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17.03.1952, Geheimer Bericht von US-General George P. Hays an US-Außenminister Acheson über ein Gespräch mit Adenauer (Teilnehmer: François-Poncet, Kirkpatrick, Hays in Vertretung McCloys)


17.03.1952, Geheimer Bericht von US-General George P. Hays an US-Außenminister Acheson über ein Gespräch mit Adenauer (Teilnehmer: François-Poncet, Kirkpatrick, Hays in Vertretung McCloys)

Am Schluß unseres heutigen Treffens bat François-Poncet den Kanzler um seine Meinung bezüglich der Antwort der Alliierten auf die sowjetische Note. Er sagte, dies würde den Alliierten sehr helfen bei der Abfassung ihrer Antwortnote, über die vor Übergabe mit dem Kanzler noch einmal beraten würde.
Adenauer antwortete, es sei wichtig zu vermeiden, eine Vier-Mächte-Konferenz lediglich um der Konferenz willen einzuberufen, da eine solche Konferenz sinnlos und endlos sei und die Integration und die Schaffung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft verzögern könnte. Auf der anderen Seite sei es genauso wichtig, eine glatte Ablehnung zu vermeiden, da dies einen schlechten Eindruck in der deutschen Öffentlichkeit machen werde, und die Alliierten sollten sich nicht den Weg verbauen, positive Resultate zu erreichen, so entfernt solche Resultate im Augenblick auch zu sein schienen. Ein interessanter Punkt der Note ist für den Kanzler ihr Appell an den deutschen Nationalismus. Er verwies dabei besonders auf jene Paragraphen, in denen von ehemaligen Nazis und Generälen und der Bildung einer Nationalarmee die Rede ist. Obwohl es keine nennenswerte nationalistische Bewegung in Deutschland gebe, da sie nur wenig Rückhalt habe, könnte eine solche Bewegung an Bedeutung gewinnen, falls sie offen von der Sowjetunion unterstützt würde.
Er sei der Meinung, die Antwort der Alliierten solle so abgefaßt werden, daß die wahren Absichten der Sowjetunion ans Licht gebracht würden; sie solle zwei Fragen enthalten:
1. Da die Sowjets die Notwendigkeit ins Auge fassen, eine gesamtdeutsche Regierung zu bilden, was freie Wahlen voraussetzt, sind sie jetzt bereit, der UNO-Kommission in Ostdeutschland die gleichen Arbeitsmöglichkeiten zu gewähren, wie sie sie in Westdeutschland gehabt hat?
2. Was ist mit der sowjetischen Forderung gemeint, Deutschland solle keinerlei Koalitionen oder Militärbündnisse eingehen, die sich gegen irgendeinen Staat richten, der am Krieg gegen Deutschland teilgenommen hat? Würde dieser Vorbehalt Deutschland von Schuman-Plan, EVG und allen Schritten für eine friedliche Integration Westeuropas ausschließen?
Obwohl der Kanzler sagte, in der Note solle nicht ausdrücklich auf die Oder-Neiße-Linie hingewiesen werden, wolle er diese Gelegenheit ergreifen, um erneut klarzumachen, daß keine deutsche Regierung diese als endgültige Grenze akzeptieren könne. Die Bundesregierung habe zugestimmt, das Problem der Ostgrenzen später zu lösen, am besten in Übereinstimmung mit einem freien Polen, und daß in der Zwischenzeit eine Auseinandersetzung mit Polen über diese Frage vermieden werden solle, in der Hoffnung, später günstigere Voraussetzungen für eine Lösung zu finden. Kirkpatrick betonte, daß der Hinweis auf Potsdam in der sowjetischen Note unklar sei, und er fragte, ob man nicht in der Antwortnote betonen solle, daß in Potsdam weder die Oder-Neiße-Linie noch Königsberg festgelegt worden seien. Der Kanzler hielt dies für nützlich.
Zum Abschluß stimmte der Kanzler mit den Hohen Kommissaren darin überein, daß es absolut notwendig sei, was auch immer geschehe, die Verhandlungen über den Deutschlandvertrag hier [in Bonn] und über die EVG in Paris auf gar keinen Fall zu verlangsamen, sondern im Gegenteil zu beschleunigen.

(Department of State, Washington, 662.001/3-1752)