Literaturhaus am Inn

Programm November–Dezember 2009

Peter Henisch

Platzhalter

Donnerstag, 5. Nov., 20 Uhr
Literaturhaus am Inn

Der verirrte Messias. Roman (Deuticke 2009)

Lesung und Gespräch

Moderation: Brigitte Schwenns-Harrant

Ein Mann, der sich mit Jesus identifiziert, versucht herauszufinden, warum die Erlösung nicht stattgefunden hat – bis heute. Das ist der Kern von Peter Henischs Roman Der verirrte Messias, den der Autor in einer zeitgemäßen Form erzählerisch umkreist. Die Literaturkritikerin Barbara, weibliche Protagonistin des Romans, trifft ihn, der sich Mischa/Myschkin nennt, während ihres Fluges nach Israel. Die Unheimlichkeit, die er auf sie ausstrahlt, ist dasselbe Gefühl, das den Leser beschleicht, wenn er sich auf den „tiefen Grund“ des Buches einlässt. Doch auch der feine Humor Peter Henischs durchzieht das Buch, das ein Brückenschlag ist zwischen literarischer Exegese der Bibeltexte, der gegenwärtigen Situation im Nahen Osten und der Darstellung der „Erschütterung“, wenn man als Zeitgenosse mit der Frage der Erlösung konfrontiert wird.

Peter Henisch, geboren 1943 in Wien, Studium der Germanistik, Philosophie, Geschichte und Psychologie. Seit 1971 freier Schriftsteller, lebt in Wien. Veröffentlichungen (u.a.): Die kleine Figur meines Vaters (1975, S. Fischer), Pepi Prohaska Prophet (1986), Morrisons Versteck (1991), Schwarzer Peter (2000), Die schwangere Madonna (2005, alle: Residenz), Eine sehr kleine Frau (2007, Deuticke).

Brigitte Schwens-Harrant, geboren 1967 in Wels, Literaturwissenschaftlerin und -kritikerin, Leiterin des Ressorts Literatur der „Furche“. Publikationen (zuletzt): Literaturkritik. Eine Suche (Studienverlag 2008)



nach oben

Rose Ausländer

Donnerstag, 12. Nov., 20 Uhr
Literaturhaus am Inn


Im Porträt

von C.W. Bauer

Rose Ausländer wurde 1901 in Czernowitz als Rose Scherzer geboren. Sie entstammte einer weltoffenen, liberal-jüdischen Familie, in der jedoch die wichtigsten Regeln der jüdischen Tradition bewahrt wurden. Schon früh fühlte sie sich der Literatur verbunden, das eigene Schreiben und Dichten nahm jedoch erst während der zwanziger Jahre einen wesentlichen Platz in ihrem Leben ein.

In der Zwischenzeit in die USA emigriert, kehrte sie 1931 aufgrund familiärer Umstände nach Czernowitz zurück, wo sie als Lyrikerin, Journalistin, Übersetzerin und Englischlehrerin tätig war. Nach den Jahren der Zwangsarbeit im Ghetto (1941–1944) übersiedelte sie wiederum in die USA. Nach einem überaus bewegten und durch viele Reisen geprägtes Leben verbrachte sie ihre letzten Jahre im Altenheim der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf. Mehr als zwanzig Gedichtbände liegen heute von ihr vor, u.a. Hügel aus Äther unwiderruflich; Im Aschenregen die Spur deines Namens; Mutterland/Einverständnis (alle: S. Fischer Verlag). 1977 erhielt sie den Ida-Dehmel-Preis der GEDOK. Gryphius-Preis, 1980 wurde ihr die Roswitha-Medaille Bad Gandersheim zuerkannt.

