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Politische Dimension der Religion heute
(Bezüge zu Franz Jägerstätter)

Autor:Palaver Wolfgang
Veröffentlichung:
Kategorieartikel
Abstrakt:
Publiziert in:# Vortrag im Rahmen der Franz-Jägerstätter-Gedenkfeiern am 8. und 9. August 2006 in Braunau, Ostermiething und St. Radegund
Datum:2006-10-02

Inhalt

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Mit drei Thesen, die jeweils von einem eigenen Motto eingeleitet werden, versuche ich das Thema meines heutigen Vortrages zu beantworten. Zu Beginn steht die heute vielfach diskutierte Rückkehr des Religiösen in die Politik. Im zweiten Schritt geht es die tiefere Ursache für den unausweichlichen Zusammenhang von Religion und Politik. Es ist die religiöse Natur des Menschen, die uns verstehen lässt, warum die Politik letztlich niemals der Frage der Religion ausweichen kann. Ein dritter Schritt widmet sich schließlich Franz Jägerstätter und dessen politisch-religiöser Einsicht in die Problematik der Menschenfurcht.

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1. Die Rückkehr des Religiösen in die Politik oder Warum die Säkularisierungsthese museumsreif geworden ist

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Als Motto möchte ich diesem ersten Schritt einen Gedanken des Schriftstellers Franz Werfel voranstellen, der die gegenwärtige religiöse Situation unserer Welt schon vor Jahrzehnten präzise voraussagte:

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"Der große historische Exorzismus, der sich Christentum nennt, scheint von Tag zu Tag weiter zurückzuweichen, und die Dämonen sprengen mit schrillem Stimmengewirr die Fesseln." (Werfel 252)

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Auch wenn in Westeuropa die Bedeutung des Christentums merkbar geschwunden ist und die Kirchen sich sichtbar und zunehmend geleert haben, können wir mit Werfel auch mit Blick auf Westeuropa – das heute weltweit die religiöse Ausnahme bildet – festhalten, dass der Bedeutungsverlust der christlichen Kirchen nicht zu einem Ende des Religiösen geführt hat.

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Hinsichtlich der Welt der Politik können wir heute von einer dramatischen Rückkehr des Religiösen sprechen. Sowohl auf globaler als auch auf lokaler Ebene gewinnen religiöse Fragen wieder zunehmend an politischer und gesellschaftlicher Bedeutung. Religion kann und darf politisch nicht ignoriert werden. Die ehemalige amerikanische Außenministerin Madeleine Albright bringt in ihrem eben auf Deutsch erschienenen Buch Der Mächtige und Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik die unvermeidliche Bedeutung der Religion für das Weltgeschehen zum Ausdruck, wobei sie natürlich sowohl die positive als auch die zerstörerische Seite von Religion anspricht. Religion ist ihrer Meinung nach einerseits "vermutlich die wichtigste Kraft bei der Ausgestaltung des menschlichen Gewissens", andererseits aber zugleich auch "ein ewiger Quell von Hass und Konflikt". Die negative Seite von Religion ist uns allen deutlich bewusst. Auf globaler Ebene sind wir heute mit einer Zunahme fundamentalistischer Bewegungen und einem vermehrten Auftreten eines religiös motivierten Terrorismus konfrontiert. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 oder die Gewalttaten im Zusammenhang mit dem so genannten Karikaturen–Streit zu Beginn dieses Jahres sind die auffälligsten Beispiele dafür. Auf lokaler Ebene haben zuletzt die Auseinandersetzungen um den Bau eines Minaretts in der Tiroler Marktgemeinde Telfs gezeigt, wie politisch virulent religiöse bzw. religiös-kulturelle Fragen sein können.

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Aber es wäre bereits falsch, würden wir nur auf die negativen Phänomene wie Fundamentalismus und Terrorismus verweisen, wenn wir von der Rückkehr des Religiösen in die Politik sprechen. Parallel zum Erstarken des Islam in den 70er Jahren lässt sich beispielsweise auch in Europa eine Tendenz der "Rechristianisierung" beobachten (Kepel 82f). So war der Zusammenbruch des realexistierenden Sozialismus ganz wesentlich von religiösen Entwicklungen mitbestimmt. Mit der Wahl von Johannes Paul II. zum Papst im Jahre 1978 wurde eine religiös-politische Entwicklung in Polen gestärkt, die über den Aufbau der Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc schließlich auch zum Sturz des Kommunismus beitrug.

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Die neue politische Relevanz des Religiösen beschränkt sich aber nicht nur auf die eben erwähnten offensichtlichen Phänomene, sondern umfasst auch gesellschaftlich vermehrt diskutierte Entwicklungen, wie sie die Ausbreitung von Ersatzreligionen in unserer westlichen Welt darstellen. Verschiedene Wissenschaftler – oft ausdrücklich ohne kirchlichen oder theologischen Hintergrund – verweisen uns auf wichtige pseudoreligiöse Tendenzen – Ersatzreligionen – in unserer heutigen Gesellschaft:

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° Kapitalismus als Religion: Marktwirtschaft, Geld und Gewinn sind teilweise zu quasireligiösen Zielen erhoben worden (vgl. Ulrich; Prantl)

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° unser Verhältnis zur Arbeit zeigt ersatzreligiöse Züge (vgl. Hank)

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° Technik, Innovation und Fortschritt werden religiös verehrt (vgl. Postman)

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° das Phänomen der Medienreligion (vgl. Böhm)

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° diese Liste ließe sich problemlos fortsetzen (Sport ...)

