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29.05.1947, Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Dr. Erhard Hübener, zur gescheiterten Ministerpräsidentenkonferenz in München


29.05.1947, Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Dr. Erhard Hübener, zur gescheiterten Ministerpräsidentenkonferenz in München

Am Abend des 27. Mai wurde ich telefonisch durch den Reichsminister a. D. Dr. Külz aus Berlin gebeten, am folgenden Tage in Berlin an einer Besprechung der Ministerpräsidenten der sowjetisch besetzten Zone teilzunehmen und vorher ihn in seiner Wohnung zu besuchen. Am 28. Mai vormittags 11 Uhr habe ich ihn aufgesucht. Er hatte am gleichen Morgen mit dem Vorsitzenden der SED, Herrn Wilhelm Pieck, gesprochen, konnte mir aber im Grunde kaum etwas Neues zur Sache sagen. Neu war mir nur die Mitteilung, daß die europäischen Ernährungsminister im Juli zur Beratung der internationalen Ernährungskrise zusammentreten werden, woraus hervorgeht, daß das Münchener Vorhaben nicht beliebig hinausgeschoben werden kann. Obwohl die Unterhaltung 1 1/2 Stunden dauerte, gab sie mir für die kommende Beratung kaum irgendeinen positiven Anhalt. Sie klärte mich auch nicht über die Gründe des sonderbaren Umstandes auf, daß die Einladung zu einer Konferenz der Ministerpräsidenten mir und vermutlich auch den Kollegen über unsere Parteien zuging.
Um 1 Uhr begann im früheren Luftfahrtministerium die Besprechung der Ministerpräsidenten. Dr. Friedrichs berichtete über die Hofer Verhandlungen mit dem Ministerpräsidenten Ehard und dem bayerischen Staatssekretär Pfeiffer. Sein Bericht brachte gegenüber den von der Presse gegebenen Mitteilungen wenig Neues. Nach den Ausführungen von Ehard schienen den Wünschen der Ostzone insbesondere drei Tatsachen entgegenzustehen: Dr. Schumacher betrachtet argwöhnisch alles, was aus dem Osten kommt. Die französische Regierung ist jeder gesamtdeutschen Unternehmung abgeneigt und vermutlich um so mehr, eine je breitere Basis diese hat. Schließlich ist es für das Prestige der bayerischen Regierung schwer zu ertragen, wenn ihre Anregung so weitgehend abgewandelt wird, wie es die Vorschläge von Dr. Friedrichs wünschen.
Es ist zu keinem Ergebnis gekommen. Herr Ehard wird seinem Kabinett Bericht erstatten. Herr Dr. Friedrichs hat es übernommen, mit seinen Kollegen der Ostzone zu sprechen. Herr Dr. Friedrichs legte einen neuen, also dritten Antwortentwurf vor, über dessen Entstehungsgeschichte mir nichts mitgeteilt wurde. Ich hatte aber den Eindruck, daß die übrigen Kollegen ihn mindestens zum Teil kannten. Auch dieser Entwurf schien mir im Grunde eine verklausulierte Absage zu sein. In dreistündiger Arbeit haben wir ihn so gewandelt, daß er diesen Eindruck nicht mehr unbedingt zu machen braucht und daß ich schließlich glaubte, verantworten zu können, ihn mit zu unterzeichnen.
Ich habe aber keinen Zweifel gelassen, daß, wenn die Bayern auf unsere Vorschläge nicht
eingehen und die Veranstaltung trotzdem stattfindet, ich teilnehmen würde, wenn es mir nicht verboten wird.
[gez.] Hübener