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03.06.1947, Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Dr. Erhard Hübener, zur gescheiterten Ministerpräsidentenkonferenz in München


03.06.1947, Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Dr. Erhard Hübener, zur gescheiterten Ministerpräsidentenkonferenz in München

1) Vermerk
Am Spätabend des 31. Mai übermittelte mir Herr Hauptmann Gall die Aufforderung, Herrn Marschall Sokolowskij am 2. Juni aufzusuchen. Die Besprechung fand gestern in der Zeit von 14 Uhr bis 16.15 Uhr statt. Herr Marschall Sokolowskij besprach mit mir ausführlich die politische Lage und insbesondere die Fragen, die mit der Einladung nach München zusammenhängen. Nachdem ich seinen Äußerungen entnommen hatte, daß die vier anderen Ministerpräsidenten der Zone nicht nach München fahren werden und daß der Marschall eine Mitwirkung an der Münchener Konferenz als eine im amerikanischen Interesse liegende Handlung ansehen würde, habe ich erklärt, daß ich dann von einer Fahrt nach München Abstand nähme. Ein Verbot der Teilnahme ist nicht ergangen.
In diesem Zusammenhang habe ich dem Marschall folgenden Vorschlag gemacht: Da ich mich der Auffassung der anderen Ministerpräsidenten der Zone nicht anschließen könne, aber mich auch nicht zu ihnen in offenen Gegensatz stellen wolle, möchte ich aus meinen Ämtern als Ministerpräsident und Justizminister ausscheiden.
Ich habe während des langen Gesprächs wiederholt betont, daß sich in meinen außenpolitischen und wirtschaftspolitischen Anschauungen nicht das geringste geändert habe und daß ich insoweit durchaus in der Lage sein würde, im Sinne der bisherigen Blockpolitik weiter zu arbeiten. Eine unüberbrückbare Meinungsverschiedenheit zwischen den maßgebenden Kreisen der Ostzone und meinen Anschauungen liege in der deutschen Frage. Auch ich hielte es zwar für durchaus möglich, daß in München der Versuch gemacht würde, Deutschland ins Schlepptau der amerikanischen Politik zu bringen. Ich zöge aber daraus nicht die Konsequenz meiner Kollegen, deswegen fernbleiben zu wollen, vielmehr leitete ich daraus die Verpflichtung ab, hinzugehen und gegen jeden derartigen Versuch mit aller Gewalt anzugehen.
Der Herr Marschall hat sich zu meiner Rücktrittsabsicht nicht abschließend geäußert. Er hat mich nur sogleich und später bei der Verabschiedung freundlichst gebeten, alles noch einmal mit Sorgfalt zu überdenken.