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Die aktuelle Rückkehr des Religiösen in die Politik zwingt zum Überdenken jener undifferenzierten Säkularisierungsthese, die im politischen Raum ein Verschwinden der Religionen mit zunehmender Modernisierung der Gesellschaft vorhergesagt hatte (vgl. Palaver, Theorie 33-53). Die Prognosen der Säkularisierungsthese haben sich als unhaltbar erwiesen. Zu recht spricht heute Jürgen Habermas von einer "postsäkularen" Gesellschaft, auch wenn diese neue Kennzeichnung noch zu sehr dem Glauben verhaftet bleibt, als hätte es schon einmal eine wirklich säkulare Gesellschaft gegeben (vgl. Habermas; Joas). Vermehrt betonen heute Sozialwissenschaftler die Notwendigkeit einer "Religionspolitologie", die sich eingehend mit dem Zusammenhang von Religion und Politik auseinander setzt. Am deutlichsten hat sich der deutsche Religionspolitologie Claus-E. Bärsch in diese Richtung geäußert: "Wer Religion verkennt, erkennt Politik nicht." (Bärsch)

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2. Der Mensch als religiöses Wesen oder Warum es so schwierig ist, dem großen Tier zu widerstehen

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Dieser zweite Schritt soll uns die Erklärung dafür liefern, warum es letztlich niemals gelingen wird, Religion aus unserem Leben zu verbannen und warum gerade auch der politische und gesellschaftliche Bereich immer auf Religion – im weiten Sinne des Wortes – bezogen bleiben wird. Auch diesem zweiten Schritt möchte ich ein Motto voranstellen. Es handelt sich um einen Gedanken der jüdischen Mystikerin und Philosophin Simone Weil, die selbst indirekt der nationalsozialistischen Aggression zum Opfer fiel und im August 1943 wenige Tage nach Franz Jägerstätter in einem Krankenhaus in England verstarb. Sie verweist auf die unentrinnbare religiöse Natur des Menschen und erklärt uns damit in ganz wenigen Worten, warum die Säkularisierungsthese notwendigerweise zum Scheitern verurteilt ist:

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"Man kann nur zwischen Gott und dem Götzendienst wählen. Es gibt keine andere Möglichkeit. Denn die Fähigkeit der Verehrung ist in uns, und sie ist irgendwohin gerichtet, in dieser oder in der anderen Welt." (Cahiers IV 128)

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Nach Weil gehört zum Menschen eine religiöse Sehnsucht, die auf Gott oder eben auf Ersatzgötter – eben Götzen – ausgerichtet ist. Dabei sind ihre Überlegungen gerade auch im Blick auf das Verhältnis von Religion und Politik besonders interessant, weil sie immer wieder in ihren Schriften darauf hinweist, dass für uns Menschen innerweltlich besonders die Masse der anderen – die große Masse als solche – die größte religiöse Anziehungskraft ausübt. Weil hat vor allem in der Vergötzung des Kollektivs die eigentliche Versuchung für die Menschen gesehen. Im Anschluss an Platons "großem Tier" (1) – das ist die Herrschaft der Masse – und dem Tier in der Offenbarung des Johannes (Offb 13; 17) hat sie immer wieder diese Form des Götzendienstes analysiert und mit dem "Fürsten dieser Welt" – dem Satan – in Verbindung gebracht:

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"Es wäre sehr angenehm, wenn man Egoist sein könnte. Das würde Ruhe bedeuten. Doch man kann buchstäblich nicht. Mir ist es unmöglich, auf welche Art auch immer, mich als Ziel anzusehen... Auf der Erde gibt es nur eine Sache, die man tatsächlich zum Ziel nehmen kann, denn sie besitzt eine Art Transzendenz im Hinblick auf die menschliche Person, nämlich das Kollektive. Deshalb ist es das, was uns an den Boden fesselt. Es ist der Gegenstand jedes Götzendienstes. Geiz: das Gold ist etwas Gesellschaftliches. Jeder Reichtum genauso. Ehrgeiz: die Macht ist etwas Gesellschaftliches. Wissenschaft und Kunst auch." (Cahiers III 249f)

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Weil wir in uns selbst niemals eine letzte Ruhe finden können, ist das Kollektiv der anderen eine so große Versuchung für uns. Alles Jagen nach Reichtum und Ehre dient letztlich nur dazu, die anderen zu beeindrucken. (2)

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Dabei ist es für uns wichtig, zu erkennen, dass die Versuchung, im sozialen Kollektiv den Ersatzgott zu finden, nicht so sehr eine Versuchung unbegabter oder "dummer" Menschen ist, sondern gerade die Begabtesten dieser Versuchung am leichtesten verfallen. (3) Menschliche Begabung hat mit der Fähigkeit zur Nachahmung anderer zu tun und wo diese Fähigkeit besonders stark ausgeprägt ist, dort ist auch die Versuchung am größten, zum Götzendiener des großen Tieres zu werden. Schon der griechische Philosoph Platon hat vor mehr als zwei tausend Jahren geschrieben, dass die Begabten besonders leicht vom Strom der Masse – dem Sog des großen Tieres – mitgerissen werden (Platon, Politeia 491d-492d). Auch Simone Weil wusste um diesen Zusammenhang und betonte daher, dass man das große Tier erst dann wirklich verstanden hat, wenn man dessen Anziehungskraft selbst verspürt (Weil, Oppression 171). Es ist leicht, seine Gegner als willenlose Massenmenschen anzuklagen. Leicht ist es auch für uns heute, wenn wir über jene Menschen urteilen, die sich damals vom Nationalsozialismus verführen ließen. Viel größere Einsicht benötigt es allerdings, selbst den Hang zum großen Tier einzugestehen. Simone Weil hat an ihrem eigenen Beispiel die Versuchung des Herdentriebes eindrücklich beschrieben:

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"Ich habe eine starke Neigung zum Herdentier in mir. Ich bin meiner natürlichen Veranlagung nach äußerst beeinflussbar und vor allem für kollektive Einflüsse überhaupt empfänglich. Ich weiß, dass, wenn ich in diesem Augenblick zwanzig junge Deutsche vor mir hätte, die im Chor ihre Nazilieder absängen, ein Teil meiner Seele unverzüglich von dem Nazismus angesteckt würde." (Weil, Zeugnis 81)

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Mit diesen sehr persönlichen Worten spricht sie eine grundsätzliche Versuchung des modernen Menschen aus, der in seinem Versuch, sich ganz allein auf sich selbst zu stellen, am schnellsten dem Kollektiv zum Opfer fällt. Wie wir schon gesehen haben, gelingt es uns eben nie, in uns selbst unser letztes Ziel zu finden.

