Literaturhaus am Inn

Programm November–Dezember 2001

Editorial Von der Kunst des Schweigens und der Richtigkeit, sich einzumischen

In den letzten Wochen hat sich die Talk-Gesellschaft auf ein Thema eingeschworen: Das vernichtende Attentat auf das World Trade Center in New York hat nicht nur ernsthaft an einer Analyse der weltpolitischen Zusammenhänge Interessierte, sondern auch Promis und Möchtegernpromis an die Mikrophone geholt. Zahlreiche öffentliche Betroffenheits- Statements wurden über das Geschehen abgegeben. Ganze Berufsgruppen wurden interviewt, so etwa die Psychologen: Sie sollten uns sagen, welch verheerende Traumata die Helfer in Katastrophengebieten (nach den Aufräumungsarbeiten) erwarten. Oder die Lehrer: Sie sollten die Nation über den psychischen Zustand von Kindern und Jugendlichen unter der Einwirkung von Katastrophen informieren. Auch einige Künstler, darunter Schriftstellerinnen und Schriftsteller, wurden von den Medien aufgefordert, das ihre beizutragen. Aber was, fragen wir, konnten sie sagen? Und: Hätten sie sich nicht verweigern müssen, hätten sie nicht darauf verzichten müssen, Zeitungsspalten und Sendezeiten zu füllen?- Das Darüber-Reden wird manchmal zum Drüberreden. Auch wenn nicht eigentlich etwas gesagt werden kann, so verleiht das öffentliche Gerede Sprechern und Hörern ein Gefühl von Kontrolle, Durchblick und nicht zuletzt von Wichtigkeit. Ohnmacht ist kein Gefühl, vielmehr ein Zustand, in welchen Menschen geraten können. Ohnmacht ist kaum zu ertragen. Ohnmacht nagt an Selbstgewissheit und Identität. Und: Ohnmacht wird oftmals weggeredet. Wenn dieses Programm in Ihrem Postkasten liegt, wird im Literaturhaus eine Veranstaltung - Die Ohnmacht in der Literatur. Franz Kain Kolloqium 2001 - stattgefunden haben. Es wird bei dieser Veranstaltung der Gedanke geäußert worden sein, dass erst das Aushalten von Ohnmacht oft die entscheidende Veränderung bringt. Die Literatur äußert sich in ihrer angemessenen Form zu dem, was vorgeht. Nicht selten erfahren wir in einem Stück Literatur mehr über das Ereignis des Tages als über unzählige Nachrichten- oder gar Talksendungen. Aber da gibt es kein einfaches Strickmuster: Was einmal gilt, ist ein anderes Mal unangemessen. Schweigen ist einmal Kunst, ein anderes Mal jedoch Gleichgültigkeit oder Feigheit. Eben darum bemüht sich gute Literatur unter anderem: um die Klarheit des Unterscheidungsvermögens. Autoren und Künstlerinnen, die, um ein anderes gegenwärtiges Ereignis zu nennen, den Mund aufmachen und etwa das Volksbegehren zum Sozialstaat mit ihrem Namen unterstützen, tun es, weil hier auf der sachlichen Ebene tatsächlich etwas erreicht werden kann. Wo die Rede zielführend ist, soll sie nicht unterdrückt werden! Die Einmischung gehört zum Prinzip der Demokratie. Im genannten Fall geht um die Verankerung der Idee des Sozialstaates in der österreichischen Bundesverfassung, um soziale Sicherheit für alle zu garantieren und eine unsoziale Politik zugunsten der Vermögenden zu verhindern. Im übrigen halte man es mit Wittgenstein. Wir wünschen Ihnen zum Jahresende eine anregende Kulturzeit. Und wir wünschen uns wie immer Ihr Interesse an unserem Programm, das extra für Sie anspruchsvoll, aber nicht spröde gestaltet wurde.
P.S. Informieren Sie sich gezielt über kulturpolitisches Geschehen in Österreich, z.B. mit der Homepage des Literaturhauses Wien: Literaturhaus Wien
Die beste Literaturseite Österreichs

Rhetorischer Schlagabtausch

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Dienstag, 6. November, 20 Uhr: Jürg Amann liest aus seiner Erzählung Am Ufer des Flusses (Haymon 2001), mit einer Einführung von Magdalena Kauz.

