Witiko

H53, S. 61


so kann es geschehen, daß sie dem Herzoge Sobeslaw mißfallen, und daß sein Geist, der von der Krankheit getrübt ist, Anordnungen trift, die Verwirrung und Unglük im Lande erregen können. Was der junge Bote offen anstrebt, ist daher Verrath an unserem Vaterlande. Wir können [diesen] die Ausführung dieses Verraths verhindern, wenn wir den Abgesendeten von unserer Versammlung entfernen; dann bleibt aber immer der Versuch des Verrathes übrig, in welchem er in diesem Augenblike vor uns begriffen ist. Darum sage ich, daß man den Jüngling in Gewahrsam nehmen, und dem künftigen Herzoge zum Gerichte übergeben soll."

Hierauf sezte er sich nieder.

Nun stand auf der linken Seite des Saales ein Mann auf, der ein dunkelblaues Gewand einen rothen Bart und rothe Haare und eine weiße Feder auf der dunkelblauen Haube hatte. [xxx]. Der Mann rief: "Ich bin Benes!"
Randnotiz: Benes

Dann sprach er: "Wenn auch das alles zur Wahrheit besteht, was die Männer vor mir gesagt haben, so ist es [xxx] gleichfalls wahr, daß die höchsten Männer des Reiches in diesem Gemache versammelt sind, deren Name, wenn er gerufen wird, allen bekannt ist, und die das Geschik der Völker, welche in diesen Landen wohnen, in ihre Hand nehmen dürfen. Den Boten, der vor dem Tische steht, kennt niemand, und seine Jahre geben ihm auch kein Recht [für] an dieses Gemach. Es gesellt sich daher zu dem Verbrechen die Vermessenheit, und beides muß gestraft werden. Ich sage also: wartet nicht auf den künftigen Herzog, sondern sezet ein Gericht zusammen, das über ihn urtheilt."

Er ließ sich wieder auf seinen Siz nieder.

Sogleich stand in der Mitte der rechten Seite des Saales ein junger Mann auf. Er hatte blonde Loken und blaue Augen. Die schwarze Haube mit den weißen Reigerfedern hielt er im linken Arme, der ein braunes golddurchwirktes Kleid zeigte. Er rief: "Ich bin Milhost."
Randnotiz: Milhost

Dann rief er mit lauter Stimme: "Weil diese Versammlung das höchste Heil des Landes zu bewahren hat, so besizt sie die größte Würde, die es in diesem Lande gibt. Soll sie aber ihren Zwek zu Ende führen, so muß sie die höchste Gewalt sein, der niemand widerstreben kann, die niemand zerwerfen kann, ohne sich selber zu zerwerfen. Darum sage ich: lasset einen hohen Pflok
Randnotiz: Pfahl
vor dem Wysehrad errichten, und hänget diesen jungen Mann auf den Pflok, und lasset ihn [dann xxx] zum Schrek und [xxx] Beispiele hängen bis eine Stunde vorher, da der neue Herzog in Prag auf den Fürstenstuhl gesezt wird."

Der, welcher so gerufen hatte, sezte sich wieder auf seinen Plaz nieder.

Nach ihm erhob sich ein alter Mann, der in einer der vorderen Bänke saß. Er hatte ein dunkelbraunes Kleid eine schwarze Haube ohne Feder und einen langen weißen Bart. Er rief: "Ich bin Bolemil!"
Randnotiz: Bolemil

Ein sehr tiefes Schweigen entstand nach seinem Rufe, und er sagte dann: "Ich hätte jezt noch nicht geredet, weil ich glaubte, daß unsere Redenszeit noch nicht gekommen sei, weil aber meine Vormänner gesprochen haben, und die [Reihe] der Plaz mich trift, so sage ich Folgendes: Ich habe eine [xxx Reihe] große Zahl von Jahren gelebt, und habe vieles gesehen. Ich habe noch den alten römischen Kaiser Heinrich den vierten gekannt, der den Streit mit dem heiligen Vater Gregor dem siebenten hatte, und der zu gleicher Zeit mit unserem Herzoge Wratislaw lebte, welcher Herzog ein König gewesen ist. Ich habe vor mehr als fünfzig Jahren Dienste gethan, als dieser

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