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Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hat der große russische Schriftsteller Dostojewskij den vereinzelten und entwurzelten Menschen beschrieben, der in seinem Versuch, sich selbst auf eine göttliche Stufe zu erheben, kläglich scheitert und als Sklave des großen Tieres endet. In seinen Aufzeichnungen aus dem Kellerloch beschreibt Dostojewskij jenen verzweifelten Einzelgänger, der zwar alle Mitmenschen überheblich verachtet und dennoch gleichzeitig vor nichts so Angst hat, wie davor, lächerlich zu erscheinen (vgl. dazu Stirner). Obwohl er sich gottgleich über alle überheben will, endet er in der unterwürfigsten Sklavenhaltung gegenüber seinen Mitmenschen. "Ich bin Einer, und sie sind Alle" ist das Motto jenes scheinbar selbstständigen Individuums, das notwendigerweise vor dem großen Tier auf die Knie fallen muss (Dostojewskij, Aufzeichnungen 53; vgl. Girard, Figuren 267f). Das entwurzelte und vereinzelte Individuum ist mit dem Massenmenschen identisch, der, wo er in der Mehrzahl auftritt, notwendigerweise sich in das große Tier verwandelt.

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Alle diese Einsichten sind bedeutend, wenn wir jene politischen Religionen – vor allem Nationalsozialismus und Leninismus-Stalinismus – verstehen wollen, die am Beginn des 20. Jahrhunderts den entwurzelten Massenmenschen (ersatz-) religiösen Halt zu geben versuchten (vgl. Arendt, Elemente 499-528) (4) . Vor allem der Nationalsozialismus ist ein perfektes Beispiel für die Herrschaft des großen Tieres.

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Der französische Schriftsteller Denis de Rougemont hat 1936 bei einer Großveranstaltung der Nationalsozialisten in Deutschland teilgenommen und in seinem Tagebuch aus Deutschland diese Erfahrung als das Erleben eines Kultes einer "Religion der Menschen ohne Gott" (Rougemont 75) beschrieben:

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"Ich hatte gedacht, an einer Massenveranstaltung teilzunehmen, an einer politischen Kundgebung. Aber sie zelebrieren ihren Kult! Und dabei wird eine Liturgie abgehalten, die große sakrale Zeremonie einer Religion, der ich nicht angehöre und die mich überrollt und mich mit sehr viel mehr Kraft, sogar physischer Kraft zurückdrängt als all diese schrecklich strammen Körper. Ich bin allein, und sie sind eine Gemeinschaft." (Rougemont 66)

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Der Gott, dem dieser nationalsozialistische Kult gilt, ist eine Verkörperung des großen Tieres. Nach De Rougemont ist dieser Gott "der sublimierte Instinkt der Masse, das lauwarme Bad, in dem sich das Ich auflöst" (Rougemont 75). Selbst Adolf Hitler, der nationalsozialistische Führer, war nicht wirklich Herr des großen Tieres, sondern allem äußeren Anschein zum Trotz letztlich genauso bloß sein Knecht. De Rougemont zitiert dazu eine Aussage Hitlers:

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"Ich kann nur leben, wenn mein gewaltiger Glaube in das deutsche Volk wieder und wieder durch den Glauben und das Vertrauen des Volkes in mich gestärkt wird!" (Rougemont 66, 76)

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Wie aber ist es möglich, der Herrschaft des großen Tieres zu entkommen? Mit Platon sieht Simone Weil nur in der göttlichen Gnade eine wirkliche Chance, dem verführerischen Sog des Großen Tieres zu entkommen. (5) Für sie stellt die Gnade den einzigen Weg zur Rettung dar, die ganz von Gott kommen muss. Am Beispiel der Verleugnung des Petrus zeigt Weil, dass jeder Versuch, aus eigener Kraft sich gegen das Große Tier zu stellen, scheitern muss:

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"Verleugnung des heiligen Petrus. Christus zu sagen: ich werde dir treu bleiben, bedeutete schon, ihn verleugnen, denn es hieß, die Quelle der Treue in sich selbst und nicht in der Gnade zu suchen. Da er auserwählt war, wurde diese Verleugnung für alle und für ihn selbst glücklicherweise offenbar. Bei wie vielen anderen erfüllen sich solche Prahlereien – und sie verstehen nie." (Weil, Cahiers II, 12f; vgl. Schwerkraft 37)

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Das biblische Beispiel des Petrus verweist uns wieder auf das Problem der vermeintlichen Selbstständigkeit des Menschen, der genau dann dem verführerischen Sog seiner Mitmenschen erliegt, wenn er glaubt, alles aus eigener Kraft schaffen zu können. Der Hinweis auf Petrus zeigt uns auch, wie sehr die Problematik des großen Tieres auch im Zentrum der biblischen Schriften steht. Petrus ist das Paradebeispiel für jene Menschenfurcht (vgl. Mk 8,33) (6) , die uns zu Verrätern und Gewalttätern werden lässt, wenn wir der Religion der Masse nicht zu widerstehen vermögen (vgl. Girard, Sündenbock 215-235). Petrus ist aber – und das ist Grund zur Hoffnung – auch ein Beispiel für die Überwindung dieser Versuchung.

