Witiko

H156, S. 206a


auf dem Haupte von dem rechten Oberhaupte ihres Stammes und dem rechtmäßigen Herzoge der Länder Böhmen und Mähren Wladislaw dem Sohn des vorigen Herzoges Wladislaw knieen, und um Gnade flehen werden. Vielleicht wird sie ihnen zu Theil. Sezima, eile, und komme sogleich zurük."
Randnotiz: Stricke am den Hals

Sezima ritt schnell zu denen draußen, die auf ihn harrten, und kam bald wieder zurük.

Er trat vor Diepold, und sprach: "Sie wollen nun mit dem Herzoge Wladislaw oder seiner Gemalin reden."

Die Herzogin sagte: "Die Gattin des Herzogs von Böhmen und Mähren die Tochter Leopolds des Markgrafen von Österreich und die Enkelin des Kaisers Heinrich redet nicht mit ihnen. Diepold lasse ihre Friedensfähnlein zurük weisen, und wenn sie vordringen wollten, empfange sie mit Geschoßen."

Diepold sagte: "Sezima, stelle dich wieder an deinen Plaz, und die Reiter gehen an ihren Ort."

Das Thürlein des Roßthores wurde nun nicht wieder geöffnet.

Die Reiter draußen harrten eine Weile. Dann machten sie jene Zeichen, die sie bei ihrer Ankunft gemacht hatten.

In der Stadt antwortete nichts.

Sie ritten nun langsam näher an die Stadt.

Da erschien über dem Roßthore eine große blutig rothe Fahne.

Da sie derselben nicht achteten, ließ Diepold die Männer von der Brust wehre zurük treten, und eine Schleuder wurde nach außen sichtbar.

Diepold wartete noch einen Augenblik, dann gab er das Zeichen, die Schaufel wurde empor geschnellt, und warf einen großen Stein unter die heran kommenden Reiter.

Diese hielten sich still, ordneten sich, und traten den Rükzug an.

Ein Geschrei des Jubels folgte ihnen von den Mauern.

Diepold ging nun in das Haus, welches er in der Nähe des Roßthores gemiethet hatte, und empfing dort die geheimen Boten, welche in diesem Kriege bisher verwendet worden waren. Er trug ihnen auf, zu erkunden, wie die Feinde sich stellten, und sich befestigten, und es ihm zu hinterbringen. Darauf entließ er sie, und sie entfernten sich auf den gewohnten Pfaden vor dem Hause.

Die Herzogin ritt indessen mit ihrem Gefolge von Frauen und mit der Wache der Stadtkrieger zu allen Männern, welche[r] auf den Mauern aufgestellt waren, und sprach mit ihnen.

Als die Reiter zu den Ihrigen zurük gekommen waren, bemerkte man dort eine große Unruhe und Bewegung und eine große Thätigkeit, als wollten die Feinde sich recht einrichten und befestigen. Da der Abend erschienen war, sah man viele Lichter und Feuer, die immer mehr wurden, und immer deutlicher brannten. Diepold war wieder zu den Männern auf die Mauer gekommen. Er ließ sie dort die Nacht zubringen, ließ Feuer anzünden, und ließ die Speisen, welche nöthig waren, theils aus der Stadt kommen theils an den Feuern bereiten. Ein<e> Abtheilung der Krieger lagerte, die andere hielt Wache. Diepold blieb die ganze Nacht bei ihnen.

Als der Morgen angebrochen war, sah man, daß die Feinde sich nicht näher an der Stadt befanden als gestern, daß sie aber in allen Richtungen, in denen man zu ihr und von ihr gelangen konnte, dieselbe eingeschlossen hatten. Diepold ließ nun die Seinigen in die Zelte oder in die Wohnungen, die sie in der Stadt hatten, gehen, stellte überall Wachen auf, und ließ sie zu gehörigen Zeiten ablösen, und ordnete den Dienst der Nachrichten und der Zeichen, daß man schnell in Bereitschaft sein konnte, wenn es nöthig werden sollte.

Der Tag verging, ohne daß ein Angrif auf die Stadt gemacht wurde. Die Feinde versuchten sich nur noch mehr in ihren Lagern zu befestigen, und zuweilen, wenn das Geräusch in der Stadt etwas geringer

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