Literaturhaus am Inn

Programm September–Oktober 2007

Neuerscheinungen

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Mittwoch, 12. September, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn

Ex -Libris - Bücher im Gespräch

Das Ö1-Bücherradio verlässt das Studio und zieht durch's Land. In den Literaturhäusern Österreichs diskutiert der Ex Libris-Moderator Gerhard Moser mit Gästen aus Kultur und Medien über aktuelle Neuerscheinungen, Trends und den Literaturbetrieb. Im Literaturhaus am Inn sind Brigitte Schwens-Harrant, Leiterin des Literaturressorts der Wochenzeitschrift Die Furche, Martin Sailer vom ORF Tirol & der Autor Walter Klier die Gesprächspartner.


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[ Nahaufnahme ]

Mittwoch, 19. September, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn

Peter Handke in einem Porträt von Peter Hamm
Filmporträt Der schwermütige Spieler und Buchvorstellung Es leben die Illusionen. Gespräche in Chaville und anderswo (Wallstein). Gespräch: Erika Wimmer

Die Voraussetzungen für ein Gespräch zwischen Peter Handke und Peter Hamm sind geradezu ideal: Sie kennen einander über vierzig Jahre, sind seit langem eng befreundet. Hier treffen nicht einfach Autor und Kritiker (oder Literaturwissenschaftler) aufeinander, sondern beide Gesprächspartner sind Autoren, die in den 60er Jahren ihren Weg in die Literatur begannen und den Schaffensprozess von beiden Seiten kennen. Außerordentlich genau reflektieren sie in ihrer Arbeit die Bedingungen des Schreibens mit; Handke über das eigene Schreiben hinaus auch als Übersetzer und im Schreiben über andere Schriftsteller, Hamm wie kaum ein anderer als einfühlsamer und kenntnisreicher Journalist. Wenn Peter Hamm nach Prägungen in der Kindheit fragt, nach der Mutter, den Jahren im Internat und an der Universität, nach den schriftstellerischen Anfängen, nach Kafka, Wim Wenders und Thomas Bernhard, nach Jugoslawien und Deutschland, nach dem Verhältnis von Spiel und Gebet in der Dichtung, so ist sofort spürbar, dass er das Werk des anderen in allen Verästelungen kennt. Er öffnet einen Gesprächsraum, den Peter Handke bereitwillig, mit äußerster und ungekannter Offenheit ausschreitet, dankbar für das "Auf-die-Sprünge-Helfen" und widersprechend, tastend, suchend nach der richtigen Formulierung, frozzelnd. Nicht zuletzt über sich selbst. Anlass für diese Gespräche war der von Hamm gedrehte Film über Handke Der schwermütige Spieler. Dass sie sich über einen längeren Zeitraum erstreckten, in einer fast unwirklichen Ruhe geführt wurden, gibt ihnen selbst einen literarischen Rhythmus, der sichtbar werden lässt, was Literatur heute sein kann.


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Lesefest

Mittwoch, 26. September, 19.30 Uhr
Literaturhaus am Inn


25 Jahre Haymonverlag - eine Ausstellung
Mit Lesungen von Helene Flöss, Sepp Mall,
Kurt Lanthaler


Helene Flöss: Der Hungermaler. Erzählung

Die Geschichte eines Malers, seiner Mutter und seiner Geliebten, aus deren Perspektive erzählt. Der knappe Stil entspricht der geradezu asketischen Kürze des Textes, die es der Autorin trotzdem erlaubt, sich über die Geschichte einer missglückten Liebe hinaus mit einem breiten Spektrum von Themen auseinanderzusetzen.

Sepp Mall: Wo ist dein Haus. Gedichte

Mit sparsamsten poetischen Mitteln bringt Sepp Mall die verlorenen Orte der Kindheit, die Vertrautheit und Leichtigkeit jener Zeit zum Schwingen. Sein Blick auf die Welt, auf Fremdes und Nahes, ist voll Skepsis und Zuneigung zugleich, er schließt Verstörendes und Gegenläufiges mit ein. Aber über allem bleibt die Ahnung von einem Ort, an dem man nicht mehr fremd ist.