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3. Franz Jägerstätters begnadeter Widerstand gegen das große Tier oder Was wir von einem einfachen Bauern über die Menschenfurcht lernen können

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Im einem abschließenden dritten Teil möchte ich nun auf das Bespiel von Franz Jägerstätter zu sprechen kommen. Diesem Teil ist ein biblisches Motto vorangestellt, das gleichzeitig die bisherigen Überlegungen zusammenfasst und auch den Kern von Jägerstätters Widerstand gegen den Nationalsozialismus trifft:

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"Menschenfurcht stellt eine Falle; wer aber auf den HERRN vertraut, ist in Sicherheit." (Spr 29,25; Elberfelder Bibel)

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Mit dem Hinweis auf die Menschenfurcht ist ein Zentrum von Jägerstätters Einsicht in den Zusammenhang von Religion und Politik zu seiner Zeit angesprochen. Es erstaunt, wie sehr er die Problematik des großen Tieres erkannte, ohne sich je mit diesem klassischen Bild der politischen Philosophie beschäftigt zu haben. Für ihn genügte die traditionelle christliche Ermahnung, die Gottesfurcht der Menschenfurcht vorzuziehen, um zu wissen, wie groß die Versuchung ist, aus Angst vor den anderen, einfach mitzuspielen, auch wenn daraus Unheil und Gewalt für andere folgt. Immer wieder finden sich in seinen Briefen und Aufzeichnungen Hinweise auf die Problematik der Menschenfurcht. In einem Brief an seinen Freund Hans Rambichler vom 30. November 1941 warnt er ausführlich vor der Menschenfurcht, wobei er sowohl darauf hinweist, dass er diese Versuchung selbst kennt, als auch das Beispiel des Petrus nicht unerwähnt lässt:

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"Wenn die Menschenfurcht nicht wäre, dann würde es, glaube ich, zahlreiche Heilige geben auf dieser Welt? Und wo ist der Mensch, der nicht ein wenig an dieser Schwachheit zu leiden hätte? Vielleicht sind auch Deine Kameraden nicht so kalt wie Du glaubst, auch bei ihnen kann es vielleicht mehr Lauheit und Menschenfurcht sein, das sie in der Ausübung der religiösen Pflichten hindert. Gib das Beten nicht auf, damit Du nicht von dieser Schwachheit der Menschenfurcht überwältigt wirst. Wie stark im Glauben fühlte sich Petrus und als der Herrgott ihm seine Gnade entzogen, hat ihn halt auch die Menschenfurcht überwältigt und hat seinen Herrn dreimal verleugnet." (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 19f; vgl. dazu 104)

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Konkret politisch nennt Jägerstätter die österreichische Volksabstimmung im April 1938 als ein Versagen, das wesentlich von Menschenfurcht bestimmt war. Dabei zieht er eine Parallele zum Geschehen am Gründonnerstag, an dem die Menschen auch aus Menschenfurcht für Barabbas und gegen Christus stimmten (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 131; vgl. 133, 139). Er selbst stellte sich damals gegen die große Masse und den Strom der Mitläufer und stimmte als einziger in seinem Heimatort St. Radegund gegen den Anschluss Österreichs an Deutschland (Putz, Franz Jägerstätter 85f). Mit seiner Ablehnung der Menschenfurcht erinnert Jägerstätter an den kürzlich selig gesprochenen Kardinal Clemens August Graf von Galen, der auch Hitler Widerstand leistete und dessen Wahlspruch als Bischof (1933) eine entschiedene Absage an die Menschenfurcht ausdrückte: Nec laudibus – nec timore. "Nicht Menschenlob, nicht Menschenfurcht soll uns bewegen. Aber das Lob Gottes zu fördern, sei unser Ruhm, selbst in heiliger Gottesfurcht zu wandeln, sei unser beharrliches Streben." (Von Galen, Hirtenbrief vom 28. Oktober 1933; Galen, Akten I 31)

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Das Thema der Menschenfurcht und damit die Problematik des großen Tieres kommt auch dort bei Jägerstätter vor, wo er immer wieder von der großen "Masse" spricht, die in eine bestimmte Richtung läuft und sich wie ein großer "Strom" verhält, der alles mit sich zu reißen versucht und dem man nur schwer widerstehen kann (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 29, 72f, 121-123, 146f, 162, 178, 185).

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Jägerstätter wünschte sich von seinen Mitchristen und der Kirche ein öffentliches Bekenntnis zu Christus, das sich gegen die öffentlich sich ausbreitende politische Glaubensgemeinschaft des Nationalsozialismus stellen sollte. Er hielt es für falsch, so wie viele seiner Mitchristen zu glauben, man könne "ja einstweilen im Geheimen auch Christ bleiben, bis die Sache wieder anders" aussehe (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 135). Mit dem Hinweis auf die Bibel hielt er es für unmöglich, zwei Herren zugleich zu dienen. Und schon im Johannesevangelium können wir ja nachlesen, dass Jesus auch deshalb gekreuzigt wurde, weil sich viele, die an ihn glaubten, aus Menschenfurcht nicht öffentlich zu ihm bekannten. Es

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"kamen sogar von den führenden Männern viele zum Glauben an ihn; aber wegen der Pharisäer bekannten sie es nicht offen, um nicht aus der Synagoge ausgestoßen zu werden. Denn sie liebten das Ansehen bei den Menschen mehr als das Ansehen bei Gott." (Joh 12,42f; vgl. Schwager, Gerechtigkeit 57f)

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Wie aber gelang es Jägerstätter, dem großen Tier Widerstand zu leisten? Für ihn gilt zuerst, was Simone Weil über die Gnade geschrieben hat, die uns letztlich aus diesem Götzendienst befreien muss. Als er nach seiner Verurteilung am 6. Juli 1943 im Gefängnis in Berlin nur noch mit gefesselten Händen schreiben konnte, verweist er selbst in einem seiner letzten Briefe auf die Gnade, die ihm seinen Lebensweg abseits vom Strom der großen Mehrheit ermöglichte:

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"Hätte mir Gott nicht die Gnade und Kraft verliehen, für meinen Glauben auch zu sterben, wenn es verlangt wird, so würde ich halt vielleicht dasselbe tun, wie die Mehrzahl es tut. Gott kann eben jedem soviel Gnaden geben, wie er will. Hätten andre diese vielen Gnaden empfangen, wie ich sie schon erhalten habe, sie hätten vielleicht schon weit mehr Gutes geleistet wie ich." (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 75)

