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Wo ist das Heil zu finden – und wer findet es?
(Wo ist das Heil zu finden – und wer findet es?)

Autor:Wandinger Nikolaus
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2015-05-02

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Lesungen: Apg 4,8-12; (1 Joh 3,1-2): Joh 10,11-18

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Liebe Gläubige,

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Petrus macht in seiner Verteidigung vor den Ältesten und Schriftgelehrten eine klare Ansage: Nur im Namen Jesu Christi „ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen“. Nimmt man dann das Evangelium vom Guten Hirten dazu und die Aussage „ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich“, dann könnte man geneigt sein, die Titelfrage der heutigen Predigt ganz schnell zu beantworten: Das Heil ist in Christus zu finden – und die Christen und Christinnen finden es. In dieser Einfachheit ist der Satz allerdings falsch, weil er einige wichtige Dinge übersieht.

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Um das zu verstehen, müssen wir zuerst überlegen, was denn dieses seltsame Psalmwort vom Eckstein sagt, das Petrus zitiert: „(Jesus) ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein geworden ist.“ Mit den Bauleuten sind genau jene gemeint, die in religiösen Dingen das Sagen haben – im Falle Jesu und des Petrus: die Hohen Priester, Ältesten, Schriftgelehrten. Sie müssten erkennen, welche Personen mit der Botschaft Gottes auftreten und daher Gottes Boten sind, und müssten darauf das Haus des Glaubens aufbauen. Das ist ihr Job, ihre Aufgabe – ja genauer gesagt ihre gottgegebene Berufung. Totaler kann man in dieser Berufung nicht versagen, als wenn man den Stein, der als stabilisierender Eckstein alles zusammenhalten könnte, auf den Müll wirft, weil man ihn als ungeeignet einstuft. Wenn man als religiöse Autorität den ultimativen Boten Gottes zum Tode verurteilt und hinrichtet, und von Gott selbst dadurch widerlegt wird, dass er den Toten wieder zum Leben erweckt und ihn nachträglich doch noch zum Eckstein macht, dann – so könnte man meinen – hat man in seiner Rolle als religiöse Autorität versagt. Hat man damit aber auch sein Heil verspielt?

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Letzten Sonntag haben wir auch einen Auszug aus einer Rede des Petrus gehört. Auch dort hat er seinen Zuhörern vorgehalten, sie hätten „den Urheber des Lebens […] getötet“ – um dann fortzufahren: „Ich weiß, ihr habt aus Unwissenheit gehandelt, ebenso wie eure Führer. […] Also kehrt um und tut Buße, damit eure Sünden getilgt werden“ (Apg 3,15.17.19). Das ist nun doch erstaunlich: Petrus sagt jenen, die den Urheber des Lebens getötet haben, nicht ein schlimmes Gericht voraus, sondern er bietet ihnen Versöhnung an, wenn sie nur umkehren.

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Petrus kennt sich da aus, er musste ja selbst umkehren; er war ja selbst bei denen, die sich plötzlich nicht mehr zu Jesus bekennen wollten. Er hat den Stein, den die Bauleute verwarfen, ja mitverworfen. „Ich kenne diesen Menschen nicht.“ (Mk 14,71) ›Ich will mit ihm nichts zu tun haben. Auch ich glaube nicht mehr, dass man auf ihn bauen kann, er will sich ja nicht einmal verteidigen.‹

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Petrus wurde irre an Jesus, weil dieser sich gewaltfrei gefangen nehmen ließ und ihn auch keine Macht vom Himmel herab mit Übermacht verteidigte. Die religiösen Autoritäten verwarfen Jesus, weil er mit ihnen keinen Prachtbau von heiliger Gemeinde errichten wollte, zu dem nur die Perfekten, Frommen und geistlich Wohlgeformten gehören können; weil er von einem väterlichen Gott mit ganz mütterlichen Zügen zu ihnen sprach, dem es allemal wichtiger war, einem Zerschundenen am Wegrand zu helfen, als pünktlich beim Gottesdienst zu sein, und dem ein Sünder, der sich seiner Schwachheit bewusst ist, lieber ist als ein Gerechter, der stolz ist auf seine Gerechtigkeit.

