Witiko

H156, S. 205a


hinweg, der Bischof ging mit den Priestern bethend gegen sein Haus, die Menschen begaben sich nicht an ihre Arbeit, sondern verweilten unruhig in den Gassen der Stadt, und ehe die Mittagszeit des Tages gekommen war, sah man in der Richtung gegen Suchdol hin in den grünen Feldern das Glänzen von Lanzen und ähnlichen Dingen. Es wurde immer deutlicher und breiter, und was nur konnte, sah nach jener Gegend hin. Man vermochte endlich an dem Schimmern das Vorwärtsgehen der Krieger zu erkennen, und die Staubwolken, die an verschiedenen Stellen in die Lüfte empor stiegen, zeigten, daß dort Pferde oder große Mengen von Männern oder Wagen und Kriegsgeräthe in Bewegung seien. Dann war man im Stande, auch schon wahr zu nehmen, daß das Vordringen auf allen Wegen an jener Seite der Stadt geschehe, und hier auf unterschied man die Abtheilung der Fußgänger der Reiter, und wo Wagen und Kriegsfahrzeuge und Gerüste sein mochten. In der dritten Stunde nach dem Mittage hielt der Zug an, und breitete sich auf der Wiese und auf Ebenen von Feldern aus, wie um dort ein Lager zu schlagen und zu befestigen. An vielen Stellen sah man über de[r]m dunkeln [Menge] Grunde die weißen Banner glänzen. Es erschien nun auch auf der Kirche des heiligen Veit das große rosenfarbene seidene Banner Wladislaws des Herzogs von Böhmen und Mähren, es erschien ein rosenfarbenes Banner auf der Burg, dann auf vielen Häusern der Stadt und an vielen Stellen der Mauern.
Randnotiz: xxx

Diepold stand über dem Roßthore. Er war schwarz gekleidet, hatte darüber ein glanzloses dunkles Waffenhemd an, und einen ähnlichen Waffenhelm auf dem Haupte, der eine kurze gerade Rabenfeder trug. An seiner Seite hatte er in schwarzer Scheide das Schwert hängen. Neben ihm stand die Herzogin Gertrud. Sie war, wie es oft an ihrem Gemale zu sehen war, braun gekleidet, trug über dieser Kleidung ebenfalls ein glanzloses Waffenhemd, hatte ein gleiches Waffennez auf dem Haupte, und ein Schwert in brauner Scheide an der Seite. Neben ihr standen mehrere Frauen und Jungfrauen in Waffenkleidern. Es waren aber wenigere, als sonst bei ihr waren, wenn sie die Umritte in der Stadt gemacht hatte. Hinter ihr stand unter den Jungfrauen Dimut. Sie war schwarz gekleidet, hatte ein glänzendes Waffenhemd, auf dem dunkeln Waffenneze des Hauptes eine gerade Rabenfeder, und an der Seite in schwarzer Scheide ein Schwert. Sie wäre wie Diepold gewesen, wenn sie nicht das glänzende Waffenkleid gehabt hätte. Hinter der Herzogin standen Stad[t]tkrieger als Hut. In der Nähe Diepolds standen Führer Krieger und Boten.

Um die fünfte Stunde nach dem Mittage erblikte man eine Schaar glänzender Reiter, die mit Friedensfähnlein auf sehr hohen Lanzen [geg] von dem Lager der Feinde gegen die Stadt zogen. In der Entfernung zweier Pfeilschüsse von den Mauern hielten sie an, und gaben Zeichen, daß sie zu einer Unterredung gekommen waren.

Diepold sagte zu dem jungen Sezima, der neben ihm stand: "Sezima, nimm zwanzig Männer mit Friedensfähnlein, und reite zu den Boten, was sie begehren."

Nach Kurzem ließ das Thürlein des Roßthores Sezima mit zwanzig Reitern hinaus, die sich denen der Feinde näherten. Man sah eine Weile beide Reiterschaaren neben einander halten, dann die des Sezima wieder gegen die Stadt zurük kehren, während die andere stehen blieb. Sezima kam in die Stadt, trat vor Diepold, und sagte: "Sie berichten, daß ein hoher Mann unter ihnen sei, der mit dir über die Unterwerfung der Stadt unter die Macht Konrads, den sie ihren Herzog heißen, reden wolle. Wratislaw von Brünn, Otto von Olmüz, Spitihnew, Leopold und Wladislaw lassen dir Gutes sagen."

Diepold antwortete: "Sezima, reite wieder zu ihnen, und sprich: Diepold redet nur mit denen, die sich ihm unterwerfen, und zum Zeichen dessen mit zwei Friedensfähnlein auf einer Lanze gegen die Stadt reiten. Mit den andern redet er nicht, hört sie nicht, achtet ihre Friedensfähnlein von nun an nicht mehr, und wird mit den entarteten Söhnen Premysls [p] Wratislaw von Brünn, Konrad von Znaim, Otto von Olmüz, Spitihnew, Leopold und Wladislaw sprechen, wenn sie mit Säken

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