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Sehr deutlich zeigt sich das Wirken der Gnade auch am Beispiel jenes Traumes, den Jägerstätter in einer Jännernacht 1938 träumte, und in dem ihm plötzlich die Gefahr klar wurde, in der sich die Welt damals befand:

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"Erst lag ich fast bis Mitternacht im Bett ohne zu schlafen, obwohl ich nicht krank war, muß aber dann doch ein wenig eingeschlafen sein, auf einmal wurde mir ein schöner Eisenbahnzug gezeigt, der um einen Berg fuhr, abgesehen von den Erwachsenen strömten sogar die Kinder diesem Zug zu und waren fast nicht zurückzuhalten, wie wenige Erwachsene es waren, welche in selbiger Umgebung nicht mitfuhren, will ich am liebsten nicht sagen oder schreiben. Dann sagte mir auf einmal eine Stimme: 'Dieser Zug fährt in die Hölle.' Gleich darauf kam es mir vor, als nähme mich jemand bei der Hand. 'Jetzt gehen wir ins Fegefeuer', sagte dieselbe Stimme zu mir. Was ich da für ein Leiden geschaut und verspürte war furchtbar, hätte mir diese Stimme nicht gesagt, dass wir ins Fegefeuer gehen, so hätt ich nicht anders geglaubt, als ich würde mich in der Hölle befinden." (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 124)

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Wir wissen heute, dass Jägerstätter damals prophetisch die Geschichte vorausgesehen hatte, die der Nationalsozialismus mit sich bringen wird. Ausdrücklich hält er eine solche Deutung in seinen Aufzeichnungen fest:

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"Anfangs war mir dieser fahrende Zug ziemlich rätselhaft, aber je länger die ganze Sache ist, desto entschleierter wird mir auch dieser fahrende Zug. Und mir kommt es heute vor, als stellte dieses Bild nichts anderes das als den damals hereinbrechenden oder schleichenden Nationalsozialismus mit all seinen verschiedenartigen Gliederungen ... Kurz gesagt, einfach die ganze nationalsozialistische Volksgemeinschaft, alles, was für sie opfert und kämpft." (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 125)

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Eine mystische Erfahrung hatte Jägerstätter deutlich die Augen geöffnet und gezeigt, wie groß und letztlich selbstzerstörerisch der Herdentrieb war, der die Menschen zum ersatzreligiösen Glauben an Hitler und seine Partei verführte (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 126, 135).

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Aber natürlich wusste Jägerstätter auch , wie sehr die Gnade unser aktives Zustimmen zur Gnade braucht. Sein Leben war wesentlich dadurch bestimmt, sich spirituell und geistig so auf Gott und seine ewigen Güter hin auszurichten, dass er den Versuchungen des großen Tieres widerstehen konnte. Das Gebet, der regelmäßige Gottesdienst, die Sakramente (7) , das vorbildliche Beispiel anderer Menschen sowie vor allem das Lesen biblischer Texte und spiritueller Bücher waren für Jägerstätter wesentliche Stützen seines Glaubensleben. Obwohl er so sehr das individuelle Gewissen vor den Zugriffen irdischer Mächte – auch teilweise der Kirche – schützen wollte, war sein Glaube kein von aller Gemeinschaft und Kirchlichkeit losgelöster Individualismus. Im Anschluss an Röm 1,8ff hebt er hervor, dass "keiner im Religiösen unabhängig" sei (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 191). Immer wieder weist er auf die Bedeutung des vorgelebten Beispiels hin, weil er weiß, dass "Worte belehren, Beispiele aber hin reißen" (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 147, 182). Am wichtigsten war ihm aber das Studium der Heiligen Schrift, weil es die einfachen aber ganz zentralen Einsichten über unser Leben und den Weg hin zu Gott enthielt:

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    "Die echten und darum einfachen Wahrheiten der Heiligen Schrift bieten uns bessere Gewähr als dieser oder jener vielgenannte Modeschriftsteller oder Lehrer." (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 194; vgl. Scheuer 46f)

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Viele seiner Texte sind Meditationen über Bibelstellen. Öfters hat er auch ihm wichtige Stellen selbst abgeschrieben. Eine solche für ihn bedeutende Stelle ist Mt 10,26-42, wo es um das furchtlose und offene Bekenntnis zu Jesus geht, aber auch um mögliche Entzweiungen innerhalb der Familie als Konsequenz der Nachfolge Christi (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 186, 219f). Dreimal stärkt Christus in in dieser Bibelstelle die von ihm ausgesandten Boten mit den Worten "fürchtet euch nicht", weil es auch hier wieder um die Gefahren der Menschenfurcht geht. Dietrich Bonhoeffer, ein protestantischer Märtyrer, der wie Jägerstätter dem Nationalsozialismus zum Opfer fiel, betonte in seinem Buch Nachfolge die Bedeutung dieser Bibelstelle im Blick auf die Menschenfurcht:

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"Wer die Menschen noch fürchtet, der fürchtet Gott nicht. Wer Gott fürchtet, der fürchtet die Menschen nicht mehr. Der täglichen Erinnerung ist dieser Satz für die Prediger des Evangeliums wert." (Bonhoeffer 208)

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In der eben angesprochenen Stelle im Matthäus-Evangelium geht es aber auch um den grundsätzlichen Vorrang der ewigen Güter Gottes vor allen irdischen, innerweltlichen Zielen. Immer wieder hat Jägerstätter den biblischen Gedanken betont, dass der Gewinn selbst der ganzen Welt niemals den Verlust der Seele, d.h. des ewigen Lebens bei Gott aufwiegen könnte (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 64, 67, 99, 173; vgl. dazu Mt 16,25f par). Als das Diesseits in die Barbarei versank, konnte er sich klar daher für das Jenseits entscheiden (vgl. Hintermeier). Auf Jägerstätters Grabstein in St. Radegund steht zurecht ein Bibelvers aus dem Matthäus-Evangelium:

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"Wer aber sein Leben um Meinetwillen verliert, wird es finden. Was nützt es dem Menschen, wenn er eine ganze Welt gewinnt, an seiner Seele aber Schaden leidet." (Mt 16,25f)

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Was heißt das alles für uns heute? Wenn es zutrifft, was der österreichische Schriftsteller Heimito von Doderer – ein weiterer Autor, der sich mit der geistigen Katastrophe, die zum Nationalsozialismus führte, auseinander gesetzt hatte – in seinem Roman Die Dämonen geschrieben hat, dass "jedes Zeitalter ... einen Spezial-Rachen ad hoc öffnet, um seine Zeitgenossen zu verschlingen" (Doderer 851; vgl. Voegelin 263-267), so stellt sich auch für uns die Frage nach Widerstandspotentialen gegen die Versuchungen des großen Tieres. Wir können uns dabei an das Vorbild Jägerstätters halten, indem auch wir unser letztes Ziel nicht in dieser Welt suchen. Die biblischen Verse in Mt 16,25f geben nicht nur präzise die Lebenshaltung Jägerstätters wieder, sondern gehören zu den christlichen Grundhaltungen, die das Leben von uns allen leiten sollen. Diese Schriftstelle prägt beispielsweise die ganze katholische Soziallehre beginnend mit Rerum novarum bis hin zu den aktuellen Dokumenten unserer Gegenwart (vgl. Monzel 38-40; Palaver, Soziallehre 204). Vielleicht liegt heute die gefährlichste Versuchung in der ersatzreligiösen Verehrung des wirtschaftlichen Erfolgs, hinter der – wie wir gesehen haben – nichts anderes als unsere Fixierung auf das falsche Ansehen bei den Menschen steht. Der pseudoreligiöse Kapitalismus unserer Gegenwart kann zur Gefahr für unser menschliches Leben und unsere Welt werden. Die Konzilsväter haben beispielsweise ausdrücklich auf Mt 16,25f hingewiesen, um die notwendige Ausrichtung auf Gott auch für die Wirtschaft festzuhalten:

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"Alle wirtschaftliche Tätigkeit ist ... immer im Rahmen der sittlichen Ordnung so auszuüben, daß das verwirklicht wird, was Gott mit dem Menschen vorhat." (Gaudium et spes Nr. 64)

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Schon Franz Jägerstätter hatte zu seiner Zeit über die Gefahren einer zu deutlichen Bevorzugung wirtschaftlicher Werte auf Kosten der Menschen und einer Vergötzung des Geldes nachgedacht. Als er bald nach seiner Einberufung im Juni 1940 von seiner Frau erfuhr, dass sie kurz nach der Entbindung ihres dritten Kindes und angesichts einer bettlägerigen Mutter mit der Arbeit am Bauernhof nur noch schwer zu recht kam, tröstete er sie mit dem Hinweis, dass die wirtschaftlichen Sorgen niemals die Sorge um die Menschen behindern dürfe:

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"Also nur wieder Mut, liebe Fanny und vertiefe Dich nicht zu sehr an die Arbeit und weltlichen Sorgen, laßt nur stehen, was nicht leicht geht, denn Deine erste Sorge muß unsern Kindern gelten, und beides, die Kinder und die Wirtschaft könntest Du ja doch nicht auf die Dauer bewältigen, darum bevorzuge die Kinder und Mutter, denn sie müssen Dir und mir mehr gelten als die Wirtschaft." (Brief vom 23. Juni 1940; zit. nach Putz, Franz und Franziska 67f)

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Diese Briefstelle erinnert uns an Mt 6,25-34, in der Jesus uns vor den falschen Sorgen der Heiden warnt. Genau auf diese Stelle bezog sich Jägerstätter dann auch später im Berliner Gefängnis, als er die gefährliche Vergötzung des Geldes unmissverständlich zum Ausdruck brachte:

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"Jeder ist vor die Entscheidung gestellt, ob er Gott dienen will oder nicht. Geht er im Diesseits auf, so wird das Geld sein Götze." (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 185)

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Literatur:

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>° Albright:, Madeleine K.: Der Mächtige und der Allmächtige Gott, Amerika und die Weltpolitik. Aus dem Englischen von R. Kreissl und M. Zybak. München: Verlag Droemer, 2006.

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>° Arendt, Hannah: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München: Piper, 1986.

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>° Bärsch, Claus-Ekkehard/Berghoff, Peter/Sonnenschmidt, Reinhard (Hrsg.): "Wer Religion verkennt, erkennt Politik nicht." Perspektiven der Religionspolitologie. Königshausen 2004.

74
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>° Böhm, Thomas H.: Religion durch Medien – Kirche in den Medien und die "Medienreligion". Eine problemorientierte Analyse und Leitlinien einer theologischen Hermeneutik. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer, 2005.

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>° Bonhoeffer, Dietrich: Nachfolge (Dietrich Bonhoeffer Werke 4). Hrsg. von M. Kuske und I. Tödt. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2002.

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>° Doderer, Heimito von: Die Dämonen. Nach der Chronik des Sektionsrates Geyrenhoff. München: Verlag C.H. Beck, 1995.

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>° Dostojewski, Fjodor M.: Der Spieler. Späte Romane und Novellen. Aus dem Russischen übertragen von E. K. Rahsin. München 1996.

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>° Dostojewskij, Fjodor: Aufzeichnungen aus dem Kellerloch. Aus dem Russischen von S. Geier. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 2006.

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>° Galen, Bischof Clemens August Graf von: Akte, Briefe und Predigten 1933-1946. Bearbeitet von Peter Löffler. 2 Bände. Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag, 1988.

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>° Girard, René: Der Sündenbock. Aus dem Französischen von E. Mainberger-Ruh. Zürich: Benziger, 1988.