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Aber Jesus redete ja nicht nur so, er handelte auch danach: ließ sich von einer stadtbekannten Sünderin die Füße waschen und küssen, ging zum Essen bei Kollaborateuren, behauptete, dass das göttliche Gesetz für den Menschen da sei und nicht umgekehrt, und verkündete, dass wir Gott dadurch lieben, dass wir unsere Nächsten lieben. Das war das Programm, das die Bauleute damals verwarfen – und den, der sich absolut mit diesem Programm identifizierte und es verkörperte, gleich mit. Diese Verkörperung, diese Person erweckte Gott wieder zum Leben, um zu sagen: Das ist kein Stein zum Wegwerfen, er ist der Stein, auf dem alles aufgebaut werden soll. Denn nur in dem, was er verkündet, nur in ihm ist das Heil.

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Bedeutet das aber nun, dass jemand, der sich nicht zu ihm bekennt, der vielleicht gar die Existenz Gottes leugnet, kein Heil finden kann, weil er nicht zur Herde Jesu gehört? Wer so eine Aussage macht, würde Ähnliches tun wie die Bauleute, die den Stein damals verwarfen. Wenn die Bibel uns sagt: „Der Stein, den die Bauleute verwarfen, ist zum Eckstein geworden“, dann will sie uns davor warnen Menschen zu verwerfen; sie will uns darauf aufmerksam machen, dass Jesus gerade deshalb der Eckstein ist, weil er keine anderen Steine verworfen hat. Auch das mussten die Jünger erst lernen: Worauf es ankommt, ist die Wahrheit zu tun; ist, das zu tun, was Jesus als gottgemäßes Handeln gezeigt hat: die Nächsten zu lieben. Die das tun, denen gelten auch die Worte Jesu: „wer nicht gegen uns ist, der ist für uns“ (Mk 9,40).

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Die Herde Jesu ist also kein fixer Club, bei dem man eine Mitgliedsnummer hat und dann einfach dazugehört. Die Herde Jesu sind jene, die ihn kennen. Es kennen ihn aber die, die ihn in anderen Menschen, die Hilfe brauchen, erkennen und danach handeln. Sie kennt dann auch Jesus und auf diese Weise wird ihnen, wird hoffentlich auch uns, das Heil zuteil. Jesus ist deshalb der Eckstein, weil er diese Liebe wie kein anderer selbst verkörpert. Das Verwerfen und Ausgrenzen ist das Problem, nicht das anders sein, auch nicht das sündig sein. Davon kann man umkehren.

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Warum aber – so fragen sich nun vielleicht manche – sollen wir dann in der Kirche sein, warum hier im Gottesdienst? Dann braucht es doch das alles nicht. Und es braucht es doch! Wir versammeln uns zum Gottesdienst, wir scharen uns als feiernde Gemeinde – wenn man so will als Herde – um das Wort, den Leib und das Blut dieses Jesus. Wie oft scharen sich Menschen um einen Gegner und umzingeln ihn? Scharten sich die Gegner nicht wie eine Horde um Jesus um ihn zu Tode zu bringen, weil sie ihn endgültig verwerfen wollten? Wenn wir uns jetzt um ihn scharen, dann hoffentlich nicht im Gefühl der Selbstgerechtigkeit – ›wir gehören ja eh dazu‹ –, sondern im Gefühl einer geläuterten Schuld – wie Petrus, der wusste, dass er ihn verleugnet hatte, und aus der Vergebung, die ihm geschenkt wurde, lernte, dass allen vergeben wird, wenn sie sich nur darauf einlassen. Scharen wir uns als Herde um den Leib und das Blut Christi, in dem Wissen, dass auch wir nur allzu leicht Horde sein können, ja vielleicht immer wieder sind. Jesu Tod und Auferstehung hat uns von der Horde zur Herde gewandelt. Die Wandlung der Gaben in seinen Leib und sein Blut ermöglicht es, dass wir uns in der Haltung des Petrus um diesen getöteten und wieder auferweckten Urheber des Lebens versammeln. In der Haltung derer, die wissen, dass wir Menschen allzu leicht zur Horde werden, und die deshalb Verantwortung dafür übernehmen, dass wir auch immer wieder umkehren und Buße tun; Verantwortung dafür, dass die Botschaft vom verworfenen Eckstein, die Botschaft von der Widergöttlichkeit des Ausschließens und Verwerfens in der Welt bleibt, immer wieder gehört und doch auch gelebt wird.

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Hören wir nicht auf Autoritäten – ob religiös oder weltlich –, die uns anderes sagen wollen. Versuchen wir, auch sie zu bekehren. Aber zuerst müssen wir uns selbst bekehren lassen. 

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