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02.04.1946, Memorandum von C. S. A. Warner: Der sowjetische Feldzug gegen dieses Land und unsere Antwort darauf

 

02.04.1946, Memorandum von C. S. A. Warner: "Der sowjetische Feldzug gegen dieses Land und unsere Antwort darauf"

 

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19. Es ist genauso wichtig, jenen Mythos zu attackieren und bloßzulegen, mit dem die sowjetische Regierung ihre Politik zu rechtfertigen versucht, nämlich den Mythos, daß Rußland von den kapitalistischen Mächten eingekreist wird, den Mythos, daß wir ein neues Deutschland aufbauen wollen, um es gegen Rußland einzusetzen, den Mythos, daß nur Rußland den unterdrückten Völkern selbstlos Hilfe leistet gegen ihre anhaltende Versklavung und Ausbeutung durch »Kolonialmächte und Kapitalisten«, den Mythos, den Stalin in seiner Antwort auf Churchill aufzubauen versucht, daß die schlechten Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern auf aggressive Pläne zurückzuführen sind, die wir gegenüber Rußland schmieden, die russische Fehlinterpretation von »Demokratie«, »cordon-sanitaire«, »Kollaboration« etc., die trügerische Unterscheidung, die sie zwischen der Idee eines »westlichen Blocks« und dem real existierenden russischen Ostblock treffen, die russische Gewohnheit, alle Personen, die keine Kommunisten sind, und alle Parteien, die nicht kommunistisch sind, als Reaktionäre, rechtsgerichtete Parteien, Kollaborateure, Anti-Demokraten etc. etc. zu bezeichnen.
20. Zusätzlich könnten wir in jedem Land, wo Sozialdemokraten, »Liberale«, fortschrittliche Bauernparteien etc. im Kampf gegen den Kommunismus stehen, unseren Freunden jede nur mögliche moralische und materielle Unterstützung zukommen lassen (ohne allerdings so weit zu gehen, daß wir ihr Leben oder ihre Organisationen gefährden).
Unsere Unterstützung würde natürlich von Land zu Land verschieden sein, sie würde von den jeweiligen Umständen abhängen und davon, wie wichtig ein bestimmtes Land für die britischen Interessen ist ...
24. Zusammenfassend läßt sich sagen: Die sowjetische Regierung hat durch die kürzlich gemachten Erklärungen und durch die Handlungen deutlich zu erkennen gegeben, daß sie sich für eine aggressive Politik entschieden hat, die sich auf militanten Kommunismus und russischen Chauvinismus gründet. Sie hat eine Offensive gegen die Sozialdemokraten und gegen dieses Land gestartet. Sie müßte inzwischen gemerkt haben, daß ihre Plumpheit die gesamte nicht-kommunistische Welt-insbesondere die amerikanische Öffentlichkeit aufgeschreckt hat, daß sie auf Widerstand stößt und daß die Regierung Seiner Majestät Unterstützung erhält. Sie wird sehr wahrscheinlich von nun an eine etwas geschmeidigere Taktik anwenden und versuchen, alle Verdächtigungen zu zerstreuen. Aber es würde in höchstem Maße voreilig sein, anzunehmen, sie würde ihre aggressive Politik gegenüber diesem Land aufgeben, das sie als führende Macht der Sozialdemokratie und die schwächere der beiden westlichen Großmächte betrachtet. Die Interessen dieses Landes und die wahren demokratischen Prinzipien, für die wir einstehen, sind direkt bedroht. Die sowjetische Regierung setzt in ihrem Kampf ihre militärischen, wirtschaftlichen, propagandistischen und politischen Waffen und auch die kommunistische »Religion« gleichrangig ein.
Es wird daher vorgeschlagen, daß wir sofort unsere Verteidigung entsprechend organisieren und koordinieren und nicht haltmachen vor einer defensiven-offensiven Politik.

(Public Record Office, London, FO 371/55581 / C9927/130/18)