Eintritt frei

Jürg Amann erzählt ohne Larmoyanz, vielmehr mit einem gehörigen Schuß Galgenhumor und in sarkastisch-
insistierendem Ton die berührende Geschichte zweier Freunde, er berichtet über ihre Herkunft, ihr Leben und ihre Lieben. Im Zentrum dieses neuen Textes des Schweizer Autors steht der Abschied, den die Freunde voneinander zu nehmen haben, für einen der beiden ist es ein Abschied von allem, vom Leben. Jürg Amann, geb. 1947, zuerst Literaturkritiker und Dramaturg, seit 1976 freier Schriftsteller. Zahlreiche Preise u.a.1982 Ingeborg-Bachmann-Preis, 1983 Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis, 1989 Preis der Schweizerischen Schiller-Stiftung und Kunstpreis der Stadt Winterthur. Einige seiner Veröffentlichungen: Zwei oder drei Dinge. Novelle (Haymon 1993), Schöne Aussicht. Prosastücke (Haymon 1997). Die Schweizer Autorin und Journalistin Magdalena Kauz lebt seit einiger Zeit in Hall bei Innsbruck.

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Turmbund-Jubiläum


Freitag, 9. November, 20 Uhr:
Autorenlesungen mit Christoph W. Bauer, C.H. Huber, Alfons Jestl und Roman Santeler. Gemeinsam mit dem Turmbund.

Eintritt frei.

Der Turmbund - Gesellschaft für Literatur und Kunst - feiert heuer sein 50-jähriges Bestandsjubiläum. Die Förderung von Literatur und Kunst - insbesonders die Unterstützung literarischer Begabungen - zählt zu den Hauptaufgaben dieser im Tiroler Kulturleben verankerten Vereinigung. Auch die Verbindung zum Leser, die durch Veranstaltungen und Publikationen geschaffen wird, ist ein besonderes Anliegen des Turmbundes. Mit Lesezeichen werden neue Bücher und Texte von Christoph W. Bauer, C.H. Huber, Alfons Jestl und Roman Santeler präsentiert. Christoph W. Bauer, geb. 1968, schreibt Lyrik, Prosa und dramatische Szenen. Veröffentlichungen im Haymon-Verlag: wege verzweigt (1999). die mobilität des wassers müsste man mieten können (2001). Preise u.a. 1. Preis für Lyrik der Akademie Graz 2001. C.H. Huber, geb. 1945, schreibt vor allem Lyrik und Prosa. Veröffentlichungen u.a. unter tag (Verlag TAK 1999) und gedankenhorden (Edition Doppelpunkt 2000). Alfons Jestl, geb. 1956, schreibt vor allem Lyrik. Bücher im Verlag Bibliothek der Provinz: Den Wasserkrug zerschlagen tragen (1999). Der nackte Kaiser - Mehlspeisen und Marzipan aus Österreich (2001). Roman Santeler, geb. 1949, schreibt Lyrik und Prosa. 1997 Preis des Landes Tirol für den Gedichtzyklus Querfeldein. Bücher im Verlag Edition Raetia Bozen: Atlantis (1997). Anno Domini MM (2000).


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Max Frisch
Bodo Hell
Liesl Ujvary

Mittwoch, 14. November, 20 Uhr: Das Hörspiel Biedermann und die Brandstifter aus dem Jahre 1953. Einführung von Klaus Müller-Salget (Institut für Deutsche Sprache, Literatur und Literaturkritik, Innsbruck). Unter dem Motto Subtexte abschließendes Literaturgespräch mit Bodo Hell und Lisl Ujvary.

Eintritt frei.