Kurt Lanthaler: Das Delta. Roman

Fedele Conte Mamai, so nennt der Autor seinen Protagonisten, ein Findelkind aus dem Schwemmland des Po. Es ist ein Schelmen- und Entwicklungsroman, in dem Technik und Natur aufeinanderprallen, während sich der Protagonist um ein Leben zwischen individueller Freiheit und gesellschaftlicher Anpassung bemüht. Fünfzig Jahre italienischer Geschichte ziehen vorüber, und das Buch endet dort, wo es seinen Ausgang nahm: im Delta des ober-italienischen Flusses, der das Leben so vieler Menschen entscheidend geprägt hat.

Die Ausstellung ist vom 26. September bis 17. Oktober 2007,

Mo - Fr 9-12 Uhr und 14 -16 Uhr zu sehen.


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Lange Nacht der Museen

Vitrinenausstellung mit
Originaldokumenten
von Karl Kraus und
norbert c. kaser
aus den Beständen des
Brenner-Archivs

Samstag, 6. Oktober
Literaturhaus am Inn

21.15 Uhr: Begrüßung

21.30 Uhr: Zwischen Jüngstem Tag und Weltgericht. Der Briefwechsel zwischen Karl Kraus und Kurt Wolff. Herausgegeben von Friedrich Pfäfflin (Wallstein).
Einleitung und Kommentare: Friedrich Pfäfflin

22.30 Uhr: N. C. Kaser elementar. Ein Leben in Texten und Briefen (Haymon). Ausgewählt - und am Abend gelesen - von Raoul Schrott


"Der Briefwechsel zwischen Karl Kraus und Kurt Wolff ist die Dokumentation eines der merkwürdigsten Beispiele einer Autor-Verleger-Beziehung. Kurt Wolff, der Verleger für expressionistische Literatur in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts schlechthin, warb mit Karl Kraus um einen Schriftsteller, der den Literaturbetrieb verachtete. Wolff verehrte den polemischen Moralisten, der Weltgericht hielt über die "große Zeit". Und Karl Kraus? Seine Wertschätzung für den "edlen Jüngling" Wolff überstand verlagsinterne Autorenpolemiken, seine grundsätzliche Abneigung gegen alle, die er "Neutöner" nannte und die großen Fährnisse bei der Herstellung seiner Bücher.

Friedrich Pfäfflin, geboren 1935, Karl-Kraus-Experte, war 25 Jahre lang Leiter der Museumsabteilung des Deutschen Literaturarchivs Marbach. Als Autor, Herausgeber und Ausstellungsmacher beschäftigte er sich u.a. mit Heinrich Fischer, Else Lasker-Schüler, Werner Kraft und Berthold Viertel. In der von ihm betreuten Reihe Bibliothek Janowitz erschienen u.a. Bücher zu Rainer Maria Rilke, Sidonie Nádherny von Borutin und Karl Kraus.

Dichter und Provokateur, Kapuziner und Kommunist, Volksschullehrer, der kleine Prosaminiaturen für "seine" Kinder verfasste, und Trinker, der seinen Rotwein mit Gedichten bezahlte: norbert c. kaser (1947-1978) war nicht nur eine außergewöhnliche, zu Lebzeiten sträflich unterschätzte Begabung, sondern zugleich auch eine schillernde, facettenreiche Persönlichkeit: Seine Verse "voller spröder Schönheit, voll Trauer und Empörung" (NZZ) und seine minimalistischen Prosaskizzen spiegeln das Wesen, die Brüche, die Wendungen und Abgründe seines Lebens, seine Verletzlichkeit ebenso wie seine Rebellion gegen das konservative kulturelle und gesellschaftliche Klima seiner Zeit.

Die Biografie norbert c. kasers nimmt Raoul Schrott zum Ausgangspunkt für seine Werkauswahl: Die Briefe, Gedichte und Prosatexte Kasers geben einen Eindruck von Vielfalt, Energie und poetischem Reichtum von dessen Schaffen, das mittlerweile, knapp 30 Jahre nach seinem Tod, verdientermaßen zum modernen Klassiker erhoben worden ist.


