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Sklaven einer Religion der Arbeit?

Autor:Palaver Wolfgang
Veröffentlichung:
Kategoriekommentar
Abstrakt:Probleme der Arbeitslosigkeit und der Arbeitssucht verweisen auf eine (pseudo-) religiöse Heiligsprechung der Arbeit in unserer Welt. Dagegen muss wieder der Vorrang der Muße ins Bewusstsein gerufen werden.
Publiziert in:Moment: Sonderbeilage der Tiroler Tageszeitung Nr. 6 (25. Juni 2004) 2.
Datum:2004-06-28

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Das Buch "Arbeit – Die Religion des 20. Jahrhunderts" des Wirtschaftspublizisten Rainer Hank bringt das Problem auf den Punkt. Die Erwerbsarbeit besitzt in unserer modernen Welt einen Heiligenschein. Die Position im Beruf entscheidet über unseren Rang in der Gesellschaft und über unser Selbstwertgefühl. "Wir sind, was wir tun" ist die Kurzformel für diesen modernen Götzendienst. Erst vor diesem Hintergrund wird verständlich, welche zerstörerischen Konsequenzen die Arbeitslosigkeit in unserer Gesellschaft tatsächlich hat. Ohne Beruf sind wir nichts. Während eine steigende Zahl von Menschen verzweifelt nach Arbeit sucht, arbeiten sich gleichzeitig andere Menschen zu Tode. 200.000 Berufstätige sollen allein in Deutschland unter Arbeitssucht leiden.

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Die Wurzeln für diese Probleme liegen tief. Sie finden sich dort, wo die alte Rangordnung zwischen Muße und Arbeit umgestürzt wurde und die Einsicht der Benediktiner verloren ging, dass das Gebet der Arbeit vorzuordnen ist (ora et labora). Weil sich die Menschen nicht mehr vom Schöpfergott beschenkt sahen, sondern alles der eigenen Leistung verdanken wollten, wurden sie zu Sklaven des Götzen Arbeit. So unterschiedliche geistige Väter unserer Welt wie Locke, Hegel oder Marx haben diesen Weg der völligen Überbewertung der Arbeit vorangetrieben.

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Die christliche Sozialethik steht der Arbeitsreligion entschieden entgegen. Papst Johannes Paul II. hat in seiner Enzyklika Laborem exercens (1981) festgehalten, dass aller Arbeit immer schon das Beschenktsein durch die Schöpfung vorausgeht und dass wir als vollwertige Personen Subjekte der Arbeit sind und nicht umgekehrt. Auch im Sozialwort der österreichischen Kirchen (2003) finden sich diese beiden Gedanken. Einerseits heißt es, dass "Arbeit Mitarbeit in und an der Schöpfung Gottes ist" und andererseits wird hervorgehoben, dass "jeder Mensch Würde hat – unabhängig von Erwerbsarbeit und Leistung".

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Wir brauchen heute zuallererst lebendige Kirchen, die unser wieder einen Zugang zur religiösen Feier und damit auch zur Muße öffnen. Nur die echte Muße kann den Götzen Arbeit vom Thron stürzen. Wo das gelingt, können wir auch die weniger werdende Erwerbsarbeit unter uns zu teilen beginnen, weil wir nicht mehr auf die Droge Arbeit angewiesen sind.

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