Herr Biedermann und die Brandstifter ist als Hörspiel (Produktion: Bayrischer Rundfunk 1953, Regie: Friedrich Sauer) eine frühe Fassung des 1958 am Zürcher Schauspielhaus uraufgeführten Schauspiels Biedermann und die Brandstifter. Gottlieb Biedermann stellt sich als typischer Kleinbürger dar, selbstgerecht und auch selbstbewußt, zugleich feige, verlogen und bei aller nach außen vorgetäuschten Menschlichkeit im innersten inhuman. Hauptthema in Frischs (1911-1991) Werken ist die Erkenntnis der Selbstentfremdung des modernen Menschen und der Versuch der Identitäts- und Wahrheitsfindung. Subtexte: Bodo Hell und Liesl Ujvary, die in ihren Texten und Rundfunkarbeiten mit Sprache, Zeichen und Klängen experimentieren, stehen einer konventionellen Hörspielästhetik wie der Frischs fern. In einem Gespräch und anhand von Hörproben geben sie Auskunft über neue Formen des Hörspiels. Hell und Ujvary haben in den 70er Jahren mehrere gemeinsame Hörspielproduktionen gemacht. Liesl Ujvary (geb. 1939 in Pressburg, lebt als Schriftstellerin und Übersetzerin in Wien) hat eine große Anzahl von Publikationen in den Bereichen Poesie, Prosa, Hörspiel, Foto, Musik und Computerbearbeitung vorgelegt. Diverse Preise und Stipendien. Begründerin einer innovativen Autoren-Reihe im ORF-Wien, Kunstradio, seit 1995 mehrere Text-Klangarbeiten für Kunstradio: Sex & Tod & Klangeffekte (1995), Sprache der Gene (1997), softworlds (1999). Bodo Hell (geb. 1943, lebt als freier Autor in Wien) ist Träger zahlreicher Literaturauszeichnungen und publiziert seit den 70er Jahren experimentelle Prosa und Hörspiele, Text-Foto-Bände und Filme. Zusammenarbeit mit Mayröcker, Jandl, Ujvary und Hil de Gard. Wiederholt Arbeiten für österreichische Printmedien und den ORF. Letzte Veröffentlichungen: Augenklappe (blattwerk 2000), Das Gericht. Ein Gedicht und Im Prinzip gilt (Edition Splitter 2000 und 2001).

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O.P. Zier: Sturmfrei

Montag, 19. November, 20 Uhr: Buchpräsentation und Literaturgespräch mit O.P. Zier. Der Autor liest aus seinem neuen Roman Sturmfrei (Otto Müller, 2001). Sigurd Paul Scheichl (Institut für Deutsche Sprache, Literatur und Literaturkritik, Innsbruck) führt ein Gespräch mit dem Autor.

Eintritt frei.

Sturmfrei ist ein gleichermaßen witziger wie tiefgreifender Roman, der eine Aluminiumfabrik der siebziger Jahre zum Schauplatz einer turbulenten Geschichte von Betrug und Selbstbetrug macht. Zier beschreibt darin das Betriebsklima in einem großen Unternehmen aus der Sicht der Angestellten. Der Roman wurde mit dem Georg-Rendl-Preis ausgezeichnet. In der Begründung der Jury heißt es, daß der Sinn für Komik und das unbestechliche Gefühl für den aufrechten Gang, für die wenigen kleinen Möglichkeiten solidarischen Handelns überzeugt. O.P. Zier, geb.1954 in Schwarzach im Pongau, lebt als freier Schriftsteller in St. Johann im Pongau. Veröffentlichungen u.a. in der Zeitschrift manuskripte des Grazer Forum Stadtpark, Liedtexte, Beiträge in Anthologien, Essays und Kommentare u.a. für Die Zeit, profil, Wiener Zeitung, Die Presse, Salzburger Nachrichten. Zahlreiche Arbeiten für Hörfunk (Hörspiele, Features, Funkessays) und Fernsehen (Spiel- und Dokumentarfilme). Mehrere Preise und Auszeichnungen. Zuletzt erschienen die Romane Schonzeit (1995) und Himmelfahrt (1998), beide im Otto Müller Verlag.


