Witiko

H215, S. 280


die Mutter, "und haben sie gepflegt, und haben sich nicht gescheut, selber Hand anzulegen, und haben die Züge ihrer Herzoge mitgemacht, und sind freundlich umgegangen mit denen, die um sie herum lebten. Die Frauen sind nicht zurük geschrekt vor den Zügen ihrer Männer, haben sie oft begleitet, und ihre Wunden gepflegt. Ob sie ein mal, wie der Vater Benno aus seinen Büchern sagt, reiche Güter gehabt haben, und die Herren in dem Walde gewesen sind, wissen wir nicht mehr, wir zählen nur auf eine gewisse Zeit zurük. Daß Stämme reich werden, daß sie arm werden, daß sie wieder reich werden, daß Besizungen sich vielfältig ändern, das verläuft so auf der Erde. Die Stämme verzweigen sich, laufen in viele Äste auseinander, und wachsen fort, daß nach vielen hundert Jahren ein Mensch auf der Welt sei, der nicht weiß, woher er gekommen ist. Das ist aber auch einerlei, und vor Gott sind wir, wie das Gras der Wiese."

"Im Wangetschlage sind die Felder und die Wiese und der Wald in einem ersprießlichen Zustande," sagte Witiko, "die Mauer um den Hof hat Huldrik selber mit Taglöhnern aus Steinen neu aufgebaut. Sie ziehen Ziegen und Rinder, und das Häuschen bedarf lange keiner großen Ausbesserung. Gegen Mittag und Abend hin ist der Wald in diesen Gegenden am schönsten. Der Knecht Jakob ist mir in dem Zug gegen die mährischen Fürsten nachgekommen."

"Huldrik ist sehr treu in den Botschaften an mich," entgegnete die Mutter, "und er hält uns immer für ein sehr wichtiges Geschlecht."

"Er ist sehr genau in der Bewachung der Erträgnisse des Häuschens, und braucht für sich das Wenigste und Armseligste," sagte Witiko.

"Weil er immer an uns denkt," antwortete die Mutter.

"Er hat mich nach Friedberg geleitet," sagte Witiko, "und hat wie ein Knappe mein Pferd durch den Wald nach der unteren Moldau geführt, als ich ein mal höher durch die Waldlehnen hinauf bis an die Schmiede ging, wo ein Plaz ist, auf dem ein mal eine Denksäule des heiligen Apostels Thomas gestanden ist."

"Ich kenne den Plaz," antwortete die Mutter, "er ist hoch oben, sieht auf das Land Baiern an der Donau bis an Österreich hinunter, und hat sehr ausgedehnten dichten Wald um sich."

"Ja so ist es," sagte Witiko.

"Und Huldrik wäre gerne Marschalk oder Vogt eines erhabenen Geschlechtes," sagte die Mutter.

"Er soll zu mir kommen, wenn ich einen festen Ort erwähle," entgegnete Witiko, "im Falle es sein Alter noch erlaubt."

"Er sagt ja, daß die Männer und Frauen seines Stammes sehr alt werden, und daß er auch die Hoffnung hat," antwortete die Mutter.

"Ich bin in unser Land geritten, da ich Baiern verlassen habe," sagte Witiko, "und habe mich an den Herzog Sobeslaw angeschlossen. Er ist aber in Hostas Burg gestorben, und da die Herren im Lande Böhmen und Mähren ihren Eid für Wladislaw den Sohn Sobeslaws, wie sie ihn in Sadska geschworen, auf dem Wysehrad gebrochen und Wladislaw den Sohn Waldislaws als Herzog gewählt hatten, mußte ich die Zeit in Plan vertrauern. Und da alle andern Nachkommen Premysls gegen den einen dieser Nachkommen gegen Waldislaw aufgestanden waren, und da der berechtigte und zurükgestoßene Nachfolger Wladislaw der Sohn Sobeslaws selber sein Recht weggeworfen hatte, ging ich zu dem erwählten Herzoge, und war bei ihm auf dem Berge Wysoka, und war bei ihm in Prag in Nürnberg und wieder in Prag. Das Land Böhmen ist von den Aufrührern befreit, im Frühlinge wird der Herzog gegen Mähren ziehen, um die Empörer zu unterwerfen, ich werde zu ihm gehen, und die Bewohner des Waldes werden bei ihm sein."

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