Witiko

H225, S. 288


Böhmen und Mähren oder des deutschen Reiches, wo es weiter gegen den Abend hinaus lag, die in die Stadt des Hofes der Babenberge gekommen waren. An den Enden der Stadt waren Gärten mit grünen Bäumen und mit Blumen und mit Wegen zum Wandeln und mit Gemüsen und mit Früchten.

Witiko wurde von seinen Genossen auch zu Herren geführt, zu Chunrad von Asparn, zu Werinhard von Brun zu Udalrich von Marbach [und] zu Wolftrigil von Stein[.] und auch zu dem alten Thiemo von der Aue. Er hielt sein Mittagessen mit mehreren der Herren, und ritt am Abende wieder auf den Kahlenberg zurük.

Und so kam Witiko nun öfter in die Stadt herab, und übte mit seinen jungen Genossen ihre Bräuche, und zeigte ihnen, was in seinem Lande üblich war, und nahm auch an ihrer Kurzweil Theil, und ging auch zu älteren Rittern und Herren des Landes, und sah Frauen und Jungfrauen, und redete mit ihnen. Zu Zeiten kamen einige auf den Kahlenberg hinauf, und pflegten mit den Rittern der Markgräfin und mit Witiko ihrer Gewohnheiten.

Einmal war ein Fest des Hofes. Es war auf dem grünen Anger, vor den Häusern der xxx, die außerhalb der Stadt lagen. Schranken und Size und Söller und Dächer aus Stoffen waren errichtet, und der Markgraf saß auf seinem Stuhle, und neben ihm die Markgräfin, und um sie die Herren und Frauen des Hofes und die hohen Männer und Frauen des Landes und viele Ritter mit den Ihrigen. Von dem gezierten Gerüste mit Bannern und Flittern ließen sich in prächtigen Gewändern die Ritter auf der Fiedel hören oder auf der Harfe, oder sie sangen ihre Gesänge. Auch der vom Kürenberge und Heinrich von Oftering übten die Fiedel und ihren Gesang. Und Preise wurden ausgetheilt in Gold und in Seide und in Kleinodien und in Eisen. Dann war das Turnier. Witiko ritt auf seinem grauen Pferde und einem schönen Sattel, dessen Schämel Goldränder hatten, in die Schranken. Er trug einen Ringpanzer und einen Helm mit Goldzierden und am Arm einen weißen Schild, darauf die Waldrose war, die [die] fünf kleine[n] dunkelrothe[n] Blätter hatte. Er erstritt sich den Preis einer Binde aus Goldbarten und Troddeln und edlem Gestein, die ihm die schöne Markgräfin reichte. Heinrich von Oftering und der Ritter vom Kürenberge erhielten Preise. Thiemo von der Aue, der eine weiße und eine rothe und eine grüne Feder trug, der einen glänzenden Harnisch hatte und schöne Schienen und einen gelben Schild, und der um den Harnisch eine veilchenblaue Schärpe gewunden hatte, was die Farbe des Fräuleins von Hartheim ist, legte drei Ritter in den Sand, und empfing einen großen Preis ein<e>s Schwertgürtels aus Gold und edlen Steinen. Und viele Ritter erhielten an diesem Tage Gaben, und viel Volk durfte den Spielen zuschauen, und freute sich daran.

Als dreißig Tage verflossen waren, seit Witiko auf dem Kahlenberge wohnte, als er und seine Mutter über Alles geredet hatten, was ihnen in dem Sinne und in den Gedanken war, und als er [angesezt hatte] sie sich geeint hatten, was er noch in den Besizthümern thun [werde] solle, rüstete er sich zu der Abreise. Er verabschiedete sich von der Frau Markgräfin. Sie sagte zu ihm: "Wandere mit Gottes Gnade, Witiko, und bleibe gut, wie du gewesen bist. Denke an das, was ich dir gesagt habe, denke auch an meinen Vater, und bethe für ihn, er ist von schöner Gestalt gewesen, sein Geist hat viele Gaben gehabt, und von seinen Lippen sind anmuthige Worte gegangen, und er hat so Herbes erdulden müssen."

"Ich werde deß denken, hocherhabene Frau," sagte Witiko.

Sie gab ihm ein leuchtendes Gewand und eine schöne Helmzier zum Geschenke.

Dann nahm er in Lieben und Trauern von seiner Mutter Abschied. Sie [gab] reichte ihm in einem sammetnen Beutelchen, [das sie selber gestikt] dessen Stikerei sie selber gemacht hatte, vom Golde und Silber, wie sie es vermochte. Er nahm es mit Dankbezeugung an.

Darauf verabschiedete er sich von den Herrn und Frauen der Burg und von der Dienerin seiner Mutter, Lutgart.

Dann brachte er seine Habe in Ordnung, übergab sie einem Säumer, und ritt mit Raimund in die Stadt Wien hinab.

In derselben verabschiedete er sich von seinen neuen Genossen, insbesondere von dem Ritter vom Kürenberge, von Heinrich von Oftering und von Werinhard von Brun.

Dann ritt er mit seinem Knechte aus der Stadt Wien mitternachtwärts hinaus, ritt über die lange Donaubrüke, und schlug den Weg nach dem oberen Plane ein.

Geschwungene Klammer zeigt das Kapitelende an Seite vertikal mit Stift gestrichen