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Literatur als Ware - Ein Workshop

Freitag und Samstag, 23./24. November, 13-18 Uhr und 9-13 Uhr
Marketing-Workshop für AutorInnen und Interessierte.

Eintritt frei.
Die Autoren sind zu einem Marketinggegenstand geworden - Sigrid Löffler in einem Interview in der TT vom 20.9.01. Nicht nur das Buch ist eine Ware, sondern auch die Autorinnen und Autoren. Durch das Eindringen ökonomischer Strategien in das Schreiben wird diese so individuelle Tätigkeit immer mehr in Marketing-Überlegungen miteinbezogen. Eine Entwicklung, der sich Kolleginnen und Kollegen nicht entziehen können. Egal, wie erfolgreich sie sind. Diesem Umstand trägt das Seminar Literatur als Ware Rechnung. Mit ausgesuchten Referenten, die aus der Praxis kommen. Es geht nicht um die Vermittlung von Verlagskontakten, sondern um die Sensibilisierung des Verständnisses für Markt, Marketing, Kaufverhalten, Bedeutung der Literatur in der Gesellschaft etc. › Das Literaturhaus lädt Schreibende und Personen, die im Literaturbetrieb tätig sind, sowie Studierende ein, sich an zwei Halbtagen umfassend zu informieren. Literatur als Ware wurde initiiert und organisiert von Hans Augustin.

Programm - Freitag, 23. November, 13 Uhr: Kurze Einführung in das Thema von Hans Augustin
13.30 Uhr: Bernhard Sandbichler (Residenz Verlag, Salzburg): Offene Zweierbeziehung - Über das Verhältnis von Autor und Verleger aus der Sicht des Literaturverlages.
15 Uhr: Pause
15.30 Uhr: Hanns-Peter Adami (AgrarMarketing Tirol): Was hat Tee oder Käse mit Buch zu tun?
17 Uhr: Diskussion mit den Referenten.
Samstag, 24. November, 9 Uhr: Hans Augustin (Autor und Journalist, Innsbruck): Literatur als Ware.
Überlegungen zu diesem Thema und Beispiele aus der Praxis.
10.30 Uhr: Pause
11 Uhr: Dieter Bandhauer (Sonderzahl Verlag, Wien): Schreiben und Verlegen in Zeiten der Überproduktion und des Unterhaltungsterrors.
Abschließende Diskussionsrunde. Ende ca. 13 Uhr.


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gefallene Sätze - aufgesprungene Worte

Dienstag, 27. November, 20 Uhr:
Anne Duden liest aus Gedichten und Essays. Mit einer Einführung von Elfriede Pöder (Institut für Deutsche Sprache, Literatur und Literaturkritik, Innsbruck).

Eintritt frei.

Anne Duden bewegt sich in vielfältigen Genres: Gedichte, Erzählungen, Essays. Doch die Gattungen durchdringen einander, lassen sich nicht wirklich unterscheiden. Die Gedichte denken, die Erzählungen reflektieren, die Essays stellen entschlossen die Wahrnehmung des Ichs ins Zentrum. Und dass dieses Ich eine Frau ist, bleibt spürbar bis in die letzten Fasern der kunstvoll gesponnenen Textgebilde, die die Welt einfangen und zugleich auf Distanz halten. Anne Duden, geb. 1942 in Oldenburg, zunächst Tätigkeit als Buchhändlerin, nach 1964 Studium der Germanistik, Soziologie und Philosophie. 1972 war sie Mitarbeiterin beim Wagenbach Verlag, 1973 Mitbegründerin des Rotbuch Verlags. Seit 1978 lebt sie als freie Schriftstellerin in London und Berlin. Zahlreiche Preise, u.a. Dedalus Preis 1996, Berliner Literaturpreis 1998, Großer Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste 2000. Veröffentlichungen: Übergang (Rotbuch Verlag, 1982), Steinschlag (Kiwi, 1993), Wimperntiere (Kiwi, 1995) und Zungengewahrsam. Kleine Schriften zur Poetik und zur Kunst (Kiwi, 1999).