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>° Girard, René: Resurrection from the Underground: Feodor Dostoevsky. Translated and foreword by J. G. Williams. New York 1997.

82
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>° Girard, René: Figuren des Begehrens. Das Selbst und der Andere in der fiktionalen Realität. Aus dem Französischen von E. Mainberger-Ruh. Münster: LIT, 1998.

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>° Habermas, Jürgen: Glauben und Wissen. Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2001. Frankfurt am Main 2001.

84
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>° Hank, Rainer: Arbeit – Die Religion des 20. Jahrhunderts. Auf dem Weg in die Gesellschaft der Selbständigen. Frankfurt am Main 1995.

85
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>° Hintermeier, Hannes: Der Bauer versagte dem "Führer" die Gefolgschaft. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 186 (13. August 2003) 40.

86
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>° Jägerstätter, Franz: Gefängnisbriefe und Aufzeichnungen. Franz Jägerstätter verweigert 1943 den Wehrdienst. Hrsg. von E. Putz. Linz: Veritas, 1987.

87
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>° Joas, Hans: Braucht der Mensch Religion? Über Erfahrungen der Selbsttranszendenz. Freiburg 2004.

88
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>° Kepel, Gilles: Die Rache Gottes. Radikale Moslems, Christen und Juden auf dem Vormarsch. Aus dem Französischen von Th. Schmidt. München 1991.

89
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>° Monzel, Nikolaus: Katholische Soziallehre. Erster Band: Grundlegung. Aus dem Nachlaß hrsg. von T. Herweg unter Mitarbeit von K. H. Grenner. Köln: Verlag J. P. Bachem, 1965.

90
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>° Palaver, Wolfgang: René Girards mimetische Theorie. Im Kontext kulturtheoretischer und gesellschaftspolitischer Fragen (Beiträge zur mimetischen Theorie 6). Thaur: Druck- und Verlagshaus Thaur, Münster: LIT Verlag, 22004.

91
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>° Palaver, Wolfgang: Die katholische Soziallehre angesichts eines religiösen Kapitalismus. In: Spannungsfelder praktischer Philosophie. Expertenreferate und Statements zur Ethik und ihrer Begründung. Symposienreihe zum Projekt 'Naturrecht und angewandte Ethik 2001–2003'. Hrsg. von P. Kampits und J. M. Schnarrer. St. Pölten: NÖ Landesakademie, 2004, 197-211.

92
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>° Platon: Der Staat/Politeia. Griechisch-Deutsch. Übersetzt von Rüdiger Rufener, Einführung, Erläuterungen, Inhaltsübersicht von Thomas Alexander Szlezák. Düsseldorf: Artemis & Winkler, 2000.

93
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>° Postman, Neil: Das Technopol. Die Macht der Technologien und die Entmündigung der Gesellschaft. Aus dem Amerikanischen von R. Kaiser. Frankfurt am Main 21992.

94
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>° Prantl, Heribert: Kein schöner Land. Die Zerstörung der sozialen Gerechtigkeit. München 2005.

95
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>° Putz, Erna: Franz Jägerstätter. "... besser die Hände als der Wille gefesselt ..." Linz: Veritas, 1985.

96
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>° Putz, Erna: Franz und Franziska. Auszüge aus ihrem Briefwechsel. In: Franz Jägerstätter. Christlicher Glaube und politisches Gewissen. Hrsg. von A. Riedl und J. Schwabeneder. Thaur: Druck- und Verlagshaus Thaur, 1997, 63-75.

97
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>° Rougemont, Denis de: Journal aus Deutschland 1935-1936. Aus dem Französischen von T. Scheffel. Mit einem Nachwort von J. Altwegg. Wien: Paul Zsolnay Verlag, 1998.

98
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>° Scheuer, Manfred: Franz Jägerstätter. Ein Leben aus dem Glauben. In: Franz Jägerstätter. Christlicher Glaube und politisches Gewissen. Hrsg. von A. Riedl und J. Schwabeneder. Thaur: Druck- und Verlagshaus Thaur 1997, 42-62.

99
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>° Schwager, Raymund: Für Gerechtigkeit und Frieden. Der Glaube als Antwort auf die Anliegen der Gegenwart. Innsbruck: Tyrolia, 1986.

100
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>° Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigentum. Mit einem Nachwort hrsg. von A. Meyer. Stuttgart: Philipp Reclam jun., 1981.

101
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>° Texte zur katholischen Soziallehre. Hrsg. vom Bundesverband der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands – KAB. Bornheim, Kevelaer: Ketteler Verlag, Verlag Butzon & Bercker, 81992.

102
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>° Ulrich, Peter: Der entzauberte Markt. Eine wirtschaftliche Orientierung. Freiburg 2002.

103
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>° Voegelin, Eric: Hitler und die Deutschen. Hrsg. von M. Henningsen. München: Wilhelm Fink Verlag, 2006.

104
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>° Weil, Simone: Schwerkraft und Gnade. Übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Friedhelm Kemp. München: Kösel-Verlag, 31981.

105
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>° Weil, Simone: Zeugnis für das Gute. Traktate, Briefe, Aufzeichnungen. Aus dem Französischen übersetzt und herausgegeben von Friedhelm Kemp. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1990.

106
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>° Weil, Simone: Cahiers. Aufzeichnungen. Zweiter Band. Hrsg. und übersetzt von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz. München: Carl Hanser Verlag, 1993.

107
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>° Weil, Simone: Cahiers. Aufzeichnungen. Dritter Band. Hrsg. und übersetzt von E. Edl und W. Matz. München: Carl Hanser Verlag, 1996.

108
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>° Weil, Simone: Cahiers. Aufzeichnungen. Vierter Band. Hrsg. und übersetzt von E. Edl und W. Matz. München: Carl Hanser Verlag, 1998.

109
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>° Weil, Simone: Oppression and Liberty. Translated by A. Wills and J. Petrie. Londond: Routledge, 2002.

