Witiko

H234, S. 403

[haftes die Ehre xxx von euch.] Unser Volk hat [die Ehre] sie erkannt, und hat gejubelt, als ich in das Land gekommen bin. Und weil mir der Kaiser freiwillig die Krone gegeben hat, so konnte mit euch nicht vorher des Rathes gepflogen werden. In der Krone liegt die Hoheit, und sie bringt für sich die Hoheit, und es bedarf nicht anderer Dinge oder Lasten. Zulezt nun rede ich von dem Zuge nach Italien. Friedrich ist ein Ritter voll Ansehn und Adel, wie keiner ist. Die Stadt Mailand strebt nach der Herrschaft über Italien, und wenn niemand dagegen kämpft als jene Theile Italiens, die noch nicht bezwungen sind, so wird Mailand mit seiner Macht, mit seinen Bündnissen und mit seinem Reichthum diese Oberherrschaft erlangen, und wenn dann ein mal ein schwacher Kaiser ist, der heimische Fehden zu vollführen hat, so wird Mailand, die Königin von Italien, gegen andere kleinere Länder gehen, und sie zu bezwingen streben, und wie diese Stadt jezt schon die Würde des Kaisers, welcher der König der Langobarden und aller lombardischen Städte ist, verachtet, seine Befehle höhnt, und die Städte, die dem Kaiser anhangen, belagert, und erobert und zerstört, so wird sie Allem feindselig sein, was jenseits der Alpen ist. Gegen diese Stadt nun zieht der Ritter Friedrich, der König der Deutschen, der König der Langobarden, der römische Kaiser, der Kämpfer für die Ehre, der Beschüzer der Unterdrükten, der Rächer an dem Übermuthe. Und wenn ich auch nicht bin wie Friedrich, so bin ich doch auch ein Ritter, und habe gesagt: ich gehe mit dir. Und wenn das Wunder geschähe, daß ich ganz allein ginge, daß mir gar kein Freund und gar kein Genosse folgte, so übte ich mein Recht, und ginge. Und die Welt würde sagen: In Böhmen ist ein Ritter, der König Wladislaw. Ihr habt davon gesprochen, daß nach den Sazungen und den alten Bräuchen unserer Länder keiner verpflichtet ist, in die Kriege ferner Reiche zu ziehen. Es ist so, wie ihr sagt. Ich habe aber nicht den Heeresbann unserer Länder nach Mailand aufgeboten, sondern ich habe gerufen, daß die, welche gegen die Mailänder zu ziehen gekommen sind, sich rüsten. Wer in der Heimat bleibt, der thut seine Pflicht; wer aber freiwillig als Ritter und als Streiter gegen die Unterdrüker mit mir ziehen will, der thut nach seinem Rechte. Ich [ziere] ziere ihn mit Ehre und mit den Mitteln, die dazu nöthig sind. Es werden auch solche sein, die mit Frauentändeleien und Muße zufrieden sind. Diese mögen unter meinem Frieden sicher in ihrem eigenen Hause sizen. Bozebor hat gesagt: Wer zu solchen Dingen den Rath gegeben hat, der verdient an das Kreuz geschlagen zu werden. Es ist niemand da, der an das Kreuz geschlagen werden könnte; ich habe nach keines Menschen Rath gehandelt."
Nach diesen Worten sezte der König seine Haube auf das Haupt, und ließ sich auf seinen Siz nieder.
Es wurde aber jezt ein Rufen, durchdringender als jenes, das war: "Wir ziehen," "wir ziehen," "wir ziehen."
"Glük, Heil, Ehre Wladislaw, dem großen und mächtigen Könige," wurde gerufen.
"Glük, Heil, Ehre Wladislaw, dem großen Könige," riefen sie wieder.
Da stand Witiko von seinem Size auf.
