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22.08.1961, Maßnahmen zur Sicherung der Grenzen der DDR


22.08.1961, Maßnahmen zur Sicherung der Grenzen der DDR

[Am 22.8.1961 vom Politbüro des ZK der SED beschlossen]

1. Die vorgeschlagenen Maßnahmen (Übergang von der 1. Etappe zur 2. Etappe der Grenzsicherung) zur weiteren Festigung der Grenze der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik (das demokratische Berlin) und Westberlin werden bestätigt. Der Aufbau der neu zu schaffenden Grenzbrigade Berlin erfolgt im wesentlichen aus allen Kräften der 1. Brigade der Bereitschaftspolizei, den bisherigen Kräften der Sicherungskommandos Berlin sowie von frei werdenden Kräften der Deutschen Grenzpolizei, die bisher am Ostring der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik standen. Der Stellvertreter des Ministers des Innern für bewaffnete Kräfte, Genosse Generalmajor S e i f e r t, wird beauftragt, die erforderlichen Maßnahmen zu einer regulären Grenzsicherung unmittelbar in Angriff zu nehmen und dieselben bis zum 28.8.1961 im wesentlichen zum Abschluß zu bringen. Der Kommandeur der neu zu schaffenden Grenzbrigade Berlin, sein Polit. Stellvertreter sowie sein Stabschef sind dem Nationalen Verteidigungsrat bis zum 28.8.1961 zur Bestätigung vorzulegen.
2. Zur Verstärkung der Grenzsicherung an der Staatsgrenze West und der Einführung eines ordnungsgemäßen Grenzregimes ist vom Minister des Innern in Zusammenarbeit mit dem Minister für Nationale Verteidigung und dem Minister für Staatssicherheit ein Beschluß auszuarbeiten, der dem nationalen Verteidigungsrat am 28.8.1961 zur Bestätigung vorzulegen ist. Die Vorlage ist unter Hinzuziehung der 1. Sekretäre der Bezirksleitungen Suhl und Magdeburg und eines 1. Kreissekretärs aus dem Grenzgebiet auszuarbeiten.
3. Genosse N o r d e n hat zu veranlassen, daß die Agitationskommission sich in Verbindung mit dem Aufruf des Zentralrates der Freien Deutschen Jugend eingehender mit den speziellen Fragen der Jugend befaßt. Der Minister für nationale Verteidigung hat alle Maßnahmen zur Sicherung einer schnellen und reibungslosen Einstellung der Jugendlichen in die bewaffneten Kräfte zu veranlassen, einschließlich der schnellen Verabschiedung der von der FDJ aufgestellten Regimenter zum Beispiel des 1. FDJ-Regiments Erfurt. bzw. des FDJ-Regiments Berlin. Alle gemeldeten Jugendlichen, die gesundheitlich dazu in der Lage sind und bis Ende des Jahres 18 Jahre alt werden, sind einzustellen.
4. Auf Grund der verleumderischen Reden Brandt's, daß die Angehörigen der Nationalen Volksarmee und der Volkspolizei bei Provokationen an der Grenze von der Schußwaffe keinen Gebrauch machen, hat der Genosse N o r d e n mit den entsprechen Genossen zu besprechen und zu veranlassen, daß durch Gruppen, Züge oder Kompanien schriftliche Erklärungen abgegeben werden, die beinhalten, daß sie voll verstanden haben, um was es geht und daß jeder, der die Gesetze unserer Deutschen Demokratischen Republik verletzt – auch wenn erforderlich – durch Anwendung der Waffe zur Ordnung gerufen wird. Es ist sicherzustellen, daß im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Erklärung auch die jeweiligen Bilder der Angehörigen der bewaffneten Kräfte, die die Erklärung verfaßten, veröffentlicht werden.
5. Das Präsidium des Ministerrates hat bis zum 26.8.1961 einen Beschluß über die Antragstellung, Zulassung und Betrieb im Fernschreibverkehr sowie Sicherung der Fernschreibanlagen zu fassen. Der Telefonverkehr ist, da laut Mitteilung des Genossen Stoph die erforderlichen Maßnahmen getroffen sind, ab sofort wieder aufzunehmen. Verantwortlich für die Durchführung dieses Beschlusses: Genosse Stoph
