Witiko

H282



Dann wendeten sie ihre Pferde [um], und ritten [in ihren schönen Gewändern] der Freiung entlang wieder gegen die Stadt.

Witiko aber ritt mit Raimund auf den Kahlenberg.

Nach dem Mittagessen zeigte Ezelin, der Vogt, Witiko die ganze Burg, er zeigte ihm ihre Vorräthe und ihre Waffen, und zeigte ihm, wie sie den [Fein] Ungarn Widerstand geleistet habe, und wie sie [gegen Feinde zu vertheidigen wäre.] in Zukunft zu vertheidigen wäre.

[Als] Ehe an dem folgenden Tage die Sonne aufgegangen war, [rüsteten] begannen sich die Männer auf dem Kahlenberge [und] zum Empfange derer, die da kommen sollten, zu rüsten. Sie schmükten sich und ihre Pferde[. Sie] und luden Witiko ein, das Gleiche zu thun. Er aber rüstete nur sein Pferd, legte sein Hausgewand ab, that das Ledergewand an, und gürtete an dasselbe sein Schwert[.] mit dem Sobeslawgürtel. Dann bestiegen [die Männer ihre] alle die Pferde, ritten vor die Burg, und stellten sich [dort] in eine Reihe.

Als sie eine Zeit gewartet hatten, kam ein Zug von Reitern und Reiterinen auf dem Pfade des Laubwaldes herauf. Der erste in dem Zuge war Heinrich, der Markgraf von Österreich. Er hatte ein blaßrothes Kleid, und auf der dunkelrothen Sammethaube [war] eine weiße Reigerfeder. Sein Pferd war schwarz. Neben ihm ritt [eine Frau] die Markgräfin in einem weißen Kleide und einem grünen Schleier. Sie hatte blonde Haare, blaue Augen und ein helles [mildes] Angesicht. Die Farbe ihres Pferdes war goldbraun. [Der Ritter Weringand von Plaien, welcher neben Witiko stand, sagte ihm, die Frau sei Gertrud, die Markgräfin von Österreich.] Hinter dem Markgrafen und der Markgräfin ritten Herren und Frauen in schönen Gewändern. Die Herren [dienten den Frauen, daß sie gut ihres Weges kämen.] hatten Obsorge, daß die Frauen gut ritten.

Als der Zug zu dem Thore der Burg gelangte, ritt Agnes, die verwittwete Markgräfin von Österreich durch das Thor heraus. Sie hatte ein graues Gewand und einen weißen Schleier. Ihr Zelter war weiß. Hinter ihr ritten Herren und Frauen. Die Herren hatten schöne Kleider, die Frauen aber nur graue. Unter den Frauen war Wentila, Witikos Mutter.

[1Als Agnes zu Heinrich und Gertrud gekommen war, grüßten sie dieselben und sie dankte des Grußes. Dann richteten sie ihre Pferde neben einander, und ritten von der Burg weg auf einem Pfade, der gegen Morgen führte. Die Männer und Frauen, die zu Heinrich und Gertrud und die zu Agnes gehörten, folgten ihnen. Vorn ritten solche, welche Hofämter pflegten, dann kamen die andern. Die Männer [aus dem Geleite des jungen Markgrafen und der Markgräfin und die aus dem Geleite der Markgräfin Agnes] der beiden Geleite vermischten sich, wie es der Zufall oder ihr Wunsch fügte. A[n]<m> [den beiden Seiten des Zuges] Ende des Zuges ritten die jüngeren Leute zerstreuter. An den Seiten des Weges standen die grünen Bäume, und strekten die Äste hernieder, und die bunten Gewänder und die [Panzerüken] Panzergeflechte und die Waffen schimmerten. [In dem hinteren Theile des Zuges waren die jungen Männer, und sie ritten zerstreuter als die anderen.]1]
Randnotiz: (Hier folgt die Beilage)2

Witiko ritt zwischen Weringand von Plaien und Poto von Potenbrun. Sie [nannten] zeigten ihm [mehrere der] Männer und Frauen, die vor ihnen ritten[.], und nannten [sie] ihre Namen.

Gebhard von Abbadesdorf lenkte sein Pferd herzu, und sagte: "Sei gegrüßt, Witiko, tummle dein Roß unter österreichischen Reitern."

"Sei gegrüßt," antwortete Witiko, "auf diesem Pfade ist wenig [Raum] zu[m T]tummeln."

"So komme [einmal] zu uns hinab, wo der Raum größer ist," sagte der Andere.

"Ich werde kommen," entgegnete Witiko.

(1) "Nun bist du da, junger Reiter[,]" sagte [Virichus von Gaden], welcher herzukam.
(2) ["Nun bist du da, junger Reiter?" sagte Ebergus von Aland, welcher herzukam.]
(3) Dann ritten Ebergus von Aland und Viricus von Gaden her[zu], und Ebergus sagte: "Bist du da, junger Reiter?"
(4) Dann ritten bis von Gaden her[bei], und Ebergus bis Reiter?"

"Ich bin da," entgegnete Witiko, "du hast ja gesagt, daß es meine Pflicht ist."

"Und du erfüllest [deine Pflicht] sie," sagte der Andere.

"Ich werde sie immer zu erfüllen [suchen,"] streben," sagte Witiko.

"Dann erfülle sie auch gegen die Frauen, und [suche ihnen zu dienen,"] huldige ihnen, sie sind schön, und verdienen es," sprach Viricus von Gaden[, der neben Ebergus ritt, "es sind schöne Frauen in Wien, und sie verdienen Huldigungen."]<.>

"Ich bin [nicht geübt zu] in Huldigungen nicht geübt,["]" antwortete Witiko.

"So übe dich,[" entgegnete Viricus, "]und nimm von Thiemo [von der Aue kann dir] deinen Unterricht [geben, er übt], der sich schon lange[."] übt."

(1) "Sei gegrüßt, Witiko," sagte Marchard von Hintberg, der vorüber und [vorwärts] ritt, es ist [von] gut[er Art], daß du bei uns bist[. Weile eine Zeit da, und lebe mit uns."]

(2) ["Sei gegrüßt, Witiko," sagte Marchard von Hintberg, der vorüber und hervor ritt, es ist gut, daß du bei uns bist,] nun lebe recht waker mit uns."
(3) Marchard von Hintberg kam herzu, und sagte: "Sei gegrüßt, du Freund von gestern, es ist gute Art, daß du bei uns bist, nun lebe recht waker mit uns."

"Sei gegrüßt," antwortete Witiko, "[ich bleibe,] wie es sich fügt und schikt."

"Es fügt sich, und es schikt sich," entgegnete Marchard[, und ritt weiter.].
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1 Die äußeren Tilgungsklammern zeigen die Streichung durch Schraffierung an, die auch die Randkorrekturen miteinschließt.
2 Vgl. die Beilage zu H S.282.