Witiko

H229, S. 299

"So seze deine Haube auf dein Haupt," sagte Witiko.

"Wenn ihr es so befehlet, so werde ich es thun," antwortete Huldrik.

Und er sezte
(1) [nun] die [dunkle]
(2) die dike graue
Filzhaube auf das Haupt.

Darauf verließ Witiko mit ihm die Stube, um in die andern Räume des Hauses zu gehen. Raimund und Jakob gingen zu den Pferden. Regina stellte sich zu dem Eingange der Gelasse, die unter ihrer Obhut waren, um Witiko alles, wenn er dahin käme, genau zu zeigen.

Und Witiko betrachtete Alles, was das Haus wies, und belobte Huldrik und Jakob und Regina.

"Die Felder und die Wiesen und den Wald werde ich besuchen, sagte er, "wenn ich eines Sommers wieder komme, und die Gewächse auf dem Boden fröhlich grünen."

"Ihr werdet in dem Sommer in das Schl[ö]oß[lein] kommen," antwortete Huldrik, "und werdet die Umliegenheiten sehen, |da guter| Baugrund ist, und wie die Wälder in die Fenster schauen, es kann der Nahleswald und der Bühelwald und der Thomaswald und das Hochficht [und] der Blökenstein und der Hausberg und der Blansko in zahlreiche große und breite Fenster schauen, die hoch aber in glatten Mauern sind, und die Bäume und die Gesträuche überragen."

"Gebe Gott, daß ich in dem nächsten Sommer dieses Häuslein wieder besuchen kann," sagte Witiko.

"Ihr werdet es besuchen," entgegnete Huldrik.

Als die Dunkelheit des Tages eingetreten war, ließ Witiko ein Feuer auf der Leuchte der Stube anzünden, und als die Stöke des fetten Kienholzes auf der Leuchte brannten, saßen nicht Witiko und die Seinigen allein in der Stube, wie es in der Sommerabenddämmerung gewesen war, da er das erste Mal das Häuschen besucht hatte, sondern es kamen Männer herzu, um Witiko zu sehen und mit ihm zu sprechen.
Randnotiz: kam ein Mann, W zu sehen und zu |besuchen und es kam dann noch einer| und es kamen so viele1
Es kamen so viele, daß sie die Stube kaum faßte, Jakob und Regina mußten die Gesiedel des Hauses zusammen tragen, und die Männer saßen [xxx] umher, und aßen Brot und Salz des Hauses, und redeten von verschiedenen Dingen, und Witiko redete zu ihnen, und redete besonders von dem Kriege, welcher in dem Frühlinge geführt werden würde.

Da die Stunden der Nacht kamen, verließen die Männer die Stube, und gingen auf den Schneewegen wieder in die Wohnungen ihrer Waldhäuser.

Witiko aber legte sich in der Kammer auf ein Bett von weißem groben Leinen, welches Regina errichtet hatte, zur Ruhe, und Huldrik und Jakob und Raimund und Regina suchten ihre Schlafstellen.

Am Abende des zweiten Tages kamen noch mehr Männer zu Witiko in das Häuschen, als am Abende des ersten Tages gekommen waren. Und so geschah es an dem Abende des dritten Tages und des vierten Tages und des fünften Tages. An dem fünften Tage verabschiedete sich Witiko von den Männern, und sagte: "Ich reite morgen von diesem Hause fort, ich werde der Worte gedenken, welche ihr hier gesprochen habt, und bitte euch, daß ihr auch dessen eingedenk sein möget, was ich gesprochen habe."

Darauf sagte ein alter Mann mit rothen Wangen und weißen Haaren: "Du bist gut, junger Witiko, und hast einen vertrauten Sinn zu uns, wir werden Alles thun, wie die Nothwendigkeit verlangt, daß kein Mensch geschädigt werde."
Randnotiz: xxx Alles |eingeleitet| sein, und was zu thun ist, wird gethan werden, und es wird nichts fehlen, und wir werden |schön warten|. Und so gehab dich wohl2

"Wir denken deiner," rief ein anderer, "und komme bald wieder, und bleibe lange bei uns, Witiko."

"Bleibe da, und sehe, wie es da ist," sagte ein Greis.

"Du hast gut gethan auf dem Berge Wysoka, und wirst wieder gut thun," rief ein Jüngling.

"Reite wohl, du wohlgesinnter Witiko, und Gott gesegne dich," sagte ein Mann, der starke hölzerne Schuhe an den Füssen hatte.

"Gott gesegne dich," sagten Andere.

Und so sprachen noch mehrere einen Gruß beim Scheiden.

Am nächsten Tage ritt Witiko mit Raimund in den Ort Friedberg.
Randnotiz: In Friedberg war er 3 Tage

Dort sprach er wieder zu Männern, wie er in der Herberge an der unteren Moldau gesprochen hatte.

Und dann ritt er noch weiter gegen den tiefen Wald hinunter, wo Häuser waren, wo Bäche aus den Thälern hervor rannen, wo sich der Eine oder der Andere angesiedelt hatte, bis er an die Höhen kam, von denen sich das Ländlein Baiern von dem Lande Böhmen in Büheln und Abstürzen gegen die Donau hinab senkte.

Dann ritt er wieder nach Friedberg zurük.

Von Friedberg ritt er auf dem Saumpfade, der von der Moldau in das Land Baiern hinaus führte, durch den großen Thomaswald empor, bis er zu der Stelle kam, auf welcher die Säule des heiligen Thomas gestanden war.

Auf dieser Stelle hielt er an.

Er blikte vor sich nach Baiern hinaus. Das Land ging in dunkeln und weißen Streifen dahin, und dann waren die Alpenberge. Sie waren blauer und schärfer, als er sie im Sommer gesehen hatte, und der Schnee war in ihren Spalten und in ihren Mulden und auf ihren sanft geneigten Flächen. Hernach wendete er sich um, und sah in das Land Böhmen. Der Wald stieg bereift und beschneit in breiter Lehne zur Moldau nieder, und jenseits war wieder der Wald dunkel und weiß beduftet und stille, und der blaue Wall der Grenze ging an seiner Linken dahin, in der Schönebene, im Hochficht, im Blökensteine, in der Seewand, und dann [xxx] wieder landeinwärts in Mitternacht im oberen Walde und in dem entfernten Blansko. Und den kegelartigen Kreuzberg bei Plan konnte er deutlich erkennen.

Er ritt von der Stelle des heiligen Thomas wieder nach Friedberg zurük, und ritt noch an dem nehmlichen Tage [über den schwarzen Bach und durch die Stubenerhäuser] nach Plan.

1 Vertikal mit Stift gestrichen 2 Vertikal mit Stift gestrichen Seite vertikal mit Stift gestrichen