Witiko

H209, S. 268a


des Hauses kannte, und da es noch bedeutend dämmerte, ging er ohne Licht fort. Er ging die Treppe hin ab, ging durch lange Gänge, und ging durch das Gemach mit den vielen Pulten und Stühlen in den Saal, der mit rothem Marmor gepflastert war, und in dem der Bischof von Passau den flüchtigen Bischof von Olmüz empfangen hatte. Dort stand noch hart an der Ausgangsthür Raimund, wie sie ihn verlassen hatten.

"Komm, du närrisches Kind aus dem oberen Plane," sagte Witiko, "und folge mir in unsere Nachtherberge."

Er führte Raimund auf demselben Wege in seine Zimmer zurük, auf welchen er herab gegangen war.

Da sie die Gemächer erreicht hatten, nahm Witiko seine Lederhaube, die er, als er von dem Bischofe Zdik verabschiedet worden war, aufgesezt hatte, wieder ab, und legte sie auf einen Tisch. Er strich sich mit der Hand seine blonden Loken zurük, und sezte sich dann zum Ausruhen auf eines der Gesiedel nieder.

"Siehst du, Raimund," sagte er, "nun ist die Mühsal überstanden, in dieser [geistlichen] kirchlichen Burg haben sie uns schöne Zimmer gegeben, haben in eines derselben einen Tisch gestellt, auf den sie bald ganz andere Speisen bringen werden, als wir in dem Walde zu kosten gehabt haben, und wir werden auf guten Lagern eine ungestörte und sorgenfreie Nacht verschlafen. Aber wie siehst du denn aus? Du hast ja ein Angesicht wie eine weißgetünchte Wand, und stehst noch immer da, als gehörtest du gar nicht in diese Zimmer."

"Ich werde von Gott hart gestraft werden," antwortete Raimund, "weil ich gegen einen Gesalbten so gewesen bin. Warum habt ihr denn gar nichts gesagt? Das weite braune Gewand, wie sie es in dem innern Lande tragen, wo gar keine Bäume mehr so wachsen wie bei uns, und wo sie anders sprechen, ist noch schlechter, als das gewesen ist, welches der Mann angehabt hatte, der euch das schöne Schwert des Herzogs Sobeslaw gebracht hatte, das euch die Herzogin geschikt hat, und der euch auch noch eure anderen Sachen nach dem oberen Plane gebracht hat. Ich habe ihm den Strik des Gaudiebes zu halten gegeben, ich habe die harten Riemen der Zügel meines Rosses in seine Hand gelegt, daß er das Thier halte, und nun ist er plözlich der Bischof von Olmüz geworden. Wo habe ich denn die Augen gehabt? Ich bin mit euch in der schönen Stadt Nürnberg gewesen, und habe ihn dort mit dem hocherlauchten Herzoge Wladislaw gehen gesehen, wie er das schöne veilchenfarbene Gewand angehabt hatte, und wie er das goldene Kreuz und die goldene Kette getragen hatte. Ich hätte ihn erkennen sollen, das kann Gott nicht hingehen lassen, und [er] und der hochehrwürdigste Bischof wird auch die Strafe schon [veranlassen, die mich auf dieser Welt] veranstalten, die mich hienieden treffen soll."

"Da bist du noch närrischer als früher, du Mann vom oberen Plane," sagte Witiko, "was hättest du denn gethan, wenn du ihn in dem Häuschen im oberen Plane erkannt hättest?"

"Ich wäre auf die Knie gefallen, weil er in unserm Hause war," sagte Raimund.

"Und hättest ihn verrathen," sagte Witiko, "denn er muß fliehen, weil ihm in unserem Lande böse Menschen nach dem Leben trachten."

"Und trifft diese nicht ein fallender Baum, oder sterben sie nicht eines jähen und unversehenen Todes?" fragte Raimund.

"Es kann werden, daß es so geschehe," antwortete Witiko, "es kann aber auch sein, daß Gott ihre Strafe aufschiebt."

"Wenn nur die meinige nicht auch blos aufgeschoben wird," sagte Raimund, "ich bin auch sehr oft vor ihm geritten, und habe seiner nicht geachtet, wenn wir in Moor und Sumpf [waren xxx uns die Speisen in die Kammer schikten habe ich ihm die besten xxx weggegessen."] waren, und das Beste habe ich ihm weggegessen, als sie uns im Waldhause die Speisen in die Kammer schikten."

"Dadurch hast du ihm den größten Dienst geleistet," sagte Witiko, "[daß] da du gehandelt hast, daß kein Mensch vermuthen konnte, der braune Mann sei ein höherer als du, und daß es sich auch nicht ausgebreitet hat, und daß damit niemand auflauern konnte, bis wir in dieses [priest] hochpriesterliche Haus kamen, in welchem er sicher ist. Ich habe ja auch an ihm so gehandelt, als ob er ein gemeiner und

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