Witiko

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ein Mann von der Donau gegen das mitternächtige Hügelland hinaus. Der Mann war noch in jugendlichem Alter. Ein leichter Bart, welcher eher gelb als braun war, zierte die Oberlippe, und umzog das Kinn1). Die Wangen waren fast rosenroth, die Augen blau. Das Haupthaar konnte nicht angegeben werden; denn es war ganz und gar von einer ledernen Kappe bedekt, welche wie ein Beken von sehr festem und dikem Stoffe gebildet, so daß ein ziemlich starker Schwerthieb kaum durchzudringen vermochte, dergestalt auf dem Kopfe saß, daß sie alles Haar in ihrem Innern faßte, und an beiden Ohren so gegen den Rüken mit einer Verlängerung hinab ging, daß sie auch einen Hieb auf den Naken unwirksam zu machen geeignet schien. Diese Verlängerung der Hauptbedekung aber hing nicht lose auf den Naken herab, sondern lag ihm vielmehr dicht an, und wurde unter dem Wamse geborgen, welches von gleichem Leder den ganzen Oberkörper knapp umhüllte. In den Achselhöhlen war ein Schnitt, daß der Mann den Arm hoch heben konnte, und daß man dann das Linnen seiner innern Kleidung zu sehen vermochte. Von dem nehmlichen Leder [war] schien auch die Beinbekleidung des Reiters. All dieses Leder war ursprünglich mattgelb gewesen, und wiewohl man nicht verkennen konnte, daß große Sorgfalt auf seine Erhaltung und Reinigung angewendet worden sei, so mußte man doch zugeben, daß es nicht mehr neu sei, und Spuren von Wetterschäden und ausgetilgten Fleken zeigte. An der Hüfte hing ein Schwert. Eine Art Mantel oder Oberkleid Tuch oder überhaupt einem Wollstoffe war zusammengeschnürt an den Sattel geschnallt, weshalb man die Gestalt und das Wesen dieses Dinges nicht zu ergründen vermochte. Nur die Farbe schien grau zu sein. Der Reiter hatte keine Feder auf dem Haupte, und nirgends ein Abzeichen an sich. Die Hände waren blos, die rechte war frei, die linke führte die Zügel. Das Pferd hatte größere Hufe und stärkere Lenden, als Kriegs= oder Reitpferde gewöhnlich zu haben pflegen. Da der Reiter die Schlucht hinaus ritt, sah er weder rechts noch links noch nach der Stadt zurük. Es war eine [sehr] frühe Stunde eines Tages des Spätsommers, der schon gegen den Herbst neigte. Der Tag war heiter, und die Sonne schien warm hernieder. Das Pferd ging durch die Schlucht in langsamem Schritte. Als es über sie hinaus gekommen war, ging es wohl schneller, aber immer nur im Tritte. Es ging einen langen Berg hinan, dann eben, dann einen Berg hinab, eine [steile] Lehne empor, eine [steile] Lehne hinunter, ein Wäldchen hinein, ein Wäldchen hinaus, bis es beinahe Mittag geworden war. In dieser Zeit langte der Reiter unter einigen hölzernen Häusern an, die den Namen des Hauzenberges führten. Die Häuser lagen in Unordnung zerstreut, und der Grund, auf dem sie standen, [ging sanft empor] war ungleich. Es war hier schon kühler als an der Donau; denn da in Passau [sich bereits die Äpfel färbten, da die Hängebirne zahlreich von den Zäunen der Häuser und von den Lattenwerken an den Wänden und Felsstüken hernieder hing und da der Bischof Aprikosen in seinen Gärten pflegte, stand hier nur] viele Obstbäume standen, ragte hier nur der Waldkirschbaum empor, er stand vereinzelt, und stand in einer Gestalt, die in manchen Theilen zerstükt war, [was] und bewies, daß viele harte Stürme in den Wintern an ihm vorüber gegangen waren. In sehr schöner Bildung dagegen [in großer Menge in zarter Jugend und in hohem Alter] stand die Eberesche umher, sie stand bei vielen Häusern, und mischte das Grün ihres Laubes und das beginnende Roth ihrer Trauben zu dem Grau der Dächer. Die Herberge war [allein] ein Steinhaus, stand auch [unter] neben Ebereschen, und hatte ein flaches weit vorspringendes Dach, auf dem große Granitstüke lagen. Die Tragebalken [desselben] gingen [wie bei den Holzhäusern] weit hervor, und waren [wie bei ihnen] zierlich geschnizt, und [hie und da] roth bemalt. [Das Haus war lang.] In der Gassenmauer war eine Thür, deren Pfosten roth angestrichen waren. Sie führte in die Schenkstube. Nicht weit von ihr war ein Thor, das
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1) nn ausgeschrieben