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Sieg im Krieg und der Sieg von Ostern

Autor:Schwager Raymund
Veröffentlichung:
Kategoriekommentar
Abstrakt:
Publiziert in:# Originalbeitrag für den Leseraum
Datum:2003-04-16

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Siege und die Vernichtung von Feinden faszinieren, und wo Faszination sich ausbreitet, ist das Religiöse nahe. Mirjam, die Schwester von Aaron, sang dem Herrn ein Lied, weil er Rosse und Wagen der Feinde ins Meer geworfen hat (Ex 15,21). Ebenso pries Debora den Herrn, der durch sie das mächtige Heer des Sisera vernichtet hatte (Ri 5,1-31), und David folgte ihr auf ähnliche Weise in seinem Siegeslied (2 Sam 22,1-51).

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Doch der Glaube Israels ist nicht durch solche Siegeslieder, die sich auf ähnliche Weise in allen Religionen finden, zu dem geworden, was er ist. Die ersten Propheten, von denen Schriften überliefert sind (Jesaja, Micha), waren am Wirken, wie das kleine jüdische Nordreich in Samaria vernichtet wurde (722 v. Chr.), und eine weitere entscheidende Etappe trat ein, wie Jerusalem mit seinem Tempel und der davidischen Dynastie - trotz der Verheissung an David (2 Sam 7; Ps 89) - dem Untergang geweiht wurde (586 v.Chr.). Nach üblichen religionsgeschichtlichen Gesetzen hätte damals der Glaube an Jahwe aussterben sollen. Doch genau das Gegenteil trat ein. In der Niederlage lernte der Glaube Israels - inspiriert durch große Propheten (Jeremia, Ezechiel, Deuterojesaja, etc) - ganz neu und radikal auf Gott zu vertrauen. Er wurde zu einer Kraft, die alle kommenden Krisen bis heute überdauern konnte, während jene Reiche, die damals siegreich waren (Babylonier, Perser, etc), inzwischen längst aus der Geschichte verschwunden sind.

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Ähnliches geschah im Geschick Jesu. Seine Gegner waren zwar für den Augenblick siegreich, und er ist ihrer Gewalt zum Opfer gefallen. Seine Jünger erfuhren aber gerade durch diese Niederlage hindurch eine neue Art des göttlichen Wirkens. Der Auferweckte offenbarte sich ihnen nicht als Kriegsherr, der zur Vergeltung aufrief. Er sprach vielmehr zunächst ihnen selber, die untreu geworden waren, den Frieden zu und schenkte ihnen so die Verzeihung im Herzen. Dann sandte er sie aus, ihn als Gekreuzigten und Auferweckten zu verkünden. Auf diese Weise wollte und will er in der Welt wirksam bleiben als einer, der die Herzen gewinnt, und nicht Körper unterwirft und Häupter niederzwingt.

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Es gibt eine geheimnisvolle Kraft im Leiden. Es ist die Kraft der Hoffnung und die Erfahrung, dass gerade aus Niederlagen, wenn sie ohne Verbitterung und Rachegedanken angenommen werden, eine Kraft des Friedens aufbrechen kann. Was die Herzen gewinnt, das dauert in der Geschichte und überdauert den Tod. Siege, die andere unterwerfen, verblassen hingegen rasch und können schon durch die nächste Wende in einer stets unsicheren Geschichte weggespült werden.

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