Witiko

H196, S. 248


heißt nach ihrer Pathe Irmengard. Viele kennen uns in der Gegend, manche nicht. Bertha ist jezt unser einziges Kind. Ihr, Witiko, habet begonnen, euch zu regen, ich kenne euer Geschlecht und ich kenne eure Mutter. Ihr seid jung, und habt [begonnen.] angefangen. Es steht ein großer Zug und ein großer Schlag in eurem Lande bevor. Ihr habt im Kampfe auf dem Wysoka die Rose getragen, sehet, daß die Rose weithin leuchtet, baut ihr eine Burg, macht, daß die Rose zu blühen verspricht in lange Zeiten hin, dann kommt. Und wenn es aussieht, daß die zwei neuen Burgen der Schauenberg und die Burg der Rose in die Geschike ihrer Länder dauern, so führet Bertha heim, und mögen dann die Geschlechter der Schauenberge und der Rose wachsen, und noch recht oft den Ruhm ihrer Verbindungen erstreben. Jezt liebt ihr Bertha herzlich, Bertha ehrt euch, und ist euch gut, das soll noch kein Gelöbnis sein. Ihr bleibt euch fremd, bis die Zeiten sich erfüllen, oder immer fremd. [D] Ist euch dieses Recht genehm, und ist euch diese Genugthuung gerecht?"

"Das Recht ist mir genehm, und die Genugthuung ist mir gerecht," sagte Witiko, "habet Dank für euer Wort und eure That. Ich werde streben, die Genugthuung zu geben, ist mir ja nie gewesen, daß ich Bertha anders gewinnen könne als so, und ist mir ja nie gewesen, daß ich anders handeln könnte, wenn es auch keine Bertha gäbe, und Bertha würde den Mann nicht nehmen, den sie nicht ehren kann unter den Männern ihres Gleichen. So ist es nun offen und klar zwischen uns."

"Es ist offen, und das ist gut," sagte Stilicho, "es steht euch unser Haus immer [offen] gastlich zu Diensten, so oft ihr kommen wollt, und Muße findet; aber ihr seid Bertha bis zu eurer Verlobung [fremd."] fern."

"Wir werden im Vertrauen zu einander harren können," sagte Witiko.

"So ist es recht," entgegnete Stilicho, "ich achte euch, Witiko, und hoffe viel von euch. Erlaubt nun, daß ich mich entferne, und mit den Meinen speise."

Er stand bei diesen Worten auf, Witiko auch. Er reichte Witiko die Hand, und schüttelte die Witikos auf das Herzlichste. Dann ging er in das Gemach seiner Gattin.

Witiko ging in das Speisegemach zurük, und von demselben in den Hof. Von dem Hofe aber ging er die Stufen hinan, die ihn Stilicho nach seiner Ankunft geführt hatte, und durch den Gang mit dem Eisengitter in die zwei Gemächer, die ihm und seinen Begleitern eingeräumt worden waren. Hier sah er auf dem Tische Speisen und Getränke stehen. Die zwei Männer mußten auch davon verzehrt haben. Jezt lag der mit dem braunen Gewande angekleidet und selbst die Haube auf seinem Haupte auf einem Bette, und schlief. Raimund saß auf der Bank neben der Thür.

Witiko, obgleich er den ganzen Tag nichts gegessen hatte als ein Stük Brod, rührte doch von den Speisen und Getränken nichts an, sondern sezte sich an ein Fenster, und sah in den Himmel hinaus, dessen Sonne dem Untergange nahe war.

Nach einiger Zeit ertönte im Hofe die Gloke, welche zu dem Abendessen rief, und in den Kammern Witikos erschien ein Mann, die Fremden, zu den Speisetischen zu geleiten. Der Mann in den braunen Gewändern erhob sich, Raimund auch, und so gingen Witiko und seine zwei Begleiter mit dem Boten in das Speisegemach.

Dasselbe war gerade so bestellt wie an jenem Sonntage, da Witiko zuerst in dieses Haus gekommen war. Witiko wurde an das obere Ende zu Stilicho und Irmengard

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