Witiko

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gehen; eines weiß ich aber ganz gewiß, daß, wenn du mir mit deinen Reitern nur ein Haar krümmen wolltest, sie mich als den treuen Heimathsmann nicht im Stiche lassen würden."

Es waren, als Witiko redete, immer mehr Männer aus dem Hofe und seiner Nähe herzu gekommen, sie standen dicht hinter ihm, hielten ihre Spieße in den Armen, und hefteten ihre Blike auf den Prinzen.

Dieser aber rief: "So gehe zu Wladislaw, du treubrüchiger Hund, der du das Brod meines Vaters in Hostas Burg gegessen, und die Güte meiner Mutter erfahren hast; aber wisse, wenn ich dich im Kampfe treffe, so soll nicht ein Tropfen Blut in deinen Adern bleiben, den nicht die Erde trinkt, und wenn du jezt mit deiner Rotte die Reiter, welche um mich sind, beschädigen wolltest, so werden wir mit unsern kriegsgeübten Schwertern eher eine unermeßliche Schmach unter euch anrichten, ehe ihr uns nur ein kleines Unheil zufügen könnt."

"Sei ruhig, Wladislaw," sagte Witiko, "wenn du mich in dem Kampfe trifst, so thue mit mir, wie du Macht hast; wenn ich in den Kampf gehe, so ist es ja eben nicht, daß ich mir dadurch mein Leben sichern will; hier aber will ich dich nicht ergreifen. Wenn diese da um mich zu dem Herzoge gehen, werden wir dich in der Schlacht finden, und weil du Blut und Flammen über das unschuldige Land hervorrufen geholfen hast, da du der Dienstmann eines Aufrührers geworden bist, so werden wir dieses Land im Kampfe vertheidigen, so gut oder so schlecht wir es verstehen, die wir vom Walde gekommen sind."

"Das ist recht," rief eine Stimme hinter Witiko.

"Das ist recht," riefen sogleich viele Stimmen.

Wladislaw sagte nach diesen Rufen etwas auf seine Reiter zurük, sie machten eine halbe Wendung zur Seite, und ritten die Blike auf Witikos Umgebung heftend fort. Als sie eine Streke zurük gelegt hatten, wendeten sie ganz, und eilten davon. Sie ritten aber nicht gegen Abend, um, wie Wladislaw gesagt hatte, zu kundschaften, sondern gegen Morgen, von woher sie gekommen waren.

Witiko aber war ruhig stehen geblieben, die Männer hinter ihm auch.

Als die Reiter schon weit entfernt waren, und man nur mehr einen schwachen Staub erbliken konnte, wo sie ritten, wendete sich Witiko zu den Männern, und sagte: "Ihr habt es nun gehört, was sie wollen. Die Geschwäzigkeit dieses Mannes hat uns mehr geoffenbaret, als wir je auszukundschaften im Stande gewesen wären. Sie haben sogar ein Papier aufgesezt, auf welchem geschrieben steht, was der neue Herzog den Fürsten und hohen Herren zahlen wird, wenn sie ihn auf den Herzogstuhl sezen, und den Preis wird nicht er entrichten, sondern das Volk und die kleinen Leute werden ihn zu tragen haben, deren Beschüzung die hohen Herren dem Herzoge Wladislaw so übel nehmen, wie dieser Mann da so eben gesagt hat. Darum sind die Söhne Premysls dem Geseze des Blutes zuwider aufgestanden, weil sie Raub wollen, darum ist der mächtige Herr und Leche Nacerat nach Mähren gegangen, weil er den Vortheil, den er durch die Erhebung Wladislaws, der früher mit seinem Sohne und dessen Freunden umgegangen ist, nicht gefunden hat, und ihn nun bei Konrad sucht. Der weise Bolemil hat alles vorausgesehen, da er auf dem Wysehrad gesagt hat, sie werden alle Male wieder einen Herzog wählen, wenn ihnen der gewählte nicht recht thut. Ich weiß nun, was mir obliegt, ich brauche nicht länger hier auf Kundschaft zu verweilen, ich reite zu dem Herzoge. Was ihr auch thun wollt, so glaube ich, daß ihr nicht länger mehr bei diesem Hofe verweilen sollet, damit nicht die Mährer kommen, und euch belagern, und damit nicht eure Macht gelähmt oder vertilgt werde, die, wenn sie auch nicht groß ist, doch dort, wo sie einwirkt, zur Entscheidung beitragen kann."