Witiko

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Dann kam Werinhard von Brun, und sagte: "Böhmischer Rittersmann, du bist in dem Zuge, nun lasse es dir gefallen, wie es auch Andern gefallen hat, die gekommen sind."

Hierauf ritt Thiemo von der Aue von hinten nach vorne gegen Witiko, und sagte: "Sei gegrüßt, Witiko, ich habe jezt nicht Zeit, ich werde später wieder zu dir kommen."

Dann ritt er vorwärts, und schloß sich an die älteren Männer an.

Und so kamen noch andere Männer herzu, und ritten wieder weg, und sprachen mit einander. Nach einer Zeit hörte Witiko hinter sich schnellere Pferdetritte, wie wenn einer näher reitet, und dann hörte er die Worte: "Es hat mir an dem Herzen viel dike weh gethan, daß mich es deß gelüste, das ich nicht mochte han."

Er blikte um, und es war ein sehr junger Mann in blauen Kleidern auf einem weißen Pferde hinter ihm.

Witiko rief: "Der Fiedler vom Kürenberge."

"Ja, du Lederhaube, so bist du in Österreich," antwortete der Mann.

"Ich bin bei meiner Mutter und der Frau Markgräfin auf dem Kahlenberge," entgegnete Witiko.

"Ich weiß es," sagte der Mann, "und mußte dich im Zuge mit den Augen heraus stechen, wie man eine Lerche an den Pfeil heftet."
Nach diesen Worten trieb er sein Pferd vorwärts, bis er neben Witiko war.

"Und wie bist du denn nach Österreich gekommen?" fragte Witiko.

"So wie du in die Welt gegangen bist," antwortete der Ritter vom Kürenberge. "Als der alte Regimar todt war, und als du fort warest, ritt ich von Passau hin weg. Ich bin in vielen Gebiethen und Burgen gewesen, und dann bin ich an den Hof der Markgrafen von Österreich gezogen. Als der Krieg kam, der zwischen dem Markgrafen von Österreich und dem Herzoge von Baiern war, zogen wir nicht in den Krieg, es zog mein Vater nicht, die Ritter von Rohre zogen nicht, der alte Heinrich von Oftering zog nicht, der unser Nachbar ist, die Herren von Wilheringen zogen nicht, der Ritter von Traun zog nicht, und viele nicht, die um uns waren. Wir halfen aber auch dem Markgrafen von Österreich nicht. Ich ritt zu meinem Vater auf den Kürenberg, und blieb auf dem Kürenberge. Als der Krieg geendiget war, und als der Ruf ging, daß wir nach Böhmen ziehen werden, um die mährischen Fürsten zu züchtigen, so kamen wir aus den Gauen der Traun und der Ens und der Donau zusammen, und zogen mit unseren Fähnlein den bairischen Wald hinan, und vereinigten uns bei dem Orte Furth mit dem Könige Konrad. Und als die Sache aus war, und als ich von Prag wieder auf den Kürenberg gekommen war, ritt ich eine Weile zu Erlustigungen nach Linz und nach Wels und nach Efferdingen und nach Ens und nach Kremsmünster, und nach [Pernstein] Rohre, und dann ritt ich nach Wien an den Hof Heinrichs des Markgrafen von Österreich[, Heinrich]; denn die Babenberge sind doch anders als die Welfe, und das Herzogthum Baiern ist jezt ledig, und weil der Markgraf Heinrich der Stiefbruder des Königes Konrad ist, so wird er von dem Könige Konrad mit Baiern belehnt werden, und wenn er auch damit nicht belehnt wird, so kann das bairische Land zwischen der Ens und dem Inn los getrennt und zu Österreich gefügt werden, und der Markgraf Heinrich wird dann der erste Herzog von Österreich sein, und wir werden Mannen des Herzoges von Österreich sein."

"Ich habe Zdik, den Bischof von Olmüz, der auf der Flucht ist, von Böhmen nach Passau geleitet," sagte Witiko, "und bin dann auf einem Schiffe die Donau herab nach Wien gefahren, und da ich gegen Linz kam, habe ich auf den Wald des Kürenberges geschaut, und habe deiner gedacht."

"Hast du meiner gedacht[,]?" rief der Ritter vom Kürenberge, "nun so habe meinen Dank dafür. Auf der Burg des Kürenberges sizt nun mein Vater allein. Er reitet nicht mehr an den Hof. Es ist kein Hof in Baiern, und zu dem Hoflager des Königs reitet er nicht, und an [das Hoflager] den Hof des Markgrafen auch nicht. Er waltet mit den Knechten, streicht die Fiedel, läßt noch seine Stimme erschallen, gibt Rath, tröstet meine Mutter, wenn sie ein Leid hat, und sendet mir Botschaften. Unten an dem Kürenberge, wo die kleinen Föhren gegen die Stadt Wels hingehen, sizt auf dem ebenen Boden der alte Heinrich von Oftering, der noch manchen Streitsang hegt. Er ist der Vater des jungen Heinrich von Oftering, der mit uns ein Knabe bei dem alten Regimar gewesen ist, du weißt noch die rothen Wänglein