Witiko

H224, S. 286b

"Nein," entgegnete Witiko, "diese turnieren gar nicht. ["]Wenn von ihren Hämmern oder Eisenstangen oder Keulen ein Schlag fällt, gilt er gleich auf das Leben, wenn er auch auf eure Eisenfäßer oder Schienen trift. Das haben sie den Mährern auf dem Berge Wysoka eingeprägt, und es ihnen vor der Mauer der Stadt Prag wieder [xxx] in den Sinn ge[bracht] führt. Und so der Krieg gegen die Fürsten in Mähren [wieder] [in neuer xxx Art] in neuer Art beginnt, und so sie in großer Menge von dem Walde aufbrechen, werden die Leute in unserem Lande von ihnen erzählen, wenn auch die zierlichen Sänger von ihnen nicht singen und sagen."

"Witiko," antwortete der Ritter, "ich bin von den Bäumen unseres Landes mit der unendlichen Obstblüte und der unendlichen Obstfrucht nicht zu euern Tannen und Buchen hinein gekommen, und habe keinen Bären gesehen, der dort wohnt; und wenn der Bär auch im Streite dem Feinde die Haut über den Kopf zieht, oder ihn zerquetscht, oder zerbricht, so habe ich Achtung vor seiner Mannbarkeit, so wie ich dich liebe, mein Witiko: aber es ist bewunderungswürdig, in vollen Platten in den Bügeln zu stehen, gegen einander zu fliegen, die Lanzen zu brechen, daß der Palast und der Saal ertost, und die Splitter sprühen, und dann mauerrecht auf den Pferden zu sein, daß die Frauen und Jungfrauen auf dem Söller jubeln, und mit dem Scheine ihrer Augen herab sehen.

"Ich würde es vorziehn," antwortete Witiko, "durch das, was ich thue und vollbringe, nicht den Schein der Augen einer Jungfrau zu gewinnen, sondern ihr Herz zu treffen, daß es nichts anderes kennt als Liebe zu mir, und daß ich ihr die größte Lust auf der Erde bin, wenn ich es nehmlich vermag."

"So versuche es waghalsig," entgegnete der Ritter, "hier sind schöne Jungfrauen und aller Landen sind schöne Jungfrauen. Oder hast du es schon versucht, Witiko? Und siehe dann, Witiko, es ist noch bewunderungswürdiger, und es ist des Sanges der ritterlichen Fiedler noch werther, und noch werther des Scheines der Augen aller Jungfrauen und insbesonders der liebtreuen, in klarer Reih in Schmuk und Zier sonder List und Umschweif in den Feind zu reiten, und ihn weit zu werfen, daß er in Furcht die Grenze unseres Landes scheut, und dann heim zu kehren, und dann angerufen zu werden von Allen, die an dem Wege stehen. Wenn du bei uns wärest, würdest du die Blume der Ritterschaft kennen lernen, Rudeger, der zwar wenig mehr im Schimpfe sticht, aber im Kriege und im Rathe und im Wandel der erste ist, und dem wir nach eifern. Und du würdest selber eine Blume der Ritterschaft, Witiko. Und wenn du das Turnier nicht achtest, liebst du vielleicht Sang und Klang?"

"Ich liebe sie, wenn mir auch die Gabe fehlt, sie zu üben," sagte Witiko.

"Du sezest deine Worte in Sagen," entgegnete der Ritter, "wir haben davon reden gehört. Die helle Sonne scheint auf das Land Österreich, und es singen und klingen die Lieder in dem Lande Österreich, und es wird noch immer höher und höher gehen. Die von Babenberg sollten Kaiser sein. Da würde das Hoflager bald in Würzburg bald in Nürnberg bald in Speier bald in Frankfurt bald in Regensburg scheinen, und es würde das schimmernste sein, das auf Erden ist, und aller Glanz an Tapferkeit an Sitten und Gaben würde dahin ziehn. Die neuen Herzoge in Schwaben, die sich jezt erst ihre Burg auf dem hohen Staufen gebaut haben, und schon die Königskrone tragen, mögen herrlich sein, wie der alte Büren gewesen ist, und wie der junge Friedrich werden wird, dem der goldene Bart wächst, der Neffe der Agnes unserer verwittweten Markgräfin: aber Österreich ist alt und aller Ehren voll. Die Männer von Österreich ziehen in den Krieg und auf die Jagd, und reiten an den Hof zu den Sitten und Spielen, und da gilt [Sanges] der Klang des Sanges und der Saiten, und der Preis dafür ist dem gleich, den die Waffen bringen. Und was von alten Siegen und Thaten ist, gehet wieder in das Leben, von Sifrid mit der hörnernen Haut und der Tarnkappe, von den Königen zu Burgonden, von Dietrich von Bern, von dem Könige Ezel, von Alberich dem Zwerge, von den Frauen Chriemhilt und Prunhilt, und von Piterolf, und von der Rabenschlacht, und von Anderem. Und jeder Fremde, der im Sange Einiges vermag, reitet in das Lager von Österreich. Ich trachte eifrig nach dem Singen, und mag es mir mit ihm nicht so ergehn, wie mit der schönen Frau in Passau, welcher ich als Büblein ihre Farben trug, und die ich nicht mochte han, was mir [und] an meinem Herzen viel dike weh gethan. Witiko, reite recht oft zu mir in die Stadt

Seite vertikal mit Stift gestrichen