Stadt Wien hinab, ich werde dir zeigen, was man thut und baut und singt, und werde dich zu Männern und Leuten führen."

"Ich werde kommen," sagte Witiko.

"Nun aber trachten wir zu dem hochgemuthen Degen Heinrich von Oftering," sprach der Ritter<.>