Witiko

H67, S. 74a


dreihundert Mährer zu einem Reichstage geladen und sie dann als Geiseln zurük behalten? Ich rede nicht von der neuen Zeit [gegen unsere Tage her], [diese hat] der [ehrwürdige] Leche Bolemil hat sie uns schon geschildert. Ich erwähne nur eines Dinges, der gräßlichen Vertilgung des mächtigen Stammes der Wrse durch den fürchterlichen Swatopluk. Sind solche Dinge [xxx?"] möglich, wenn nicht einer [über alle Herren des Landes herrschen will?] der Herr aller Herren der Länder ist?"

Ein großer Beifall brach nach diesen Worten aus, und viele Stimmen riefen: "Ja, so haben sie gethan, so ist es [gewesen."] geschehen. Sie waren immer gegen uns."
Randnotiz: Drslaw1

Nach Bohus stand Drslaw auf, und sagte: "Wenn wir Wladislaw nicht nehmen, so nehmen wir Sobeslaws andere Kinder noch weniger, da sie kaum noch Knaben sind."

"Wir nehmen sie nicht, wir nehmen sie nicht," riefen [mehrere] vielfältige Stimmen.

Nach Drslaw erhob sich in der zweiten Reihe ein alter Mann mit weißen Haaren, die ein mal blond gewesen sein mochten, und mit dunkelblauen Augen. Er trug ein schwarzes Gewand ohne Feder. Er rief: "Ich bin Mir[o]eta aus dem Mittage Mährens."
Randnotiz: Mireta2

Dann sprach er: "Wenn wir nur [immer] Klagen anführen,
(1) [xxx]
(2) kommen wir nicht zu unserem Ziele. Einmal war es anders. Da alle Völker zu Hause in [xxx]
(3) kleinen Stämmen ihres Lebens pflegten, konnten auch wir ohne Haupt in der Heimath unsere Dinge thun, und nur gelegentliche Angriffe abwehren, jezt aber, wo die Stämme um uns sich geeinigt, brauchen wir auch einen Herzog, der uns gegen sie einigt, und der unser Land darstellt.
Ich schlage vor, daß wir den Fürsten von Znaim Konrad den Sohn Lutolds des Bruderssohnes des Königs Wratislaw wählen. Wir, die wir in dem Mittage des Landes Mähren wohnen, kennen den Fürsten. Seine Mannesjahre neigen sich zur Mäßigung und Festigkeit. Er hat in dem Unglüke Erfahrungen gesammelt und ist in sich [gewendet] gekehrt worden. Der erlauchte Herzog Sobeslaw hat ihn, da er zu weit über seine Rechte strebte, sechs Jahre, und zwar zuerst hier auf dem Wysehrad und dann bei Heinrich von Groitsch in Haft gehalten. Er hat Strafe kennen gelernt, [xxx] und [er] ist in den weitern sechs Jahren, die er wieder bei uns wohnte, mild gegen uns und achtungsvoll gegen unsere Rechte [gewesen.] geworden. Viele Lechen aus dem Lande Mähren wie Drslaw Zibota Soben Treba Stibor werden mir beistimmen."

"Ja wir stimmen ein," riefen [m]Mehrere in dem Saale.

Nach dem alten Mirota stand ein Mann in den mittleren Jahren auf. Er trug ein sehr grobes gelbgraues Wollkleid und eine Wolfsmüze. Er rief: "Ich bin Osel aus dem Mittage Böhmens ein kleiner Besizmann, und sage, daß wir lieber einem Herzoge [lieber] mit Gut und Waffen steuern als
(1) einem Lechen[, |der uns drückt,|] lassen."
(2) uns von einem Lechen |drücken| lassen."
Randnotiz: Osel3

Nun erhob sich ein alter Mann in der ersten Reihe, welcher weißgraue Haare blaue Augen und ein röthliches Angesicht hatte, und dunkelbraune Sammetkleider trug. Er rief: "Ich bin Znata der Sohn des Tas!"
Randnotiz: Znata4

Ein Ruf des Beifalls entstand bei diesen Worten.

Dann sagte Znata: "Wenn wir Wladislaw den Sohn unseres erlauchten Herzoges Sobeslaw nicht [zu dem] als Nachfolger seines Vaters wählen, so schlage ich einen andern Wladislaw vor, nehmlich Wladislaw den Sohn des gütigen und milden Herzogs Wladislaw, den Enkel des Königs Wratislaw, den Bruderssohn des jezigen Herzogs Sobeslaw. Er ist der Sohn des Mannes, welcher auf seinem Sterbebette seinem Bruder Sobeslaw alle zugefügten Kränkungen verzieh, und ihn zum Herzoge machte, der jezt selber im Sterben liegt, er ist der Sohn des Mannes, der in sechzehn Jahren seiner Herrschaft kein Blut vergoß, der wohlwollend und gerecht war, und der freiwillig für seinen Bruder Boriwoy von dem Fürstenstuhle stieg. [xxx] Er ist heiter und freundlich wie sein Vater, er liebt uns und unsere Angehörigen, und er wird unsere [xxx] geziemenden Ansprüche [xxx."] erfüllen."

Ein langer starker Ausdruk der Freude erschallte nach dieser Rede in der Versammlung.

Als er sich gelegt hatte, stand Slawibor auf, und sagte: "Ich denke, daß wir doch auch nicht auf Wratislaw von Brünn vergessen sollen, damit wir seine Ansprüche und [seine] Eigenschaften gerecht und genau prüfen."
Randnotiz: Slawibor5

"Ja wir sollten sie auch prüfen," riefen mehrere Stimmen.

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