Witiko

H185, S. 214b

Die Herzogin befand sich mit Dimut bei ihrer Schaar. Einmal, da die Mauer an der Stelle Schaden nahm, ließ sie weithin an der Außenseite derselben durch hinabgelassene Pechpfannen und andere Dinge Rauch erregen, und innerhalb des Rauches die Arbeiter thätig sein, daß sie mit allerlei Vorkehrungen die Stelle wieder festigten oder mit Schuz über kleideten. In den Stillstandszeiten ritt sie oft an den Wällen dahin, zeigte den Kriegern ihr heiteres Angesicht, ermunterte sie, und verkündete ihnen die nahe Zeit des Sieges.

Jezt grif man zu dem Feuer. Die Feinde sandten brennende Pfeile glühendes Eisen und andere Zündstoffe gegen die Zinnen, und Diepold ließ brennende Pechkugeln öhlgetränkte brennende [Ballen in] Ballen Glüheisen flammende Balken und Ähnliches in die Werke derselben werfen, um sie zu entzünden. Wenn auf den Zinnen Feuer aufflammte, wurde es durch die nassen Zottentücher durch Sandsäke durch Wassergüsse oder, wie man konnte, gedämpft. Die Feinde bewältigten auch die Brände in ihrer Mitte.

Fast alle Bewohner der Stadt beeilten sich zu helfen, indem sie Bedarfsdinge herbei schafften, oder an Wägen und Karren Dienste thaten, oder Speise und Trank oder sonstige Labung förderten. Viele waren auf den Wällen, darunter Priester, besonders der Probst Daniel und der Bischof Otto, um entweder zu kämpfen, oder den Kriegern beizustehen, wenn sie verwundet wurden, und etwa die Ärzte nicht ausreichten, oder ihnen die Tröstungen des Glaubens zu spenden.

Der demüthige Priester aus dem Zupenhause in Daudleb war[e] ohne Unterlaß bei Lubomir, er suchte keine Bergen auf, sondern war offen da, führte einen Verwundeten abseits, ihn zu verbinden, suchte etwas herbei zu schaffen, was man bedurfte, oder sprach einem, der zu Boden gestürzt worden war, Trost und Ermuthigung in das Angesicht und in die Ohren, ehe [er] derselbe weggebracht werden konnte.

Es war eine Schleuder bei den Feinden, welche ungemein große Steinkugeln warf. Diese zerrieben die Mauern, zertrümmerten Rasen und Balkenwerke, zerfaserten rasch die Geflechte, und erweiterten den Schaden beständig. Da las Diepold eine Schaar der Seinigen aus, und da Nachts ein mal das Anstürmen und Toben sehr groß war, ging er in seinem schwarzen Gewande mit ihnen, deren viele Leitern Stangen Äxte und Hauen trugen, aus der Stadt, führte sie in dem Getobe gegen die Schleuder, und begann plözlich, ehe es die Feinde ahnten, die Balken der Schleuder zu stürmen, drang ein, Mann kämpfte gegen Mann, der Schmied von Plan dann David der Zimmerer dann Stephan der Wagenbauer dann Kaspar von dem schwarzen Bache dann Witek von Decin und Wok von Grodec hieben mit Äxten gegen Blanken und Balken und Werke der Schleuder, sie zu zerstören, der Wollweber [Stephan] Christ Severin warf Feuer in sie, daß sie in allen Theilen brannte. Der große Simon vom Reitschlage und ein Mann von Saaz, der zu Diwis gehörte, und der bis jezt bei allen kühnen Dingen gewesen war, konnten die Flammen nicht mehr sehen; denn ihre Augen waren von den Schatten des Todes verdunkelt. Osel blutete aus zwei Wunden und Gruz, ein Mann Diets von Wettern, aus drei, und so hatten Wolf von Winterberg und Branis von Rowna und Luta und Radim, der Mann Lubomirs, Wunden erhalten. Von den Augen der Feinde waren manche durch den Tod überflort, und viele Männer bluteten an ihrem Rüstzeuge und ihren Gewändern. Diepold zog die Seinen, da die Schleuder brannte, kämpfend gegen den Rand der Werke zurük, und da sie ihn erreicht hatten, glitt er schnell mit ihnen hinab, und suchte als Führer auf Wegen, die den Feinden nicht so wie ihm bekannt waren, die Stadt zu gewinnen. Der Schmied von Plan und zwei andere trugen den todten Simon mit sich, der Mann von Saaz blieb bei der Schleuder liegen.

Des nächsten Tages flogen die großen Steinkugeln nicht mehr, und nach einiger Zeit kam Ruhe von den Angreifern und Vertheidigern, um sich zu einem neuen Angriffe und zu neuer Vertheidigung zu rüsten.

Da diese Dinge in Prag [geschahen] begannen, hatte der Herzog Wladislaw seinen Weg

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