Witiko

H271


Meißen. Sie sagten zu dem Vater: Gib die Kleinode heraus, die Krone und den Purpur und den Ring, daß wir sie deinem Sohne Heinrich bringen. Mein Vater fragte: Wo ist das Recht zu dem Begehren? Sie sagten: Weil du priesterliche Stellen für Geld verkauft hast, weil du in dem Banne bist, und weil alle im Reiche an Leib und Seele Schaden leiden, so wollen der heilige Vater und die Fürsten dich deiner Würde entsezen. Der Vater rief: Du, Rothart, Erzbischof von Mainz, du, Friedrich, Erzbischof von Köln, und du, Adalbert, Bischof von Worms, was habt ihr mir für [die Einsezung in] eure Stellen gegeben? Sie antworteten: Nichts. Der Vater sagte: Nun also bin ich hierin gerechtfertigt. Denn ihr hättet mir viel für eure Stellen zahlen müssen. Euch aber sage ich, befleket diese Stellen und die kaiserliche Würde nicht. Wollen die Fürsten über die andern Dinge [die Fürsten] einen Entschluß fassen, so werde eine Frist zur Untersuchung gesezt, und werde ich schuldig befunden, so werde ich selber die Krone von meinem Haupte nehmen. Die Abgesandten sagten[: E], eine Frist werde nicht gewährt, der Kaiser müsse sogleich willfahren. Darauf entfernte sich der Vater aus dem Gemache, und kam dann wieder in dasselbe zurük, angethan mit dem Purpur, die Krone auf dem Haupte, und den Ring an dem Finger. Er sprach: Der Kaiser hat sonst dem Verbrecher Frist und Gehör bewilligt, dem Kaiser w[i]erden sie nicht bewilligt. Wohlan, so nehmet, wornach euch gelüstet. Als er dieses gesagt hatte, standen die Boten, und regten sich nicht. Da sprach der Markgraf von Meißen: Unser König Heinrich hat gesagt, wenn der Kaiser schnell einwilligt, so kann sein Leben gerettet werden. Der Erzbischof von Mainz sagte: Wenn wir den Würdigsten auf den Kaiserstuhl sezen dürfen, warum sollen wir den Unwürdigsten nicht absezen dürfen? Und da dieses gesprochen war, [naheten sie dem Vater, und] nahmen [ihm] sie dem Vater die Krone von dem Haupte, zogen ihm den Ring von dem Finger, und entkleideten ihn des Purpurs. Er aber rief: Herr, ich leide für die Sünden meiner Jugend. Ihr aber habt das Amt des Rächers nicht, und die Strafe wird euch ereilen wie den[, der Christus verrathen hat.] Verräther des Herrn. Und die Boten brachten dann die Kleinode nach Mainz[. Darauf sagten], und die Fürsten und die Priester und die Abgesandten des heiligen Vaters verlangten, der Kaiser solle nun kommen, soll Buße thun, und freiwillig dem Reiche entsagen. Der Bruder ließ den Vater nach Ingelheim bringen, die Fürsten und die Versammelten gingen auch dahin. Sie droheten [ihm,] dem Vater, und sagten, er solle die Herrschaft freiwillig nieder legen. Der Vater fragte: Wenn ich das thue, werde ich dann Ruhe und Sicherheit haben? Darauf antwortete Gebhart, der Bischof von Konstanz, welcher der Gesandte des heiligen Vaters war: Nein, du wirst solange nicht Ruhe und Sicherheit haben, bis du eingestehst, daß du an der Kirche und an ihrem Haupte gefrevelt hast. Der Vater sagte: So sezet ein Gericht aus Fürsten und Priestern zusammen, daß es untersuche und entscheide. Gebhart sprach wieder: Du bleibest lebenslang gefangen, wenn du dich nicht sogleich entschließest. Der Vater sagte: Und wenn ich bekenne, und wenn ich die Herrschaft niederlege, wirst du dann den Bann von mir nehmen? Gebhart antwortete: Das ist nicht in meiner Macht. Der Vater sagte: Wer die Beichte hört, muß auch lossprechen können. Gebhart antwortete: Das wird vielleicht der heilige Vater thun, wenn du nach Rom pilgerst, und Genugthuung leistest. Nach diesen Worten fiel mein Vater auf die Knie, und rief: Um der Gnade und Barmherzigkeit des Himmels willen bitte ich euch alle um Milde und Gerechtigkeit, und an dich, Heinrich, mein Sohn, richte ich die Beschwörung, vollbringe nicht an mir das Unwürdigste und Entsezlichste. Vielen Fürsten rannen nun die Thränen von den Wangen, Gebhart blieb bei seinen Worten, [und] Heinrich, mein Bruder, sagte nichts, und blikte nicht auf den Vater. Da sprach der Kaiser: So entsage ich also dem Reiche, und werde der Kirche genügen, und nach dem Gebote der Verzeihung empfehle ich euch meinen Sohn. Sie wählten und weiheten dann darauf noch einmal meinen Bruder Heinrich [noch einmal] zum Könige. Den Vater aber ließen sie nicht fort[, sondern gaben ihn in den Gewahrsam. Er bath]. Da eine Zeit vergangen war, bath er Gebhart, den Bischof von Speier: Gib mir eine Pfründe in deinem Stifte, daß ich zum Chore gehen kann. Der Bischof verweigerte es. Und da der Vater dachte, daß sein Leben nicht sicher sei, so versuchte er die Flucht, und sie gelang ihm. Er floh nach Köln, und zog dann mit einem kleinen Geleite gegen Lüttich. [Da] Als sie auf dem Wege waren, hörten sie Jagdhörner, und der Herzog von Lotharingen, den der Vater einmal abgesezt hatte, trat ihm mit seinen Männern [in den Weg] entgegen, und sagte: Du hast sehr unrecht an mir gehandelt. Der Vater antwortete: Ich leide jezt dafür und für das Andere. Der Herzog aber sagte: Ich will zu dir stehen, der du verfolgt bist. Und er ging darnach mit allen seinen Kriegsmännern zu dem Vater nach Lüttich. Und [auch] Köln und Jülich und andere Städte erklärten sich nun für den Vater, und es kam ein Kriegsheer zusammen. Da sandte nun mein Bruder Heinrich Bothen zu dem Vater, ihn demüthig zu grüßen, und zu sagen, daß er sich mit ihm aussöhnen, und daß er bei ihm in Lüttich das Osterfest feiern wolle. Der Vater antwortete: ich vertraue dir nicht, ich bin an das Ende des Reiches gegangen, um Ruhe zu finden, und du bleibe fern, [weil dir das Volk hier feindlich ist] das Volk hier ist dir feindlich. Mein Bruder aber ging [jezt] mit einem Heere gegen Lüttich, er wurde geschlagen, und rettete [kaum] sein Leben. Der Vater ließ einen Brief ergehen, darin stand: Ich klage Gott und den Heiligen mein Leid von der Kirche; aber ich will mich ihr unterwerfen, und ihr Genugthuung leisten, und so ist die Ursache gehoben, um die mein Sohn gegen mich ist, es müßte nur sein, daß er [blos] einzig nach der Gewalt strebt. Mein Bruder sammelte wieder ein Heer, und belagerte Köln durch lange Zeit, bis Hunger und Krankheit