Witiko

H57



"So will ich dir sagen, mein Kind, was ich weiß, und was ich offenbaren kann, reite dann zu dem Herzoge, und verkündige es ihm," sprach der Bischof.

"Das hieße ja nicht ergründen, was sie vorhaben, und dem Herzoge die rechte Botschaft bringen," antwortete Witiko, "da ihr selber sagt, hochehrwürdiger Bischof, daß ihr nicht alles wißt, und nicht alles offenbaren könnt."

"Nun, und wie willst denn du es ergründen?" fragte der Bischof.

"Ich werde in die Versammlung gehen, und werde hören, was sie sagen, und beschließen," entgegnete Witiko.

"Das willst du thun!" rief der Bischof, "armes Kind, sie werden einen Spruch über dich fällen, und nach dem Spruche verfahren."

"Das weiß ich nicht," sagte Witiko, "aber ich muß auszuführen streben, was ich dem Herzoge versprochen habe."

"Und wie kann denn ich dabei dir helfen?" fragte der Bischof.

"Daß sie mich vor sich lassen, und anhören," entgegnete Witiko.

"Das könnte ich dir vielleicht verschaffen," sagte der Bischof, "und das werden sie um so eher zugestehen, als du dich auf diese Art ihnen selber stellst. Aber es kommt auf dein Haupt, was dann folgen wird."

"Es kömmt," sagte Witiko.

"Es ist auch unnüz, daß du dein junges Blut hieher trägst," sprach der Bischof, "hast du den Mann gekannt, der von mir gegangen ist?"

"Nein," antwortete Witiko.

"Es ist Zdik gewesen, der Bischof von Olmüz, der Sohn des Mannes Cosmas, der die Geschike dieser Länder aufgeschrieben hat. Er gilt viel in dem Rathe unserer Völker, und meint den schon zu kennen, der Herzog sein wird. Hast du den Arzt bei dem Herzoge gesehen?"

"Nein," sagte Witiko, "nur seine Gehilfen."

"Er ist in Prag und bei mir gewesen," sagte der Bischof, "und hat mir eröffnet, daß der Herzog, ehe der halbe Mond vergeht, sterben wird."

"Das kann der Arzt vielleicht wissen," antwortete Witiko, "meine Sache aber ist eine andere."

"Es wird eine große Versammlung sein, zu der viele Menschen herein kommen werden," sagte der Bischof, "und wenn in derselben Gott unser Herr nicht dem Rechte seine Geltung verschafft, sondern es noch weiter prüft, so kann der Herzog nichts ändern. Hast du noch Eltern?"

"Nur mehr eine Mutter," sagte Witiko.

"Dir wäre besser, mein Sohn," sprach der Bischof, "wenn du bei deiner Mutter wärest, bis alles vorüber ist."

"Das kann nun nicht mehr sein," sagte Witiko.

"Und für den Herzog ist es einerlei, ob er jezt weiß, was geschieht, oder ob er es später erfährt," sprach der Bischof.