Witiko

H110, S. 107c


bestreute es, und aß es. Bei allgemeinen Angelegenheiten half er mit, wenn nach wüthigem Schneewehen ein Weg auszubrechen war, wenn in dem tiefen Schnee hohe Reiser zu steken waren, um die Richtung anzuzeigen, in der sicher gegangen werden kann, oder wenn Waldthiere verscheucht werden sollten.

Indeß waren die Tage länger geworden. Die blaue Seewand stand im Abendgolde, wenn sonst schon um dieselbe Zeit das Licht auf der Leuchte sein mußte, die Sonne brannte in den Föhren des Morgens, wenn sonst in der Stunde noch die Finsterniß bei den Fenstern herein sah. Der Wald regte sich: Der Ruf des Wolfes, der in Winternächten nahe war, konnte nicht mehr vernommen werden, dafür hörte man den Schrei des Hirsches des Auerhahnes und auch das Zwitschern manches Vogels.

So war der Lenzmonat gekommen. Seine ersten Tage brachten laue Winde, die den Reif von den Wäldern weg nahmen, daßt sie dunkel in dem weißen Schnee standen, und weite braune Streifen zeigten, welche Buchenstände waren, in denen die Knospen der künftigen Blätter schon schwellen. In der Mitte des Monates rann der Schnee als Wasser in die Thäler, oder sikerte in die Erde, daß endlich nicht mehr die kleinste Hülle zu sehen war. Nun stand der Kreuzberg in dunklem Graugrün da, und das kahle Thal enthielt Wiesen und Felder. Der höhere Theil hatte Felder, die braun waren untermischt mit den grünen Streifen der Wintersaaten, der untere hatte Wiesen, die fahl waren, und weithin die blaue Schlange der Moldau zeigten.

Die Arbeiten des Lenzes begannen, und es regten sich im Freien Menschen und Thiere.

Die Wintersaaten wurden grüner, die Sommersaaten keimten, und die Wiesen färbten sich dunkel. Der Waldkirschbaum, der im Herbste die kleinen schwarzen Kirschen bringen sollte, war mit weißen Blüthen überdekt, die Schlehe und der Kreuzdorn blühten, der Holzbirnbaum und der Waldapfelbaum begannen auch, die Tannen sezten die neuen lichtgrünen Sprossen an, und endlich öffneten sich auch die Blumen der lichteren und dunkleren Waldrose mit den fünf Blättern, die an dem Hage des Waldes dahin stand.

Jezt gingen die Heerden des Ortes mit ihren Hirten in die Wälder empor, wo Rasen zwischen den Föhren und andern Bäumen war, die Kinder spielten in der freien Luft, und die Mädchen sangen, wenn sie das junge Gras aus dem Walde brachten. Sie trugen nicht wie tiefer im Lande die weiten Gewänder sondern

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