Witiko

H202, S. 257


dyken des Volkes, wie wir seit alten Tagen das Haupt des Hauses den Wladyken nennen. Es folgten auf Premysl aus seinem Geschlechte Nezemysl Woyen Unislaw Kresomysl Neklan Hostiwit und Boriwoy, der ein Christ geworden ist. Sie nannten sich Herzoge, und beherrschten das Land, wie bei euch Pipin von Heristal gewesen und Karl Martell und die andern, ¢aus denen die Herrscher eures Volkes gewesen sind. Die aus dem Geschlechte Premysls wurden mehr, betrachteten das Land wie ihr Gut, theilten es, haderten darum, und führten Kriege, in denen ihre Anhänger bluteten.¢
Randnotiz: 255)
Da machte man ein Gesez, es mögen jezt neunzig oder hundert Jahre sein, daß nur der älteste des Geschlechtes der Herzog sein soll, und daß ihm die Übrigen zu gehorchen haben, die dann in Mähren [Antheile] Länder erhalten werden. Allein bald wurde das Gesez nicht mehr befolgt. Denn wer die Macht hatte, suchte die Nachfolge dem zu gewinnen, den er liebte, oder den er für den Besten hielt. Da entstanden entsezliche Kämpfe, die das Land in Unglük stürzten. Von dem wilden Swatopluk bis
Randnotiz: Swatopluk der ein wilder Mann gewesen ist
auf unsere Tage dauert das Unheil nun schon über dreißig Jahre fort, und droht noch länger dauern zu wollen. Der Herzog Wladislaw der Vater des jezigen Herzoges mußte sich den Fürstenstuhl erkämpfen, und Sobeslaw sein Nachfolger mußte mit dem deutschen Könige Lothar Krieg führen. Als der gute strenge gerechte Sobeslaw herrschte, und als das Volk die Süssigkeit der Ordnung kennen lernte, wollten mehrere Männer der Länder, darunter auch ich war, vorbeugen, daß nicht bei seinem Tode wieder Unglük herein breche. Sobeslaw hatte einen Sohn, Namens Wladislaw, den er wie seine andern Kinder im Vereine mit der engelfrommen Adelhei[t]d seiner Gattin gut zu erziehen bestrebt war. Dieser Sohn hatte, als Konrad von Hohenstaufen deutscher König wurde, das achtzehnte Jahr erreicht, und da die früheren Herzoge, um ihre Macht in den Nachfolgekämpfen zu stärken, sich häufig an die deutschen Könige oder Kaiser wandten, von ihnen ihr Land zu Lehen zu nehmen, so riethen wir Sobeslaw, er möge bei dem Könige Konrad die Belehnung mit Böhmen und Mähren für seinen Sohn Wladislaw erwirken, was auch in Konrads Fürstentage in Bamberg geschah. Einen Monat darauf schwuren wir die hohen und niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren auf unserem Tage in Sadska, daß nach dem Ableben Sobeslaws sein Sohn Waldislaw unser Herzog von Böhmen und Mähren sein solle, und wir brachten ihm die Anerkennung dar. Das thaten wir, damit bei dem Tode Sobeslaws bereits ein Herzog vorhanden wäre, und nicht erst ein Kampf um den Fürstenstuhl auszubrechen brauchte, und wir thaten es, weil wir sahen, daß Sobeslaw seinen Sohn zum Herrscher unterrichtete, und weil wir hofften, daß derselbe dann wie sein Vater stark gerecht und ordnungsliebend herrschen werde.
Randnotiz: (zu einem rechten Herzoge machen kann) daß er ein rechter Herzog sei
Allein da kaum ein und ein halbes Jahr seit dem Tage von Sadska vergangen war, erkrankte Sobeslaw, und die Ärzte sagten, daß er sterben werde. Da bemächtigte sich eine heftige Unruhe der Gemüther, weil der künftige Herzog noch nicht zwanzig Jahre alt und noch nicht unterrichtet war. Silvester mit den weißen Haaren sagte: "Thut das Rechte, und der Herr wird das Nüzliche damit verbinden." Wir aber waren weiser, und wandten unsere Klugheit an, die Übel zu verhüten. Wir sagten, darum haben wir die Belehnung gerathen, und darum haben wir in Sadska geschworen, damit wir bei dem Tode des Herzoges Sobeslaw einen von ihm erzogenen und gerechten Mann zum Herzoge hätten, welcher seinen eigenen Bestand und die Sicherheit der Völker zu gründen die Kraft hatte. Nun aber erlangen wir durch den vorzeitigen Tode des Herzoges Sobeslaw einen schwachen und unerzogenen Jüngling, den jeder anfallen wird. Ein Schwur, der das herbeiführt, was er vermeiden wollte, ist nichtig, und wir müssen einen Herzog wählen, der so viel Anhang hat, daß seine Widersacher zurük schreken, und der so viel Güte besizt, die Länder in Ruhe und Wohlstand zu beherrschen. Da war der frühere Herzog Wladislaw ein großmüthiger ein milder und ein starker Mann, der die Völker beruhigte und beglükte, und sein Sohn Wladislaw der Neffe Sobeslaws barg dieselben Eigenschaften und noch mehr unter seiner Fröhlichkeit, mit welcher er in der Gesellschaft der Söhne der hohen Herren der beiden Länder war. Das wußten einige, und das wußte ich ganz gewiß. Andere dachten, er werde als Herzog mit der Jugend fröhlich sein, und sie werden im Lande schalten. Er hatte also vielen Anhang, die Feinde zurük zu schlagen, und er hatte die Gaben die Länder

Randnotizen: xxx Seite vertikal mit Stift gestrichen