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Widerstand in Tirol



Freitag, 30. November, 20 Uhr
Buchpräsentation: Friedrich Punt: Zuflucht im Wortgehäuse 1941-1943 (skarabaeus, 2001, Brennertexte 4). Mit einer Einführung der Herausgeber und von Johann Holzner (Brenner-Archiv). Walter Sachers liest Friedrich Punt. Gemeinsam mit dem Bierstindl.

Eintritt frei.

Der von Christine Riccabona und Anton Unterkircher aus dem Nachlaß herausgegebene Gedichtband mit dem ursprünglichen Titel Zeitgenosse ist ein für Tirol einzigartiges Dokument literarischen Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Friedrich Punt (1898-1969), Rechtsanwalt und Lyriker, lebte in Innsbruck. Er war mit Ludwig von Ficker bekannt und mit Künstlern der Brenner-Gruppe befreundet: Nie war ich ein Mensch der Politik, ich habe Scheu vor der Öffentlichkeit. Gern lebe ich einsam, frei und unbelästigt von Lob und Tadel. Wenn mich ein Wunsch nach Veröffentlichung des Zeitgenossen anwandelt, so deshalb, weil ich mein Buch als Dokument betrachte: So hat ein Mensch diesen Weltkrieg und den Nationalsozialismus innerhalb der österreichischen Grenze empfunden und bedacht. Der Geist, der beide, Krieg und Nationalsozialismus hervorgebracht hat, ist nicht tot. Er geistert noch immer über unser Festland Europa. Hie und da könnte ein Mensch durch die Schau meiner Gedichte sehend werden und gewarnt. (Friedrich Punt)

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Hermann Broch - Eine Ausstellung



Ausstellungseröffnung mit Referaten von Heinz Lunzer (Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur im Literaturhaus in Wien) und Walter Methlagl (ehemaliger Leiter des Forschungsinstitutes Brenner-Archiv). [Reihe Literatur Schätze Tirols]. Die Ausstellung kann vom 4.12. 2001 bis zum 15.1.2002 (9-12 und 14-17 Uhr) besichtigt werden.


Eintritt frei.

Eine Ausstellung der Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur, Wien, zum 50. Todestag des Autors zeigt Briefe, Texte, Bücher und Fotografien. Den roten Faden bildet die 24 Jahre dauernde Beziehung zu Ea von Allesch (1875-1953): die ersten Briefe an die Angebetete aus dem Jahr 1918, das bisher nie im Original gezeigte handschriftliche Teesdorfer Tagebuch für Ea von Allesch aus dem Jahr 1920 und 1921 und die zwischendurch gesandten Expreßbriefe der überbordenden Liebe, die nur teilweise publizierten Briefe Brochs an Ea zu Beginn und am Ende seiner Emigration. In einem zweiten Teil der Ausstellung, der vom Brenner-Archiv gestaltet wurde, wird Hermann Brochs Verbindung zu Tirol beleuchtet. 1913 sandte Hermann Broch seine ersten schriftstellerischen Arbeiten an Ludwig von Ficker, die dieser im Brenner publizierte. Als Broch von September 1935 an mehrere Monate in Mösern verbrachte, um in der Abgeschiedenheit der Bergwelt die erste Fassung des Bergromans fertigzustellen, kam es zur ersten Begegnung mit Ficker. Der Brenner-Herausgeber gehörte auch zu jenen, an die sich Broch mit seiner 1937 - 38 verfaßten antifaschistischen Völkerbund-Resolution wandte. - In der Ausstellung werden originale Manuskripte, Briefe und Fotos gezeigt.

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Die Jenischen



Montag, 10. Dezember, 17 Uhr:
Ein langer Abend über Kultur, Sprache und Literatur der Fahrenden, mit Gespräch am runden Tisch, Lesungen, Musik und Sketches.

Eintritt frei.