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Familiengeschichten

Dienstag, 9. Oktober, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn

Peter Henisch: Eine sehr kleine Frau. Roman (Deuticke)

1945 hörte Paul Spielmann auf Spaziergängen durch das zerbombte Wien Geschichten von seiner Großmutter, und nun, Jahrzehnte danach, nimmt er den Faden wieder auf und sucht nach ihrer eigenen Geschichte.

Mehr als dreißig Jahre nach Die kleine Figur meines Vaters setzt sich Peter Henisch noch einmal mit seiner Familiengeschichte auseinander. Mit einprägsamen Bildern erinnert sich der Autor in seinem neuen Roman an jene Frau, von der er gelernt hat, was sein weiteres Leben prägen sollte: das Erzählen.

Peter Henisch, geboren 1943 in Wien, Studium der Germanistik, Philosophie, Geschichte und Psychologie. Mitbegründer der Zeitschrift Wespennest, seit 1971 freier Schriftsteller, lebt in Wien. Veröffentlichungen (u. a.): Die kleine Figur meines Vaters (Fischer 1975), Pepi Prohaska Prophet (1985), Steins Paranoia (1988), Morrisons Versteck (1991), Vom Wunsch, Indianer zu werden (1994), Schwarzer Peter (2000), Die schwangere Madonna (2005, alle: Residenz-Verlag). Zahlreiche Preise und Auszeichnungen.


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Alltag + Wahnsinn

Donnerstag, 11. Oktober, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn


Linda Stift: Stierhunger. Roman (Deuticke)

Linda Stift führt uns mit diesem Roman hinter die brüchigen Fassaden des alltäglichen Lebens, dorthin, wo der Wahnsinn stets ganz nahe ist: Die Ich-Erzählerin wird beim Einkaufen von einer alten Dame angesprochen, die ihr die Hälfte eines Gugelhupfs anbietet. Von da an nimmt der als unausweichlich beschriebene Strudel der Ereignisse seinen Lauf. Die alte Dame, die ganz in der Erinnerung an Kaiserin Sisi lebt, macht die junge Frau zur Verbündeten ihrer Beutezüge durch Wiener Museen. Diese wiederum verfällt ihrer überwunden geglaubten Fresssucht, ihrem Stierhunger. Vergangenheit und Gegenwart vermengen sich, und alles endet so, wie es begonnen hat: bei einem angebotenen Gugelhupf ...

Alltag und Wahnsinn, Unheimliches und offen zutage Liegendes befinden sich Kopf an Kopf, und es verwundert nicht, dass Linda Stift auf die Frage nach ihren literarischen Vorbildern an erster Stelle Franz Kafka nennt.

Linda Stift, geboren 1969 in der Südsteiermark, Studium der Germanistik, lebt als freie Schriftstellerin in Wien. Veröffentlichungen in den Literaturzeitschriften Sterz und kolik. Zahlreiche Preise und Stipendien. Einzelpublikationen: Kingpeng. Roman (Deuticke 2005).


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Ersehnte Weite Mittwoch, 17. Oktober, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn

Josef Oberhollenzer: Großmuttermorgenland
Eine Erzählung aus den Bergen (Folio)

Großmuttermorgenland erzählt von einer Kindheit in den Bergen, von der Sehnsucht nach dem, was hinter den Bergen liegt, und von dem Hereinbrechen eines - wie auf der Lauer gelegenen - Unglücks. Josef Oberhollenzer, einer der wichtigsten Südtiroler Autoren, webt mit leisen, der Moderne verpflichteten Tönen die Geschichte von Bindung, Abhängigkeit und alltäglicher Gewalt. Der Ich-Erzähler entfaltet sein bedrohliches Idyll: die geliebte Großmutter, der ungeschlachte Vater, die fremde Mutter, die Komplizin Schwester, eine Hochzeit; und er erinnert sich an die kleinen Dinge, an das Inventar bäuerlichen Lebens, an die ersehnte Weite "hinter den Bergen" und an die Faszination, die die Irrenanstalt in Pergine auf ihn ausgeübt hat. Und dann, auf einer Wanderung mit seiner Frau zum Klockerkarkopf, nimmt das Unglück überhand, fast mitten im Glück.

