Witiko

H120, S. 129


wachsen. Hast du auch Grund und Boden in unsern Gegenden?"

"Das Häuschen meiner Mutter im obern Plane hat einige Gründe," antwortete Witiko, "in Pric ist mehr, dort sind jezt unsere Vorfahren gesessen. Von dem bei dem Orte Friedberg kann kaum geredet werden."

"Suche dich an einer Stelle festzusezen, und zu vergrößern," sagte Diet, "und vor deinen Nachbarn Ansehen zu gewinnen."

Witiko antwortete nichts auf diesen Rath, und da sie über den Hofraum gingen, kam Elisabeth zu ihnen, und sagte, daß alles geordnet, und zur Aufnahme Witikos bereit sei. Weil aber der Abend schon heran gekommen war, obwohl die Sonne noch an dem Himmel stand, so wurde Witiko zu dem Abendessen in die große Stube eingeladen. Er ging mit Diet und Elisabeth dahin, während im Hofe eine helle Gloke geläutet wurde. Als sie in die Stube traten, waren darin schon einige Menschen versammelt, andere gingen nach ihnen hinein. Es waren fünf Kinder da, drei Knaben und zwei Mädchen. Diet rief die Knaben herbei, stellte sie vor Witiko, und sagte: "Das sind meine Söhne nach ihrem Alter: Diet Wolf und Eberhard."

Die Knaben hatten Kleider von gelblichen groben Wollstoffe an.

Dann rief er die Mädchen, stellte sie ebenfalls vor Witiko, und sagte: "Das sind meine Töchter Sophia und Helicha."

Die Mädchen hatten ihre Haare aufgebunden, hatten rothe Mieder schwarze Faltenrökchen und weiße Schürzen.

Dann sezte man sich an den großen Buchentisch. Oben an saßen Diet und Elisabeth, zwischen ihnen Witiko, dann saßen die Kinder. Weiter unten waren die vornehmlichsten Knechte und Mägde. Auf dem Tische waren Roggen- und Gerstenbrote und Bier. Auf den oberen Theil sezte man einen geräucherten gebratenen Schinken, auf den unteren geräuchertes gekochtes Schweinfleisch gesäuerten Kohl und Klöße.

Als das Abendmahl geendet war, wurde Witiko von Diet ohne Leuchte, weil noch der Tag an dem Himmel schien, in seine Stube geführt. Dieselbe war eine Ekstube des Gebäudes gegen den Wald. Sie hatte wie die große Stube weiße Wände und hatte ein starkes Bettgestelle aus Eichenholz, darauf Witikos Lager bereitet war, und andere Geräthe aus [starkem] festem Eichenholze. Als Diet Abschied genommen hatte, schloß Witiko wie gewöhnlich die Thür mit dem Riegel, und bereitete sich für die Nacht vor[, und]. Und als die tiefe Dämmerung eingetreten war, legte er sich auf sein Bett zum Schlafe.

Den nächsten Tag, bei dessen Anbruche schon die Töne des Lebens in dem Hofe gehört wurden, widmete er der Besichtigung der Zugehöre des Hofes. Er ging nach der Besorgung seines Pferdes und nach dem Frühmahle ins Freie, und schaute auf das Gebäude. Das Mauerwerk sah gegen Mittag auf Tannen, die nahe an demselben standen, dann gegen Morgen und Mitternacht auf den Wald, der an das Moldauthal abging, und gegen den Abend auf die Felder und Wiesen, die zu dem Hofe gehörten. An deren Ende begann wieder der Wald, der gegen die ferneren Fluren weiter ging. Dann schritt er an einigen Hüttchen und Häuschen vorüber, in denen Leute, die zu dem Hofe gehörten, wohnten,

Seite vertikal mit Tinte gestrichen