ChristophW.Bauer, geboren 1968, lebt derzeit in Innsbruck. Schreibt Lyrik, Prosa, Dramatik, Hörspiele, Essays und ist als Übersetzer und Herausgeber tätig. Publikationen, zuletzt: Im Alphabet der Häuser. Roman einer Stadt (2007), Graubart Boulevard (2008, beide: Haymon)


nach oben

Ute Döring
Kurt Drawert





Ausstellungsdauer
20. November bis
19. Dezember 2009

Öffnungszeiten
Di.–Fr. 15–19 Uhr
Sa. 10–13 Uhr


Donnerstag, 19. Nov., 18.30 Uhr
Fotoforum West, Adolf-Pichlerplatz 8


Ausstellungseröffnung und Lesung

Ute Döring: Ost - West. Nord - Süd

Kurt Drawert liest aus seinem Roman Ich hielt meinen Schatten für einen anderen und grüßte

In Gemeinschaftsarbeit mit dem Fotoforum Innsbruck zeigt Ute Döring in einer Ausstellung drei größere Fotoarbeiten, die Vergangenheit und Gegenwart eins werden lassen – erinnerte Momente deutsch-deutscher Wirklichkeit. Zu ihrer direktesten Auseinandersetzung mit der Macht wurde die Beschäftigung mit dem unter Hitler in Teilen gebauten, zu DDR-Zeiten umfunktionalisierten und nach 1990 verwaisten KdF-Bad in Prora auf Rügen. In der umfangreichen Serie von Schwarz-Weiß-Fotografien Prora. 1993–1996 macht die Fotografin die nicht nur architektonisch sichtbare Hinterlassenschaft eines totalitären Systems transparent. Das wiederkehrende Thema ihrer Herkunft zeigen zwei neuere Arbeiten, die durch komplexe Bildüberlagerungen eine abstrakte und verallgemeinernde Sicht auf Geschichte erzeugen. Dabei verwendet sie neben Fotos ihres Archivs auch aktuelles Material einer Koreareise und kombiniert diese mit historischen Aufnahmen.

Ute Döring, geboren 1958 in Dresden, studierte an der Universität Leipzig. Nach der Heirat mit dem Schriftsteller Kurt Drawert folgten Arbeitsaufenthalte im In- und Ausland, 1996 zogen sie nach Darmstadt. Mit den Reisen und dem Umzug verbunden, erweiterten neue Sichtweisen und Erfahrungen ihre Themen. Sie begann in Farbe zu fotografieren und nutzt seither ebenso die Möglichkeiten der digitalen Fotografie.

Ein Versuch, die Komplexität von Geschichte und individueller Biographie literarisch zu gestalten, stellt Kurt Drawerts 2008 erschienener und von der Kritik euphorisch besprochener Roman Ich hielt meinen Schatten für einen anderen und grüßte dar. In Anverwandlung an den spektakulären Kriminalfall des Kaspar Hauser im 19. Jahrhundert nimmt der Autor das Motiv des verwahrlosten Findlings in seinem Roman wieder auf, um vom Untergang der DDR zu erzählen. Seine sprachgewaltigen Existenzbilder sind dabei nicht nur eine Abrechnung mit der Diktatur eines historisch gewordenen Staates, sondern ebenso eine Metapher auf unsere moderne innere Obdachlosigkeit.

Kurt Drawert, geboren 1956 in Hennigsdorf (Brandenburg), lebt seit 1996 als Autor von Lyrik, Prosa, Dramatik und Essays in Darmstadt, wo er seit 2004 das Zentrum für junge Literatur leitet. Zahlreiche Preise, zuletzt Rainer-Malkowski-Preis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste 2008. Zahlreiche Publikationen, zuletzt: Spiegelland, Monolog. Rückseiten der Herrlichkeit. Prosa (2001, Suhrkamp). Frühjahrskollektion. Gedichte (2002, Suhrkamp), Emma. Ein Weg (2005, Sonderzahl).

