Witiko

H228, S. 298

Als dieses geschah, rüstete Witiko sein Pferd, und ritt mit Raimund von der untern Moldau auf dem Schneepfade in den Wangetschlag.

Dort ritt er gegen sein Häuschen zu, das mit seinen weißen Mauern und seinem weißen [|Dache|] Schneedache von dem allgemeinen Weiß des herumliegenden Winters kaum zu unterscheiden war.
Randnotiz: auf dem flachen Dache lag der Schnee, und man konnte es von dem Schnee in den Gefilden kaum unterscheiden
Nur eine dünne Rauchhaube stieg von dem [xxx] Schornsteine des flachen Daches gastlich empor, und schnitt sich mit ihrer blauen Farbe von dem Weiß der Gründe, von dem Grauweiß der Wälder und vom matten Dufte des Winterhimmels heraus.

Als die zwei Männer an dem Häuschen angekommen waren, standen Huldrik und Jakob und Regina vor dem Thore, sie zu empfangen.

"Seid gegrüßet, Witiko," rief Huldrik, "ihr seid in dem Kriege gewesen und in allerlei Ländern, und müsset doch wieder zu der Stelle kommen, auf welcher euer Haus steht, auf welcher der große Palast gestanden ist, auf welcher das Jagdschloß gestanden ist, und auf welcher die goldene Burg stehen wird."

"Ich bin gekommen, dich wieder zu sehen, Huldrik," sagte Witiko.

"Ihr seid gekommen, weil es so ist," sagte Huldrik, "und ich habe schon Sorge
Verweisungszeichen: vide 301
getragen, daß euere Pferde in einen guten Stand [haben] gelangen, so wie das Pferd Jakobs, das er im Kriege erhalten hat, [auf] in einem guten Stande ist, ich habe zubauen lassen, und die Jungfrau aus dem großen und mächtigen Geschlechte blühet herrlich, die euch zufallen wird."1

"Rede doch nicht solche Dinge Huldrik," sagte Witiko.

"Ihr habt Milch und Honig auf dem Buchentische gegessen, und seid gekommen," antwortete Huldrik, "stüzt euch nur auf mich, daß ihr beim Absteigen auf dem Eise nicht gleitet, wohin Regina immer das Spülicht gießt."

"Ich stüze mich nicht auf dich, sonder lasse Jakob kommen," sagte Witiko.

"Jakob," rief Huldrik, "diene dem Herrn, ich aber muß den Zügel halten, wie es sich gebührt."

Jakob trat herzu, um Witiko beim Absteigen dienlich zu sein, und Huldrik faßte den Zügel des grauen Pferdes, und hielt ihn.

Witiko stieg mit einem leichten Sprunge aus dem Sattel, und stand auf dem Eise.

Raimund stieg auch von seinem Pferde.

"Es sind die Edelsteine auf den Zügeln des Pferdes Witikos gewesen, als er von Rom kam," sagte Huldrik, "ihr müsset die Pferde ein wenig rechts ab führen, daß die Sättel nicht an die Eiszapfen des Daches streifen, so durch das Thor hinein, nur gerade aus."

Raimund und Jakob führten die Pferde durch das Thor in den Hof, und dort gegen den Stall, den ihnen Huldrik anwies. Witiko ging mit. Er sah, daß Huldrik aus Steinen einen Zubau hatte machen lassen, in welchem vier Pferde stehen konnten.

"Es ist gut, Huldrik, daß du diese Sorgfalt getroffen hast," sagte er.

"Das ist für diese Zeit," antwortete Huldrik, "bis es immer mehr wird, und bis Alles fertig ist."
Randnotiz: [Es mußte für diese Zeit Sorge getroffen werden]

Sie brachten die Pferde in den Stall, und vers[xx]orgten sie.

Dann ging Witiko in die Stube.

Die Wände der Stube waren frisch getüncht worden, daß sie ganz weiß glänzten, die Fensterscheiben waren gereinigt, daß das Licht, so hell es der Winter geben konnte, herein schien, der Fußboden war gewaschen, und der Buchentisch war so gescheuert, daß keine Makel an ihm war.

"Die Stube ist wie an einem hohen Festtage," sagte Witiko.

"Ihr seid in der Herberge der unteren Moldau gewesen," antwortete Huldrik, "das ist nur eine Herberge. Ich habe gewußt, daß ihr herabkommen werdet, das hier ist euer Eigen, das zubereitet wird, bis die Zeit kömmt [xxx].

[xxx] Witiko legte seine Haube ab, und sezte sich an den Buchentisch.

Regina brachte ihm nach einer kurzen Weile sein Mittagmahl. Es war ein guter Rinderbraten, und in drei Krügen wurde Wasser Bier und Wein aufgestellt.

Witiko verlangte, daß alle, welche in dem Hause seien, mit ihm an dem Tische essen, und weil er es verlangte, so wurden für Huldrik, Raimund Jakob und Regina noch Eßgeräthe auf den Tisch gestellt, und noch Speisen gebracht. [Witiko aß] Sie sezten sich alle an den Tisch. Witiko aß von seinem Braten und auch von den anderen Speisen, und so mußten auch die Anderen von allem essen. Er theilte ihnen auch Bier und Wein mit.

Nach dem Essen stand Huldrik barhäuptig, wie er gewesen war, seit sich Witiko dem Häuschen genähert hatte, vor dem Tische, und that ein kurzes Gebet.

"So wird Alles," sagte der dann, "die Vorfahrer in den Zeiten haben auch ihre Untergebenen geliebt, und sind von ihren Untergebenen geliebt worden, Raimund freut sich des Bildes, das für euch in der Wildniß ist, und Jakob freut sich, und Regina freut sich, und ich freue mich, und ihr sammelt Männer in dem Walde, daß sich die Dinge erfüllen, und die Rosen haben einstens in Rom geblüht, und sind von Rom gebracht worden, und haben hier zur Lust geblüht, und die Rose wird Kleinodien aus Welschland bringen."

"Zeige mir doch die Dinge in dem Hause, Huldrik, wie sie geworden sind seit der Zeit, [xxx] in der ich hier gewesen bin," sagte Witiko.

"Ich werde euch Alles zeigen, wie es sich gebührt," antwortete Huldrik, "und ihr müßt in eurer Besizung [|da|] Alles sehen, und wie die Verweser die Sachen verwalten."

Randnotiz: ihr müßt in euren Besizungen (|deutlich| sein?) 1 Absatz am Rand mit Strichen markiert und mit unleserlichen Notizen versehen Seite vertikal mit Stift gestrichen