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16.09.1945, Unterredung zwischen Ernest Bevin und George Bidault in Chequers


16.09.1945, Unterredung zwischen Ernest Bevin und George Bidault in Chequers

M. Bidault sagte, daß zwei Fragen die französisch-britischen Beziehungen z. Zt. belasteten: erstens die Levante, zweitens die Ruhr. Er fuhr dann fort und erläuterte die französische Haltung im Hinblick auf die Levante, wobei er bemerkte, er wolle ganz offen und ohne Zurückhaltung reden.
[…]

Das Rheinland und die Ruhr
Der Außenminister [Bevin] wies darauf hin, daß wir die Frage betr. Rheinland und Ruhr z. Zt. noch prüfen würden und noch zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen seien. M. Bidault sagte, bei ihm sei das genauso.
Der Außenminister erläuterte, daß wir daran dächten, irgendeine Regelung zu treffen, wonach die Organisation der Ruhrindustrie erhalten bleiben, aber keine Gefahr mehr von den Unternehmen ausgehen solle. Industrielle wie Krupp sollten ausgeschaltet und eine Organisation gegründet werden, an der Holländer als Einzelpersonen, nicht aber als Vertreter der Regierung teilnehmen sollten. Wir dächten auch daran, die Endfertigung bestimmter metallverarbeitender Industrien nach England und Frankreich zu verlagern, um die Handelsbilanz zu verbessern und sicherzustellen, daß an der Ruhr nicht wieder eine Rüstungsindustrie aufgebaut würde. Er verwies auf die Potsdamer Konferenz, wo er sich geweigert habe, den Vorschlag von Marschall Stalin zu akzeptieren, das Ruhrgebiet als Teil Deutschlands zu behandeln, und betont habe, diese Frage könne ohne Frankreich nicht erörtert werden, und er sagte dann, wir seien für die Bildung einer Republik Rhenania. Er nehme an, dies sei auch die Position Frankreichs. Das Gebiet sollte nicht unter internationale Kontrolle gestellt werden, weil sonst die Russen ins Spiel gebracht würden.

M. Bidault stimmte Mr. Bevins letzter Bemerkung zu und sagte, General de Gaulles ursprüngliche Absicht sei es gewesen, das gesamte Rheinland für immer unter französische Kontrolle zu stellen. Im Hinblick auf das Ruhrgebiet habe er immer die Meinung vertreten, in diesem Gebiet irgendein internationales Regime zu installieren, an dem England, Holland und Belgien teilnehmen sollten. Den Ausführungen Bidaults war zu entnehmen, daß General de Gaulle seine Ansicht, das Rheinland unter ausschließlich französische Kontrolle zu stellen, in der Zwischenzeit etwas modifiziert hat. M. Bidault fügte hinzu, er verstehe die Gründe für Mr. Bevins Vorschläge, die er begrüße.
Der Außenminister schlug vor, daß wir und die Franzosen einen Gedankenaustausch auf Expertenebene durchführen sollten; jede Seite sollte ihre Informationen und Vorschläge dabei einbringen. Danach könnte dann eventuell eine endgültige Entscheidung getroffen werden. M. Bidault sagte, er akzeptiere diesen Vorschlag.