Witiko

H158, S. 210a


in kleinen Abtheilungen unter Führer gestellt, unterrichtet, was sie zu thun hätten, und sie mußten vor dem inneren Roßthore warten.

Als die Mitternacht gekommen war, und nur die Sterne an dem Himmel schienen, gesellte sich Diepold zu ihnen. Das Thor wurde sehr leise geöffnet. Diepold sagte, daß es hinter ihm wieder geschlossen und nur auf den Ruf "Gertrud" wieder geöffnet werden solle. Er ging nun mit der Schaar durch das Thor. Als es geschlossen war, stellte er einige außen auf, daß sie spähen, und wenn eine Gefahr nahe es denen nach innen melden sollten, damit Jurik, den er dort zum Befehlen hinterlassen habe, thue, was er für nothwendig erachte. Dann gingen sie weiter. Diepold ging an der Spize Ben und Sesima neben ihm. Sie gingen so leise, daß man die Fußtrite in der stillen Nacht nicht zu hören vermochte. Als sie eine Streke des Weges zurük gelegt hatten, und zu Häusern kamen, gingen sie beinahe fast an den Mauern und dann gingen sie durch Gärten und durch Gebüsche auf einer Wiese fort. Sie gingen immer auf der Wiese unter den Gebüschen, die in verschiedenen Richtungen durch dieselbe zogen. Da sahen sie Lichter wie Irrlichter, die oft in feuchten Gräsern bei der Nacht zu erbliken sind.

Diepold sagte zu Sezima: "Das sind ihre Leuchten, berichte es dem nächsten Führer."

Sezima sagte diese Worte leise dem nächsten Führer zurük, dieser sagte sie wieder dem, der zunächst hinter ihm ging, dieser wieder dem nächsten, bis es der lezte vernommen hatte.

Dann sprach Diepold weiter zu Sezima: "Du siehst, daß es wahr ist, was ich euch sagte. Sie haben auf dieser Wiese, welche sumpfig ist, und in welche wir selber noch mehr Wasser eingelassen haben, keine Späher gestellt. Sie halten den Sumpf für den größten Schuz dieses Theiles des Lagers. Ich habe euch auf den Krümmungen, die einen festen Weg biethen, hieher geführt. Haltet euch an mich, und weicht in keiner Richtung ab. Künde es nach rükwärts."

Sezima that, wie ihm befohlen war.

Endlich kamen neben sie Schilf an eine Stelle, wo Umzäunung war. Diese Umzäunung waren die Planken an der Grenze dieses Lagertheiles. Eine andere Befestigung bestand nicht. Jenseits der Planken war ein dunkler Raum, der nicht besezt war. Erst weiter zurük sah man einzelne Lichter, die zu solchen gehören mochten, die wachten, während die anderen schliefen.

An der Planke sammelte Diepold die ganze Schaar. Er las aus derselben jezt Peter Laurenz den Schmied von Plan und Stephan den Wagenbauer von Plan, und bedeutete sie an ihre Aufgabe zu gehen. Der Schmied, welcher eine Eisenstange mit einer Spize trug, sah die Planke einen Augenblik an. Dann stieß er die Eisenstange leicht in die lokere Erde, ging zur Umzäunung, und zog mit den Händen wieder geräuschlos eine der Planken aus dem Grunde, und reichte sie seinem Nachbar. Das that er mit der zweiten und mit der dritten und mit der vierten, bis er sechs Planken ausgezogen hatte. Die Mithilfe Stephans war nicht nothwendig geworden. Jezt hieß Diepold inne halten, und eine der ausgezogenen Planken mit Striken wagrecht an die Spizen derjenigen Planken binden, die neben dem gemachten Eingange standen. Dann ging man durch die Öffnung auf den dunkeln Raum des Lagers ein. Dieser Raum war fester Boden. Durch die Führer war die Schaar schnell geordnet, und sie gingen auf dem Raume leise vorwärts. Da sie schon einzelnen Lichtern nahe waren, ertönte von dorther der Ruf: "Konrad."

"Gertrud" erscholl mit furchtbarem Geschrei der Ruf in der Schaar Diepolds.

Zugleich flogen die Schwerter aus den Scheiden, und die Schaar stürmte mit wiederholtem Rufe "Gertrud" "Gertrud" in das Lager der Feinde. Einige Späher an dem Rande wurden nieder geworfen. Wer aus den Zelten trat, oder wer sich von dem Boden erhob, wurde nieder gerannt. Das Angstgeschrei pflanzte sich in das Lager hinein fort, man raffte sich auf, und floh nach innen, die Schaar Diepolds drang nach, und stieß nieder, was zu erreichen war. Ben war einer der vordersten, und drang muthig und eifrig in den Feind. Dispold schrie, die gerade Reihe nicht zu brechen, und mit dem Rufe "Gertrud", "Gertrud" drängte sie an die Fliehenden, daß diese nicht vermochten, einen Raum

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