Als es stille geworden war, sprach er: "Ich rede noch von einem Dinge, das in dem menschlichen Leben groß und erhaben ist, und das weit über die Wohnung eines Menschen und über das Leben eines Menschen hinaus reicht: vom dem Ruhme. Wenn ein Mann, wenn viele Männer, wenn ganze Völker etwas Außerordentliches thun, das preiswürdig ist, dann kömmt es in den Mund und auf die Zunge der Menschen. Sie reden davon, sie preisen es, und einer sagt es dem anderen, und wieder sagt es einer dem anderen, und das Reden und das Preisen geht durch die Länder und durch die Reiche dahin. Und der Mann und die Männer und die Völker, die das Außerordentliche gethan haben, stehen in der Bewunderung und in der Liebe der Menschen, und ihr Ansehn und ihre Ehre und ihre Macht wächst gegen die Wolken. Dann kommen ihre Thaten in das Lied, und das Lied wird von den Menschen gesungen, und sie freuen sich des Liedes und der Thaten. Und die Lieder werden mehr, und tönen in Zungen vieler Völker. Und wenn die, welche die Thaten verachtet haben, schon längst in der kühlen Erde ruhen, dauern noch die Erzählungen fort, und tönen noch die Lieder fort. Und die Menschen haben die wunderbare Kunst erfunden, ihre Worte, ihre Erzählungen, ihre Lieder auf Papier auf Pergament zu schreiben, in Erz und Stein zu graben, und durch die Augen dessen, der das Geschriebene liest, gehen die Worte in den Sinn und in das Herz in der Bedeutung, wie sie gesagt und gesungen worden sind. So haben Männer schon vor unseren Zeiten das, was geschehen ist, aufgeschrieben, und in unseren Zeiten schreiben Männer das, was geschieht, auf. Und von einem Pergamente kann es auf ein anderes, von einer Tafel auf eine andere geschrieben werden. Und durch diese Erfindung und durch das, was noch erfunden werden wird, geht das Wort in ferne Räume und in unabsehliche Zeiten fort, und trägt den Inhalt mit. Das wirkt ein so unscheinbares Ding, wie das Wort ist, so wie nicht das Toben der Menschen das Dauernde hervor bringt, sondern ihre Ruhe und ihr Maß. Das Wort ist stärker als die Wurfschleuder, und die Mäßigung besiegt den Erdkreis. Wenn wir zu dem Zuge nach Italien gehen, und wenn der Hochmuth der stolzen Stadt nieder geworfen ist, und wenn die Schaaren, die gesiegt haben, das schöne Land beherrschen, und die Zucht [in dem L] und das Recht in ihm wieder eingeführt ist, dann kömmt unser Land in die Erzählungen der Völker, weil es sichtbar vor allen Völkern ruhmwürdig gehandelt hat, es kömmt in die Lieder, es kömmt in die Schriften und durch die Schriften in die kommenden Zeiten, und unser Volk steht geachtet und stark unter den anderen Völkern da. Damit wir aber das erreichen, müssen wir vereinigt sein, und nicht jeder darf einem anderen Sinne nach gehen und die Ziele zerstreuen. Und die Glieder des Bundes müssen vereint sein. Wären die Christen unseres Erdtheiles [einig] gegen die Ungläubigen einig, und stünde das griechische Reich aufrichtig zu uns, so wäre das Königreich Jerusalem gesichert und groß, [seine] die heiligen Länder wären bei den Gläubigen, und könnten ihnen nie entrissen werden. So aber, wenn ein starker Mann unter den Heiden aufsteht, und sie einigt, kann das Gefährlichste geschehn. Darum bin ich nicht zu dem lezten Zuge in das Heilige Land gegangen, weil ich gesehen habe, daß er, wie die Dinge waren, nicht zum Ziele kommen kann. Und er ist nicht zu dem Ziele gekommen. Aber zu dem Zuge nach Mailand gehe ich. Friedrich, Wladislaw, Heinrich und die anderen ordnen die Dinge, daß wir siegen, und Alles erreichen, und wenn wir heim kehren, wird unser Helm, unser Schild, unser Schwert und unser Panzergewand von Ehre leuchten."
Er sezte sich nach diesen Worten wieder auf seinen Stuhl.
Sehr viele Stimmen aber riefen: "Witiko, Witiko, Witiko."
Dann riefen andere: "Wir ziehen mit, wir ziehen mit."
Dann riefen Stimmen: "Verzagte bleiben."
Dann sprang Kochan auf, und schrie, daß es alles Rufen übertönte: "Laßt mich reden."
Und da er nicht gehört wurde, schrie er noch stärker: "Laßt mich reden."
Und das wiederholte er mehrere Male.
Und da man ihn nun vernommen hatte, und da es stiller geworden war, rief er: "Ich habe