110
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>° Werfel, Franz: "Leben heißt, sich mitteilen." Betrachtungen, Reden, Aphorismen. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag, 1992.

111
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Anmerkungen:

112
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113
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1.

114
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Platon, Staat 493a-d: “All diese einzelnen Leute, die gegen Geld lehren und die vom Volke da Sophisten und als Konkurrenten betrachtet werden, lehren ja nichts anderes als dieselben Lehren, die auch die Masse zum besten gibt, wenn sie versammelt sind – und das geben nun jene als Weisheit aus. Das ist gerade so, wie wenn jemand eine große und starke Bestie aufzieht und dabei herausfindet, was sie zum Zorn reizt und wonach sie begierig ist, wie man sich ihr nähern muß, wie man sie berühren darf und wann sie am gefährlichsten oder am zahmsten ist und wodurch sie so wird, und unter welchen Umständen sie ihre verschiedenen Laute von sich gibt, und weiter auch, durch welche fremde Töne sie je nachdem besänftigt oder aufgeregt wird. Das alles hätte er in langem Beisammensein beobachtet, und nun würde er das als Weisheit bezeichnen, würde kunstmäßige Regeln darüber verfassen und andere darin unterrichten wollen. Dabei wüßte er im Grunde nicht einmal, was an diesen Lehren und Neigungen schön oder hässlich, gut oder schlecht, gerecht oder ungerecht ist. Er aber würde das alles gemäß dem Verhalten des großen Tiers benennen und das gut heißen, was ihm Freude macht, und schlecht, worüber es böse wird; sonst aber besäße er kein Urteil darüber, sondern das, was notwendig ist, nennte er gerecht und gut. Die eigentliche Natur des Notwendigen und des Guten und ihren wirklichen Unterschied hätte er nicht gesehen und könnte sie auch keinem anderen zeigen. Beim Zeus, käme dir ein solcher Lehrer nicht sonderbar vor? ... Dünkt dich nun aber, es sei ein Unterschied zwischen ihm und jenem anderen, der es für Weisheit hält, die Abneigung oder die Gelüste der bunt zusammengesetzten Menge beobachtet zu haben, sei es in der Malerei oder in der Musik oder in der Politik? Wenn jemand mit dieser Menge verkehrt und mit einer Dichtung oder sonst mit einem Kunstwerk oder mit einer Dienstleistung für die Stadt vor ihr auftritt und sie über das notwendige Maß hinaus zum Herrn über sich macht, so wird ihn die sogenannte Notwendigkeit des Diomedes das zu tun zwingen, was diese gutheißt.”

115
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2.

116
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In Dostojewskijs Roman Der Spieler zeigt sich, wie sich hinter der modernen Vergötzung des Geldes letztlich der Stolz des Menschen verbirgt (vgl. Girard, Resurrection 73-78). Aus stolzer Rivalität mit unseren Mitmenschen häufen wir Geld, um die anderen zu beeindrucken: "Nein, nicht um das Geld war es mir zu tun! Damals wollte ich nur, daß morgen alle diese Hinzes, alle diese Oberkellner, alle diese pompösen Badener Damen, daß sie alle von mir sprechen, daß sie alle von meinem Glück erzählen, daß sie sich über mich wundern, mich loben und beneiden und alle sich vor der Macht meines neuen Reichtums beugen sollten." (Dostojewski, Spieler 205f)

117
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3.

118
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Jägerstätter weist in seinen Aufzeichnungen darauf hin, dass "Luzifer" einer der "gescheitesten Engel" war (Jägerstätter, Gefängnisbriefe 90).

119
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4.

120
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Arendt, Elemente 502: "Der Ausdruck \'Masse\' ist überall da zutreffend, und nur da, wo wir es mit Gruppen zu tun haben, die sich entweder weil sie zu zahlreich oder weil sie zu gleichgültig für öffentliche Angelegenheiten sind, in keiner Organisation strukturieren lassen, die auf gemeinsame Interessen an einer gemeinsam erfahrenen und verwalteten Welt beruht, also in keinen Parteien, keinen Interessenverbänden, keinen lokalen Selbstverwaltungen, keinen Gewerkschaften, keinen Berufsvereinen." – 513: "Das Hauptmerkmal der Individuen in einer Massengesellschaft ist nicht die Brutalität oder Dummheit oder Unbildung, sondern Kontaktlosigkeit und Entwurzeltsein."

121
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5.

122
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Platon, Staat 492a: “Wenn nun also die Natur des Philosophen ... die ihr zukommende Unterweisung findet, dann muß sie sich, glaube ich, zu jeder Tüchtigkeit entwickeln. Wird sie aber als Same und junge Pflanze in einem unzukömmlichen Boden aufgezogen, so schlägt sie gänzlich zum Gegenteil aus, wenn ihr nicht ein Gott zu Hilfe kommt.” – 492e-493a: “Eine Änderung der Gesinnung zur Tüchtigkeit hin, auf Grund einer Erziehung, die der zuwiderläuft, die von diesen Leuten kommt, gibt es weder noch hat es sie gegeben noch wird es sie demnach je geben, wobei ich von der menschlichen Gesinnung spreche, lieber Freund; denn die göttliche lassen wir, dem Sprichwort gemäß, außer Betracht. Das muß man ja wissen: wenn bei einem solchen Zustand der Staatsverfassung etwas gerettet wird und so ist, wie es sein soll, dann kannst du mit vollem Recht behaupten, dass eines Gottes Schickung es gerettet habe.”

123
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6.

124
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Mk 8,33: "Jesus wandte sich um, sah seine Jünger an und wies Petrus mit den Worten zurecht: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen."

125
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7.

126
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Vielleicht wusste Jägerstätter sogar um den Zusammenhang von Firmsakrament und Menschenfurcht, den das Kreuzzeichen auf die Stirn des Firmlings dient der Überwindung der Menschenfurcht.

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