6. a) durch alle Ministerien und wissenschaftlichen Einrichtungen ist zu sichern, daß bis zum Abschluß eines Friedensvertrages Wissenschaftler der Deutschen Demokratischen Republik an keiner wissenschaftlichen Tagung in Westdeutschland teilnehmen und auch nicht zu Gastvorlesungen an westdeutsche Universitäten fahren.
b) Für Reisen in das kapitalistische Ausland (einschließlich NATO-Staaten wird folgende Regelung festgelegt:
In den nächsten Monaten werden wissenschaftliche Tagungen nur unter folgenden Gesichtspunkten besucht:
– Tagungen, deren Thematik von großer Bedeutung für unsere wissenschaftliche Arbeit sind
– Tagungen, die im Hinblick auf die internationale Stellung der Deutschen Demokratischen Republik besucht werden sollten
– es können nur solche Wissenschaftler fahren, die die Gewähr dafür geben, daß sie die Belange der Deutschen Demokratischen Republik allseitig vertreten.
Zur Regelung dieser Maßnahmen wird vorgeschlagen, daß die entsprechenden Ministerien und Institutionen festlegen, welche Tagungen von welchen Wissenschaftlern besucht werden müßten (die Zahl der Teilnehmer ist auf ein Mindestmaß zu beschränken).
Die Vorschläge werden dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zur Koordinierung und Bestätigung eingereicht.
c) Für die Realisierung unserer Verpflichtungen in den abhängigen Nationalstaaten ist ebenfalls ein Plan der Reisen aufzustellen und vom Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zu genehmigen.
7. Bis auf weiteres wird als Maßstab für die Erteilung von Genehmigungen zum Betreten Westberlins für Ärzte festgelegt: Die politische Zuverlässigkeit sowie die Aufrechterhaltung der notwendigen Zusammenarbeit mit bestimmten westberliner Einrichtungen des Gesundheitswesens zur Verhütung bezw. Bekämpfung von Seuchen
8. Ordnung über die Ausgabe von Passierscheinen zum Betreten der Westsektoren Berlins:
a) Genehmigungen zum Betreten der Westsektoren von Berlin durch Mitarbeiter des Staats- und Wirtschaftsapparates sowie kultureller Institutionen erfolgt nur durch Antrag des zuständigen Ministers beim Minister des Innern.
b) Genehmigungen zum Betreten der Westsektoren von Berlin durch Mitarbeiter von Partei- und Massenorganisationen ist nur mit Zustimmung der zuständigen Abteilung des Zentralkomitees möglich.
Die zuständigen Abteilungen des Zentralkomitees beantragen die Passierscheine bei der Abteilung für Sicherheitsfragen des Zentralkomitees, die ihrerseits die Ausgabe der Passierscheine beim Präsidium der Volkspolizei Berlin anweist.
c) Der Leiter der Abteilung für Sicherheitsfragen des Zentralkomitees hat in Zusammenarbeit mit dem Genossen M a r o n festzulegen, wie die Ausgabe von Passierscheinen für die Arbeit der Abteilung Verkehr und Gesamtdeutsche Fragen gesichert werden kann.
9. a) Urlauber mit FDGB-Reiseschecks, die in die 5-km-Sperrzone einreisen wollen, müssen wie alle anderen Bürger der Deutschen Demokratischen Republik entsprechend der vom Minister des Innern festgelegten Ordnung bei ihren zuständigen Kreis-Polizei-Ämtern einen Passierschein beantragen.
b) Erholungsheime, Jugendherbergen etc., die im 500-Meter-Streifen an der Staatsgrenze West liegen, sind – soweit dies noch nicht geschehen ist – nach Rücksprache mit den Nutzungsberechtigten am 1.9.1961 dem Kommando der Deutschen Grenzpolizei zur Verfügung zu stellen.
c) Die Räte der Kreise an der Staatsgrenze West haben in Verbindung mit den Volkspolizei-Kreis-Ämtern, den zuständigen Kommandeuren der Deutschen Grenzpolizei, intern zu überprüfen, welche Gebäude (Objekte) bis zu einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt für notwendige Sicherungsaufgaben freizustellen sind. Die Listen nebst allen Unterlagen sind den Leitern der Volkspolizei-Kreisämter bis zum 25.9.1961 zu übergeben.
Verantwortlich: Genosse S t o p h

(SAPMO-BArch, DY 30, J IV, 2/2/787.)