Witiko

H225, S. 287


hinab, ich werde dir zeigen, was gebaut wird, und was man sonst errichtet, und werde dich zu manchem Manne führen, der da gilt."

"Ich werde kommen," sagte Witiko.

"Jezt aber," sprach der Ritter vom Kürenberge, "lasse uns vorwärts reiten, ehe der Weg den Zug in das Thal führt, daß wir Heinrich von Oftering erreichen. Das Büblein ist ein hochgemuther Degen [xxx] er waltet in Sang und Saiten und Waffen. Wir müssen mit ihm reden."
"Thun wir, wie du sagst," entgegnete Witiko.

Und Witiko verabschiedete sich von den Männern, die neben ihm ritten, und er und der vom Kürenberge ließen ihre Pferde schneller gehen, bis sie zu dem Jünglinge mit dem blauen Gewande und auf dem weißen Pferde kamen, der neben Thiemo ritt, und den Namen Heinrich von Oftering hatte.

Sie grüßten Heinrich, und Heinrich grüßte entgegen, und sie begannen zu sprechen.

Der Zug des Markgrafen ging noch mehrere Zeit xxx auf einem ebenen Waldwege fort, dann ging er [an] in dem Walde hinab in ein enges Thal, in welchem ein Bach rauschte. Sie zogen an dem Bache fort, bis sie in das weitere Thal kamen, in welchem die Donau floß. In dem Thale ritten sie dem Donauwasser entgegen in das neue Münster, welches Leopold, der Vater des Markgrafen gestiftet hatte, in dem Vorhofe des Münsters stiegen sie von den Pferden, die Pferde wurden Knechten zur Wahrung übergeben, und Hartmann, der Abt, kam herzu, und geleitete den Markgrafen und [die Markgräfin] [seine] [Gemalin und seine] Gemalin und seine Mutter und die Ritter und die Frauen und Jungfrauen in die Kirche. Dort wurde ein feierlicher Gottesdienst gehalten. Nach dem Gottesdienste gingen [Agnes und xxx] die Herren und Frauen und die Geleite in den großen gezierten Saal, und es wurde Wein, und es wurden Speisen gereicht. Und die Gäste und der Abt und die Priester sprachen mit einander. Da dieses geendiget war, stiegen der Markgraf und die Markgräfin und [die Geleite wieder] alle, die von dem Kahlenberge gekommen waren, auf die Pferde, und ritten wieder ihres Weges auf den Kahlenberg zurük.

Dort wurden die Pferde in die Ställe gebracht, und die Reiter und die Reiterinen gingen in die Burg.

Als die Mittagszeit gekommen war, wurde in dem Saale ein großer Tisch gedekt, und an dem Tische verzehrten die Herrn und die Frauen aus der Stadt und die Herren und die Frauen [aus] aus der Burg das Mahl.

Als das Mahl vorüber war, sprachen die Alten, scherzten die Jungen, und manche lustwandelten in dem Walde.

[Ehe die Sonne gegen den Abend rükte,] Und [als] da der Nachmittag gegen den Abend hinzu ging, ritten die, welche aus der Stadt Wien gekommen waren, wieder in die Stadt zurük, und manche Männer der Burg und auch Witiko geleiteten sie über die Höhe des Waldes hinab.

Dann ritten sie wieder in die Burg zurük.

Witiko lernte nun die Männer und Herren der Burg kennen, und schloß mit ihnen gute Genossenschaft und Verbindung. Und die Namen der Frauen und Jungfrauen lernte er nennen, und er war, wenn es die Sitte fügte, in ihrer Gesellschaft, und diente ihnen in Ritterweise, wie es die Andern verübten.

Als mehrere Tage nach dem Gottesdienste in dem neuen Münster verflossen waren, ritt er mit Raimund in die Stadt Wien hinunter. Er ging zu dem Fiedler vom Kürenberge und mit ihm zu dem Ritter Heinrich von Oftering, und sie wandelten dann in der Stadt herum. Sie zeigten ihm den Bau des Markgrafen, wie noch immer geschaffen wurde, das Haus in den Stand zu sezen. Sie zeigten ihm die Kirchen und dann die Häuser, die schon von alten Zeiten her standen, und die, welche neu empor gerichtet wurden. Er sah die Menschen in den Gassen und auf dem freien Plaze, Frauen, Jungfrauen, Herren, Ritter, Reisige, Knechte, Männer der Stadt, Arbeiter, Jünglinge und Kinder. Er sah Werkstätten der Waffen, der Geschmeide, der Edelsteine, der Stoffe und Gewänder. Er sah Hütten, in denen zierliche Dinge aufgestellt waren, und Schenken, wo Leute zechten, und Wein und Bier und Meth und Speisen verzehrten. Es waren Harfner und Fiedler an manchen Orten, und spielten lustige Weisen. Die Reiter lenkten ihre Rosse durch die Menschen dahin, und auch manch ein Wagen wurde von [Ros] Pferden oder Ochsen gezogen. Es war ein Lustwagen alter Leute oder ein Wagen, der nöthige Dinge trug. An einer Stelle sang ein Mann Lieder von einem Gerüste herunter, und viele hörten ihm zu, und an einer andern Stelle tanzten [zu Fiedeln] auf Brettern zu [dem Klange von Fiedeln] Fiedeln bunte Männer und Frauen. Die wandelnden Krämer schrien ihre Waren aus, die sie trugen. Auch manchen fremden Mann und manche fremde Frau sah Witiko in der Tracht des Landes Ungarn oder der Länder

Seite vertikal mit Stift gestrichen