Kurt Drawert: Ich hielt meinen Schatten für einen anderen und grüßte. Roman (Beck 2008)


nach oben

[dichtwerk]
Rumänische Poesie

Freitag, 27. Nov., 20 Uhr
Literaturhaus am Inn

Ioan Es. Pop, Peter Sragher, Robert Serban

Ein Karren beladen mit nichts/O caruta incarcata cu nimic

Buchpräsentation und zweisprachige Lesung

Einführung und Moderation: Bernhard Widder

In der rumänisch-deutschen Anthologie sind Gedichte von Ioan Es. Pop, Peter Sragher, Robert S¸erban versammelt. Sie ist 2009  im Brumar Verlag (Temeswar) erschienen. Am Abend werden sie aus ihren Werken lesen – ein Hörerlebnis der rauen Musikalität der rumänischen Sprache; der Schriftsteller Bernhard Widder wird die deutschen Übertragungen lesen sowie gemeinsam mit Peter Sragher einen Einblick in die sehr lebendige Welt der rumänischen Poesie geben

Ioan Es Pop, geboren 1958 in der Ortschaft Varai, Kreis Maramures, Rumänien. Studierte Rumänisch und Englisch an der Uni Baia Mare. Veröffentlichte zahlreiche Gedichtbände, davon einige zweisprachig rumänisch-englisch. Lebt in Bukarest.

Robert S¸erban, geboren 1970 in Turnu Severin. Lebt in Temeswar. Schriftsteller und Journalist, Regisseur und Moderator. Veröffentlichte zahlreiche Gedichtbände. Sein Lyrikband Home Cinema wird 2009 auf deutsch erscheinen.

Peter Sragher, geboren 1960 in Bukarest, studierte dort Germanistik. Veröffentlichte zahlreiche Gedichtbände, auch zweisprachig, rumänisch-deutsch.

Bernhard Widder, geb. 1955 in Linz, lebt in Wien. Studium der Architektur in Wien. Freischaffende Tätigkeit als Architekt und Schriftsteller. Übersetzungen aus dem Spanischen und Englischen, Forschungsaufenthalte und Vorträge in den USA, in Mexiko, Cuba, Kolumbien und Argentinien. Teilnahme an Lyrik-Festivals in Europa und Lateinamerika. Zuletzt erschienen: Querungen / Literarische Texte zu beiden Amerikas, Essays (2001), Handgerede / Slang of Hands, Gedichte
(2009).


nach oben

Lutz Seiler


Montag, 4. Dez., 20 Uhr
Literaturhaus am Inn

Die Zeitwaage. Erzählungen (Suhrkamp, 2009).

Buchpräsentation und Lesung.

„Einmal in der Woche bin ich bei Uhrmacher Walinski, um meine Armbanduhr auf die Zeitwaage zu legen. Seit ich entdeckt habe, tatsächlich ein Träumer zu sein (,ein verdammter Träumer‘, wie mein Vater es früher so oft sagte), bin ich vollkommen ruhig; ich bin ruhig und gelassen und tue nur noch, was ich will. Dinge, von denen ich weiß, daß sie gut für mich sind.“ (aus der Erzählung Die Zeitwaage) Mit der Ruhe eines Seiltänzers bewegt sich dieser Träumer auch durch das Nachwende-Berlin. Zu den Dingen, die dabei in seinen Besitz geraten, gehört eine einzigartige Uhr, in deren Ticken er die Geschichte hören kann, die ihm geschehen ist.

Lutz Seilers lange erwartetes neues Buch enthält neben Turksib, für die er mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet wurde, dreizehn neue Erzählungen. Ob in der Geschichte einer gespielten Erschießung oder im alltäglichen Drama einer wirklichen Trennung – in allen Texten des Bandes geht es um prägende Wendepunkte, um das Groteske im Leben und unser häufig vergebliches Ringen um einen anderen Verlauf.

Lutz Seiler, geboren 1963 in Gera/Thüringen. Nach einer Lehre als Baufacharbeiter arbeitete er als Zimmermann und Maurer. Von 1994–1999 war er Mitherausgeber der Literaturzeitschrift „moosbrand“. 1990 schloss er ein Studium der Germanistik ab, seit 1997 leitet er das Literaturprogramm im Peter-Huchel-Haus. Zahlreiche Preise, zuletzt Ingeborg-Bachmann-Preis 2007.

