Witiko

H209



Des andern Tages tönten die Zeichen zu [der] einer Versammlung in der Kaiserburg. Die [geistlichen und die weltlichen] Herren zogen [mit ihren Geleiten gegen] von dem Lager in die Stadt. Der Herzog Wladislaw [und] ritt mit einem festlichen Gefolge, und mit Zdik und Welislaw und Odolen[, in prachtvolle Gewänder gekleidet, ritten mit einem festlichen Gefolge auch] [und Witiko] und Witiko und den Kaplänen in schönen Gewändern dahin. [Neben Witiko ritt Wolfgang, der junge Ritter von Ortau. Eine unermeßliche Menge von Menschen war neben dem Wege.] Neben Witiko ritt Wolfgang von Ortau. Sie sahen unzählige Menschen an ihrem Wege<.> Sie ritten in die Burg hinauf, und ritten durch das Thor neben dem alten Heidenthurme in den Hof. [Bei der] Da sahen sie eine Linde inmitten des Hofes, welche schon hundert Jahre stand, und welche von der Kaiserin Kunigunde gepflanzt worden war, bei der Linde stiegen sie von den Pferden, und die Pferde wurden auf einen Plaz vor der Burg geführt, um dort zu harren. Die Männer aber stiegen die Treppe zu den Gemächern an dem Kaisersaale empor. Da man sich sammelte, und da die Geleite [warteten] harreten, stand Witiko mit Wolfgang an einem Fenster gegen den Hof, und Wolfgang zeigte ihm die Ankommenden[, die an der Linde abstiegen], und sprach: "Siehst du, der Mann in den veilchenfarbnen Gewändern mit den grauen Haaren, dem man jezt an der Linde von dem milchweißen Zelter hilft, ist Albero, der Erzbischof von Trier, der dem Könige Konrad in dem ersten Sachsenkriege mit Wein einen großen Dienst geleistet hat. [Man sagt, daß er zu der rechten Zeit immer das Nüzliche thue.] Der andere in dem vergoldeten Harnische mit dem Kreuze[, der ihm auf seinem braunen Pferde vorzureiten bestrebt war,] ist Markolf, der Erzbischof von Mainz. Er ist immer schnell, [er] und wird [den anderen] Albero auf der Treppe [über]einholen. Die zwei, die jezt in schimmernder Rüstung beim Thore herein reiten, sind der Markgraf Hermann von Baden und der Pfalzgraf Hermann am Rheine. Der auf dem schwarzen Pferde ist der Pfalzgraf. Der Mann auf dem Maulthiere, der ihnen [bescheiden] ausweicht, und der den breiten [rothen] Hut trägt, und um den Priester sind, ist der Schwabe Dietwin der Cardinal, den der Papst Innocenz nach Deutschland gesendet hat. Er hat unsern König Konrad am dreizehnten Tage des Monates März im Jahre des Heiles 1138 gekrönt. [Siehst du, so veränderlich sind die Schiksale der Menschen.] Der ist der nehmliche Cardinal, der [in einer früheren Zeit] vor Jahren den Bann über Konrad ausgesprochen hat[te]. Nun kömmt mit seinen bunten Leuten Ludwig, der Landgraf von Thüringen[. Er sizt in aufrechter Stellung auf seinem Schimmel, und trozt. Man hat ihm in dem Kriege recht lange nicht getraut.], den sie den Eisernen heißen[,]. [e]Er sizt sehr aufrecht auf seinem Pferde[, und man hat ihm lange mißtraut.]. Wenn wir vor seinen [vielen] Leuten die andern, die kommen, wieder sehen, werde ich sie dir nennen. Der nun [v] durch Reisige und Priester von seinem Pferde gehoben wird, ist Egibert, der Bischof von Bamberg, und der noch auf dem braunen Zelter sizt, mit den weißen Haaren unter dem Helme und dem Harnische über dem Priestergewande ist Embriko, der Bischof von Würzburg. Die alle werden in dem Zuge gegen Böhmen mit gehen. Sie sind nicht immer so zahlreich gekommen. Vor vier Jahren ist es noch anders gewesen. Da der König Konrad im Beginne seiner Herrschaft auf dem Hoflager in Augsburg war, kam der stolze Herzog Heinrich von Baiern mit so großen bewaffneten Schaaren, daß der König in der Nacht vor ihm entfliehen mußte. Auch auf den Hoftagen zu Würzburg und zu Goslar zauderten sie noch; aber der König Konrad [der] von dem neuen Geschlechte der Hohenstaufen, konnte sich eine solche Würde geben, und gewann solche Macht, daß sie endlich fast alle zu ihm gingen. Euer gestorbener Herzog Sobeslaw ist frühe an seiner Seite gewesen. Mein Vater hat ihm vom Beginne treu gedient. Der auf dem goldlichten Pferde dort ist der reiche Graf von Namur, und der im blauen Gewande der Graf von Kleve. Da kommen die von Zütphen und Rinek, und der dort auf dem schwarzen Zelter mit Männern herein reitet, ist der Bischof von Utrecht. Er ist [gewöhnlich] zumeist der lezte. Und wenn auch noch [Herren] Leute herein dringen, so ist es Zeit, daß wir in den Kaisersaal gehen, weil dort jezt die Sammlung sein wird."