Vor kurzem sind in der Reihe Am Herzen Europas im Verlag für die Literatur der Wenigerheiten zwei Bücher erschienen, die sich aus verschiedenen Blickwinkeln mit der Kultur der jenischen Bevölkerungsgruppe in unserem Land beschäftigen. Heidi Schleich: Das Jenische in Tirol. Sprache und Geschichte der Karrner, Laninger, Dörcher; Romedius Mungenast (Hg.): Jenische Reminiszenzen. Geschichte(n), Gedichte. Ein Lesebuch. Gerald Kurdoglu Nitsche, bildender Künstler und unermüdlicher Kämpfer für die Rechte von Minderheiten, hat beide Bücher betreut. Eingeladen, am runden Tisch zu diskutieren, sind auch zwei Experten aus Deutschland bzw. der Schweiz: Günter Danzer (D) hat eine Darstellung der Geschichte seines Heimatortes Burgberg in Zusammenhang mit den Jenischen verfasst; Sergius Golowin (CH) sammelte mündlich überlieferte Geschichten der Fahrenden und publizierte sie als Kurztexte und Erzählungen. Der Journalist Benedikt Sauer wird aus der Sicht der Tiroler Straßenzeitung 20er eine kurzen Beitrag zum Thema liefern. Romed Mungenast und Simone Schönett lesen aus ihren Werken. Mungenast wurde 1953 in eine vielköpfige jenische Familie hineingeboren, durch seine jenischen Gedichte trägt er dazu bei, Kultur und Sprache seines Volkes zu erhalten. Die junge Autorin Simone Schönett schreibt derzeit eine Dissertation über die Jenischen, sie ist aber auch literarisch tätig und hat zuletzt den Preis Schreiben zwischen den Kulturen 2001 (Verein Exil im Amerlinghaus) davongetragen. Ihr Debütroman Im Moos (Bibliothek der Provinz) handelt von einer jenischen Großfamilie. Der lange Abend wird durch die Akkordeon-Musik von Rudi Katholnig aus Kärnten bereichert. Ein Sketch zum Thema Hausieren wird von einem Schauspielerpaar aus dem Umkreis von Günter Danzer beigetragen. Außerdem: Getränke und Speisen!


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Der Hochzeitsgast
Eine Veranstaltung der Reihe
[ wiedergehört ]



Dienstag, 18. Dezember, 20 Uhr:
Ein Hörspiel von Marie-Luise Kaschnitz. Einführung von Sieglinde Klettenhammer (Institut für Deutsche Sprache, Literatur und Literaturkritik, Innsbruck).

Eintritt frei.

Marie Luise Kaschnitz ist vor allem als Lyrikerin und als Prosaschriftstellerin bekannt geworden, weitgehend unbeachtet und unbekannt geblieben ist Kaschnitzs rege Hörspiel-Arbeit. Zwischen 1947 und 1971 wurden nicht weniger als zwanzig Hörspiele der Autorin produziert und gesendet. Kaschnitz selbst hat, wie sie in ihrer Büchner-Preis-Rede von 1955 sagt, ihre Hörspiele durchaus nicht als uneheliche Kinder angesehen, ja auch in ihren Arbeiten für den Rundfunk versucht, den Blick des Lesers auf das Bedeutsame zu lenken, auf die wunderbaren Möglichkeiten und die tödlichen Gefahren des Menschen und auf die bestürzende Fülle der Welt. Die Möglichkeit, lyrische und epische Elemente mit dem gesprochenen und getauschten Wort zu verbinden, die Konzentration auf das Wort und die Erlaubnis, mit Zeit und Ort willkürlich umzuspringen, übten für sie als Schreibende - so Kaschnitz 1962 in der Antrittsrede vor der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz - einen großen Reiz aus. Die Themen und Stoffe, die sie u.a. aus der griechischen Sage, aus dem Alten und Neuen Testament oder der Geschichte nahm, blieben dabei nie im geschichtslosen Raum, sondern wurden mit Problemen der Zeit in Beziehung gesetzt.

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