Veröffentlichungen (Auswahl): berührt/geführt, Gedichte (1995, Oberbaum). pech & blende, Gedichte (2000, Suhrkamp). Heimaten, Essay (2001, Wallstein), Sonntags dachte ich an Gott, Aufsätze (2004, Suhrkamp), Turksib. Zwei Erzählungen (2008, Suhrkamp).

Im Inn-Lesebuch können Sie sich mit einem Ausschnitt aus der Erzählung Schachtrilogie einlesen.


nach oben

[dichtwerk]

Donnerstag, 10. Dez., 20 Uhr
Literaturhaus am Inn


Nacht. Lyrik aus der Offizin S.

Margarete Hannsmann, Manfred Peter Hein
Mikael Vogel, Annemarie Laner, Siegfried Höllrigl

Buchpräsentation, Ausstellung und Lesung

Die vierte Ausgabe der bibliophilen Reihe „Lyrik aus der OffizinS.“ widmet Siegfried Höllrigl dem Thema NACHT. Drei völlig unterschiedliche, dichte lyrische Stimmen zu einem Grund-Topos der Literatur sind in den drei Heften, denen jeweils Holzschnitte beigefügt sind, vertreten: Der junge Berliner Autor Mikael Vogel mit O Wildnis Dunkelheit!, der deutsch-finnische Autor Manfred Peter Hein: Im Dunkel unter den Brauen sowie ein bisher unveröffentlichter Gedichte-Zyklus der Autorin Margarete Hannsmann: Weil jedes Wort weniger wäre? Ein Israel-Zyklus. Vermächtnis der Autorin an ihre Landsleute. Zudem werden am Abend Annemarie Laners Holzschnitte mit Notizen Fertig wird das nie, ausgestellt, in denen sie sich mit dem Israel-Zyklus von Margarete Hannsmann auseinandersetzt, sowie das Portfolio präsentiert.

Mikael Vogel, geboren 1975 in Bad Säckingen, seit 1994 „ausschließliche Schreibexistenz“, lebt in Berlin. Erste Veröffentlichung 2001 in „manuskripte“; 2002 Hermann-Lenz-Stipendium. Mehrere Lyrikübersetzungen vor allem aus dem Englischen, u.a. Sylvia Plath und T.S.Eliot.

Manfred Peter Hein, geboren 1931 in Darkehmen/Ostpreußen, lebt seit 1958 in Finnland. Für seine Vermittlung von finnischer Literatur in deutscher Sprache wurde er 1974 mit dem Finnischen Staatspreis ausgezeichnet, für sein dichterisches Werk erhielt er 1984 den Peter-Huchel-Preis, den Horst Bienek-Sonderpreis für Lyrik 1992, den Rainer-Malkowski-Preis 2006: „Manfred Peter Heins Gedichte zählen zum Besten der neueren deutsche Poesie. Reich an zeitgenössischer Welterfahrung, reflektieren sie das Eigenste dieses eigenwilligen Dichters.“

Margarete Hannsmann, geboren 1921 in Heidenheim an der Bregenz, gestorben 2007 in Stuttgart. 1964 Debüt als Schriftstellerin, dem folgte eine vierzigjährige schriftstellerische Tätigkeit in den Bereichen Lyrik, Prosa, Hörspiel. Hannsmann engagierte sich in der Friedens-, Umwelt- und Anti-Atombewegung. In ihren Gedichten setzt sie sich als Deutsche mit der Shoa auseinander.

Annemarie Laner, geboren 1956 in Mühlen bei Taufers. Zahlreiche Beteiligungen an Gemeinschaftsausstellungen, Einzelausstellungen, Projekte zu Kunst am Bau sowie Literaturarbeiten. Lebt als freischaffende Künstlerin in Sand in Taufers.

Siegfried Höllrigl, geboren 1943, Gründungsmitglied der Südtiroler Autorenvereinigung, lebt als Schriftsteller, Schriftsetzer und Handpressendrucker für bibliophile Editionen in Meran.


nach oben