Witiko

H201, S. 255b

"Ich werde doch Witiko in der kurzen Zeit nicht vergessen haben," sagte der Mann, "sei gegrüßt, edler Falke."

"Sei gegrüßt, Rudolph," sagte Witiko, "ich hoffe, daß du noch so heiter bist wie immer. Zeige dem Bischofe unsere Gegenwart an, ich bringe ihm Erhebliches."

"Sei nur getrost und beruhigt, mein Kind, ich habe dich schon empfohlen," sagte der Thorwart, und ging in sein festgewölbtes Gemach, neben dem Thorbogen. Der gewappnete Mann, den er Hanns genannt hatte, kletterte mit seinem großen Körper in eine Art Verschlag, und verschwand darin.

Rudolph sagte zu Witiko: "Gehe durch die Rathalle in den rothen Saal neben der rothen Stube, und warte dort."

Mit diesen Worten entfernte er sich durch ein kleines Pförtchen.

Witiko aber ging mit seinen Genossen aus dem Hofe durch eine breite Pforte über eine breite Treppe empor. Er führte sie über eine große Hausflur, und durch ein Gemach mit vielen Stühlen und Pulten in einen Saal, welcher mit rothem Marmor gepflastert war. An den Wänden liefen Bänke hin, die gelbe Bölster hatten. Sonst enthielt der Saal nichts außer noch eine andere Eingangsthür, als durch die Witiko gekommen war. Durch eine [weitere] dritte offene Thür sah man aus dem Saale in eine sehr große Stube mit vier Fenstern, die ganz mit abgeblaßter rother Seide beschlagen war, und viele Bänke und Gesiedel mit gleicher Seide enthielt. Die Fenster des Saales und der Stube sahen über den Inn auf die jenseitigen Berge hinaus.
Randnotiz: die Berge die an dem |rechten Ufer des Inn standen|

Witiko blieb mit seinen Begleitern in dem Saale mit dem rothen Fußboden und den gelben Bänken stehen.

Nach einiger Zeit kam aus der Seidenstube ein Mann heraus, der eine hohe Gestalt braune Haare einen braunen Bart und ein längliches Angesicht hatte. Er war in ein weites veilchenfarbenes Gewand gekleidet, über welchem er ein goldenes Kreuz trug. Hinter ihm gingen zwei Kämmerlinge. Als er die drei Männer in dem Saale erblikt hatte, gab er den Kämmerlingen ein Zeichen, die darauf durch die rothe Stube in ein weiteres Gemach zurük gingen.

Von den dreien aber ging der Mann in dem braunen Gewande gegen den, der aus der Seidenstube getreten war vorwärts, während Witiko seitwärts und der Knecht Raimund hart an der Ausgangsthür stand.

Er nahm die Haube von seinem Haupte, blieb stehen, und sprach mit laut tönender Stimme: "Hochehrwürdiger Bischof von Passau, hochedler Herr und Graf von Peilstein und Hagenau, geweiheter Priester Regimbert, ich komme zu dir im Gewande Jakobs, da er aus Isaks Hause vor Esau in die Wüste floh."

"Hochehrwürdiger Bischof und theurer Bruder Zdik," antwortete der Bischof von Passau, "du bist es! und wenn du in dem Gewande Lazarus kämest, so wärest du der erste Gast dieses Hauses, und es stände unter deinen Befehlen."

Er legte die Hände auf die Schultern des braunen Mannes, und küßte ihn auf die Stirne. Der andere
Randnotiz: legte xxx
gab den Gruß in gleicher Weise zurük.

Dann sprach Zdik: "Jezt bitte ich nur, daß ich den Panzer, welchen ich seit Wochen unter diesem leichten Kleide trage, ablegen, und Gott in Gewändern dienen kann, die sich ziemen."

"In Passau bist du an Ehren und Empfängnissen Regimbert gleich," sagte der Bischof, "in deinem Lande sind die Zeichen auf die höchste Spize gekommen."

"Ich habe meine Hand, welcher Gott die Macht gegeben hat," antwortete Zdik, "erhoben, und habe den Bann über das Land Mähren und dessen Fürsten aus gesprochen, und irre nun auf der Flucht vor den Mördern jenes [Landstriches."] Erdstriches."

"Es wird die Kirche aus der Fährlichkeit in Herrlichkeit hervorgehen," sagte der Bischof, "und die in Hagenau sind, und die in Peilstein sind und in den andern Besizungen, und

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