Josef Oberhollenzer, geboren 1955, lebt in Bruneck. Bücher: In der Tasse gegenüber (Buch & Kassette, Haymon 1994), Was auf der erd da ist (Folio 1999).


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Die Nach-68er

Dienstag, 23. Oktober, 19.30 Uhr
Buchhandlung Tyrolia, M.-T.-Str. 15

In Robert Menasse: Don Juan de la Mancha oder
Die Erziehung der Lust
. Roman. (Suhrkamp)

Eine Kooperation zwischen Literaturhaus am Inn und Buchhandlung Tyrolia

Unterhaltsam und pointiert zeichnet Robert Menasse das Porträt der Nach-68er Generation und einer Gesellschaft, "die nicht einmal einen Liter Mineralwasser verkaufen kann, ohne diese Ware erotisch zu besetzen". Der Protagonist, Nathan, Redakteur für das Ressort "Leben" und Verführer, ist ein melancholischer, tragikomischer Wiederholungstäter im ritterlichen Kampf um die Rettung der Liebe. Der Erlösung freilich kommt er nicht näher, aber der Leser, die Leserin sieht sich am Ende dieses ungewöhnlichen Bildungsromans nicht nur aufgeklärt in einer abgeklärtenWelt, sondern auch merkwürdig getröstet, verführt von seltsam zärtlicher Ironie.

Robert Menasse, geboren 1954 in Wien, studierte Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft in Wien, Salzburg und Messina. Er lebt in Wien und Amsterdam. Zuletzt erschienen: Die Vertreibung aus der Hölle. Roman (2001), Das war Österreich. Gesammelte Essays zum Land ohne Eigenschaften (2005), Die Zerstörung der Welt als Wille und Vorstellung. Frankfurter Poetikvorlesungen (2006) und Das Paradies der Ungeliebten. Ein Schauspiel (2006, alle: Suhrkamp).


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120. Geburtstag

Montag, 29. Oktober, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn

Georg Trakl: neue Zugänge zu seiner Lyrik

* Innsbrucker Ausgabe. Historisch-kritische Ausgabe mit Faksimiles der handschriftlichen Texte Trakls. Präsentation

* Silbenmusik: Vertonung von Gedichten Trakls

* Alle Wasser laufen ins Meer: Vorstellung eines
Trakl-Porträts

Der Abend wird eröffnet mit der Präsentation der historisch-kritischen Innsbrucker Ausgabe der Werke und des Briefwechsels Trakls (Stroemfeld/Roter Stern, herausgegeben von Eberhard Sauermann und Hermann Zwerschina), von der nun der letzte Textband erschienen ist. Historisch ist die Ausgabe, indem sie die Genese jedes einzelnen Gedichts in den Mittelpunkt der Darstellung rückt, deren Ausgangspunkt Faksi-miles der Handschriften sind. Kritisch ist sie, indem sie das gesamte Überlieferungsmaterial so ordnet, dass der jeweilige Textbildungsprozess authentisch wiedergegeben wird. Die Darstellung der Genese soll der Arbeitsweise Trakls entsprechen.

SilbenMusik: dieser Name ist Programm für die Symbiose von Poesie und Musik, von Wort und Klang. Mal fragil, mal voller Kraft präsentieren der Germanist und Autor Martin Beyer sowie der Gitarrist Gerald Kubik ihre Vertonungen von Gedichten Trakls mit Unterstützung durch die Sängerin Claudia Wricke. Sie wollen mit ihrer Initiative "Bringen Sie Georg Trakl in die Charts!" Trakls Lyrik in das öffentliche und vor allem jugendliche Bewusstsein zurückbringen, damit einer der bedeutendsten Lyriker des 20. Jahrhunderts nicht in Vergessenheit gerät und Lyrik wieder hörbar und hautnah erfahrbar wird, zum Nachdenken oder Sich-Verlieren. Beyer hat weiters gemeinsam mit Steffi Herrmann ein Trakl-Porträt verfasst, in dem diese Vertonungen integriert sind. Mit dem biblischen Bild der laufenden Wasser verfolgen sie Trakls Leben, dem Untergang verschrieben. Am Abend wird neben den Vertonungen auch ein Ausschnitt aus dem Porträt zu hören sein.


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