Witiko

H24, S. 39a


und ausgebreitete Wälder."

"Ich kenne sie," sagte der Scharlachreiter, "sie sind sehr groß; aber sie sind zur Jagd nicht ersprießlich, weil sich Menschen und Pferde wegen der Sümpfe und des zerklüfteten Gesteins ihres Bodens in ihnen nicht bewegen können, und sie auch sonst fast undurchdringlich sind."

"Ja, sie sind fast undurchdringlich," antwortete Witiko, "und die Herzoge von Böhmen werden wenig in jenen Gegenden gewesen sein."

"Die Gebiete des Herzogs nüzen ihm dort nicht viel," erwiederte der Scharlachreiter, "weil sie unwirthbar sind, und die Dinge der Wildniß nicht zu Werthe kommen können."

"Die Unwirthbarkeit wird menschlicher Thatkraft weichen," sagte Witiko, "und ihre Dinge werden durch menschlichen Geist Nuzen bringen. Und heller wie die Länder an der jungen Moldau sind, sind sie schön und herrlich. Ich habe sie jezt durchzogen, und habe manche Steinzunge von Wasser umflossen und manche Höhe gefunden, auf die man tüchtige Waldschlösser bauen könnte."

"Du brauchst auch Schlösser auf Höhen," sagte der Scharlachreiter.

"Wie es sich fügt," antwortete Witiko, "auf Felsen, die vom Wasser umrieselt sind, oder auf Höhen, die [prächtig sind] da prangen."

"Du machst uns ja Lust, sie zu beschauen, wenn du die Schönheit deiner Heimath singst," entgegnete der Scharlachreiter, "wie wäre es denn, wenn wir einmal, da wir die andern Landstriche durchschritten haben, und lange Weile fühlen, dahin gingen, und dem Unthiere des Waldes beizukommen suchten."

"Meine Freunde," rief er, indem er sich auf dem Pferde umwendete, "dieser da sagt, daß es im Mittage unseres Herzogthumes so schön sei, während man sonst gehört hat, daß dort nur eine armselige Wildniß sich befinde, in der auf dem Gesteine nur Föhren und Fichten wachsen. Könnten wir nicht ein mal, wenn sonst nichts besseres ist, hingehen, und uns Luchse oder Wölfe oder Bären holen?"

"Ich meine, es ist ein Lohn für den Jäger," erwiederte Odolen, "wenn er sich Bahn brechen muß, um zu seinem Gethier zu gelangen. Wenn wir die Felsen und die Wurzeln und die Sümpfe der Moldau für die Jagd tauglich machen, so sind wir die ersten, die ihre Länder besiegt haben, und denen das jungfräuliche Wild zur Zierde dient, und wären es auch nur lauter Füchse, die in dem Geklüfte dort, das ich gesehen habe, genug sein müssen. Wenn man einen Berg umwerfen muß, um zu dem Feinde oder dem Wilde zu gelangen, ist erst der Krieg und die Jagd etwas werth."

"Ja gehen wir hin und suchen uns Arbeit," rief Welislaw.

"Es wird wenigstens Abwechslung bringen," sagte der Sohn des Nacerat.

"Reiten wir hin," riefen Andere.

"Nun es wird sich eine Zeit dazu finden," sagte der Scharlachreiter. Und nachdem er sich wieder umgewendet hatte, und im Schritte wie bisher weiter ritt, sagte er zu Witiko: "Da du in dem Mittage unserer Länder zu Hause bist, so liegt dir Baiern nahe, bist du schon dort gewesen, und hast du den Welf oder den Herzog Heinrich, welchen sie den Stolzen heißen, gesehen?"1

"Ich habe dir gesagt," entgegnete Witiko, "daß ich lange anderswo als in unserm Lande gewesen bin, und da bin ich auch in Baiern gewesen; aber im Mittage des Landes, wo die hohen Berge sind, nicht dort, wo die Herzoge hausen, und vom Volke gesehen werden können. Ein mal, da ich kaum siebenzehn Jahre alt war, hätte ich ihn sehen können, es gelang mir aber nicht, ihm nahe zu kommen, da ich auf meinen Füssen stand, er aber zu Rosse [war] von vielen Reitern umgeben war, und sich viel Volk drängte. Es war bei der Klostereinweihung von Ranshove in der Nähe des Innflusses."

"Ich habe von jenem Kirchenfeste gehört," sagte der Scharlachreiter, "und von den Unsrigen sind auch einige dort gewesen. Es muß eine wichtige Bedeutung gehabt haben."

"Weit und breit sind die Menschen herzu geströmt," antwortete Witiko, "es sind sehr viele Herren und Frauen anwesend gewesen. Der
(1) [Bischof] [Kon] von Salzburg Konrad
(2) Erzbischof von Salzburg Konrad
hatte vor Langem

Randnotizen: xxx 1 Absatz mit Strichen markiert und mit der Notiz versehen: Gertrud Heinrich als stolzen Frau und Wittwe Federprobe am Rand: der