Und Witiko und Wolfgang traten in den Kaisersaal.

Der Saal war mit Männern gefüllt. Die Geleite, welche sich sehr drängten, wurden nun verabschiedet, und entfernten sich. Die Herren suchten sich an [dem Tis] einem Tische zu ordnen.

Wolfgang sagte zu Witiko: "Siehe den Mann dort an dem ersten Fenster, der nicht zu groß ist, und die lichten Haare um die Stirne hat[, und die feine verbrämte Augsburger Wate trägt]: der ist jezt ein sehr gewaltiger Mann, wenn auch sein Vater Büren, obgleich [er] von edlen [Männern stammte] Stamme, doch im Beginne selber nur ein edler Mann war. Er ist der Herzog Friedrich von Schwaben, der Sohn der Agnes, die noch auf dem Kahlenberge bei Wien lebt, der Tochter des Kaisers Heinrich des vierten, er ist der Bruder unsers Königs Konrad, und der Stiefbruder der Kinder des gestorbenen frommen Markgrafen Leopold von Österreich, also auch eurer Herzogin Gertrud, und also der Schwager deines Herzoges Wladislaw. Der [von ihm der dritte steht, und mit dem Ritter in der schwarzen Rüstung spricht [mitten im Gewühle] siehe sie, er ist noch sehr jung, er scheint fast ein Knabe zu sein, der heran gewachsen ist, wir können seine blauen Augen sehen, und er hat eine weiße Haut und rothe Wangen und blonde Haare. Einige heißen ihn einen jungen Helden, weil er [schon Kriegsthaten gethan hat.] ganz allein schon Männer sieghaft geführt hat. Er] mit dem schwarzen Ritter spricht und die blauen Augen und die blonden Haare und den jungen blonden Bart hat, den einige einen Helden nennen, weil er schon Männer siegreich geführt hat, ist Friedrich, der Sohn des Herzogs von Schwaben[. Er ist etwa [so] gar so [sehr] jung nicht mehr, als er scheint. Wenn du bei ihm wärest, würdest du [den goldfahlen Flaum] goldfahle Haare um sein Kinn und auf seiner Lippe sehen, weßhalb sie ihn den Rothbart nennen], den sie den Rothbart nennen. Der dort[, wo die] am Ende der Bank [zu Ende geht], mit dem Rüken an der Vertäflung [sich mit dem Rüken an die Schnizerei lehnt, und das Priestergewand so gebauscht über der Brust trägt], ist Arnold, der Erzbischof von Köln, und der Blonde, |der|1 mit ihm spricht[, nicht der mit den schwarzen Haaren, sondern der größere mit den blonden bloß auf dem Haupte und dem feinen Angesichte], ist Otto, der Bischof von Freisingen. Er ist ein Sohn der Agnes und des frommen Markgrafen Leopold, und also ein Halbbruder unsers Königs. Man sagt, daß er auf alle Begeben-
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