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Mit Lachen wird Er unseren Mund noch füllen!
(Eine Predigt nicht nur zum Faschingsonntag, gehalten in der Jesuitenkirche am 18. Februar 2006 beim Gottesdienst um 11.00 Uhr)

Autor:Niewiadomski Jozef
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:# Originalbeitrag für den Leseraum
Datum:2007-02-21

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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"Die Komödien wurden von Heiden geschrieben, um die Leute zum Lachen zu bringen, und das war schlecht!" Der alte, vergrämte, blinde Benediktinerpater Jorge aus dem Roman von Umberto Ecos "Der Name der Rose" hat mit Freude, mit Humor, vor allem aber mit Lachen nichts am Hut. Dies schon deswegen, weil das Lachen den Körper schüttelt, die Gesichtszüge entstellt und den Menschen der Affen gleich macht. "Das Lachen ist ein Zeichen der Dummheit. Wer lacht, glaubt nicht an das, worüber er lacht, aber es hasst es auch nicht. Wer also über das Böse lacht - so Jorge - der zeigt damit, dass er nicht bereit ist, das Böse zu bekämpfen." Klar, dass der griesgrämige Alte von einem lachenden Jesus nichts wissen will. Er kennt nur den todernsten, den eifernden und den leidenden Christus. Unser Jorge gleicht vielen Christen: Erschrocken über das Durcheinander in der Welt werden sie ernster und erster, ihre Gedanken düsterer und düsterer. O Mensch bewein dein Sünde groß - steht da typisch auf dem Programm. Jorge und Konsorten glauben, dem lieben Gott ins Fenster zu schauen, und entdecken dort nur den strengen Richter. Kein Wunder, dass ihnen das Lachen vergeht. Außerdem sehen sie überall den Teufel am Werk und dieser Lacht, ja, er lacht und spottet. So verdammen sie das Lachen und die Lust in die Hölle. Die Kirche zu einer Grabesgruft.

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Keine Frage, liebe Schwestern und Brüder, das dämonische Lachen, die teuflische Verspottung, die gibt es. Wir sollen also nicht so schnell über den blinden Jorge herfallen. Das teuflische Reden, das gibt es tagtäglich. Überall auf der Welt kann das teuflische Lachen die Überhand gewinnen. Überall kann sich nämlich jene Geschichte abspielen, von der uns die Bibel erzählt.

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Da gab es den erfolgreichen Jungunternehmer, den Shooting Star. Von heute auf morgen hinauf katapultiert. Starmania pur, Traumkarriere, Traumfrau, Traumkinder, alles bestens. Und dann plötzlich wie aus dem heiteren Himmel der Sturz: Der Besitz ist pfutsch, die Kinder sterben, er selber wird krank, bedeckt mit Ausschlag, stinkt so, dass man sich ihm kaum nähern kann. Der leidende Ijob- genau das ist der Sitz im Leben für das teuflische Lachen. Denn all diejenigen, die ihn noch gestern bewundert, ihm zugejubelt haben, kommen nun in Scharen, den gestürzten Shooting Star zu schauen. Jetzt, wo er verglüht, spotten sie über ihn und lachen. Selbst die eigene Frau gesellt sich zu den Spöttern und lacht und spottet über den gestrauchelten Mann. Das teuflische Lachen, das sich an der Not des Anderen entzündet, die dämonische Lust angesichts des Leidens anderer Menschen, das ist - wenn wir so wollen - der genuine Ursprung der heidnischen Komödie, jene Komödie, die aus dem Unglück anderer ihre Inspirationskraft schöpft. Insofern hat unser Jorge schon ein bisschen Recht mit seiner Verurteilung des Lachens und der Verspottung. Was unser frustrierter, griesgrämiger Fundamentalist allerdings übersieht ist die Tatsache, dass es in der Bibel eine ganz andere Begründung des Lachens gibt, und damit erst so etwas wie Humor.

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Dem auf dem Misthaufen sitzenden, leidenden Ijob wird ein Trost zuteil. Einer seiner Freunde spricht ihm die Hoffnung zu: Mit Lachen wird er, wird Gott, deinen Mund noch füllen, deine Lippen mit Jubel. Dem kranken, am Rande des Grabes stehenden Menschen wird zugesichert: Mit Lachen wird dein Mund gefüllt! Dich erwartet Freude, größere Freude als du sie bisher gelebt hast. Nicht Leiden stellt das letzte Wort über dich dar, nein, das letzte Wort über dich und dein Leben lautet: “Mit Lachen wird er deinen Mund füllen” (Ijob 8,21).

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Deswegen: Schau nicht zurück. Da kann dich nur noch der Schlag treffen beim Gedanken, wie viel Pech du im Leben gehabt hast. Schau auch nicht um herum all die erfolgreichen, gesunden, lusterfüllten Menschen. Da erstickst du bloß am Neid. Schau nach vorne, auf das, was dich noch erwartet. Und das ist nicht nur der sichere Tod, nicht nur die Klimakatastrophe, nicht nur der mögliche Absturz, auch nicht nur die tolle Party heute Abend mit dem sicheren Kater morgen früh. Letzten Endes erwartet dich das ewige Leben, die ewige Lust und Freude an Gott und den Seinen. Dich erwartet das befreite Lachen. Das ist das Letzte. Angesichts dieser Vision verkommt all das, worüber du dir den Kopf zerbrichst, zum Vorletzten, all das, worüber du heute lachst, auch all jene, die über dich lachen. All das wird zum Vorletzten, Vorläufigen.

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Liebe Schwestern und Brüder, mit der Unterscheidung zwischen dem Vorletzten und dem Letzten ist der Humor erst in die Welt gekommen. Weil für den Christen das Letzte, und das ist Gott und unser Leben in und mit ihm, weil dieses Letzte außer Zweifel steht, können wir Christen gelassen über das Vorletzte lachen, wir können das ganze Leben mit Humor nehmen. Deswegen ist die weltliche Traurigkeit eine der Hauptsünden, weil sie im Grunde aus dem Unglauben kommt. “Nach der Gnade ist Humor und Lachen das Beste, was wir haben”, sagte einmal Mary Ward, die Gründerin der Englischen Fräulein. Nach der Gnade ist Humor und Lachen das Beste, was wir Christen haben.

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Was diese Unterscheidung zwischen dem Letzten und dem Vorletzten im Leben bewirken kann, das sehen wir sehr schon am Leben von Thomas Morus, dem großen Heiligen. Weil ihm, dem Politiker ersten Rangs, Gott und das Leben in Gott außer Zweifel stand, weil er Gott ernst nahm, konnte er nicht nur an die Reformfähigkeit des Staates glauben und ständig Innovationen in die Wege leiten. Er war der Inbegriff eines unternehmenslustigen Menschen. Weil ihm das Letzte, Gott, außer Zweifel stand und er ihn ernst nahm, konnte er sogar heiter das Todesurteil hinnehmen. Er, der große Kanzler, wurde ja vom König wegen Hochverrats verurteilt, weil er den Abfall des Königs von der Kirche zu kritisieren wagte. Weil Thomas Morus Gott ernst nahm, kannte er sogar im Sterben den Humor. Als man ihm zur Hinrichtung abholen kam und ihn fragte, ob er sich nicht eines anderen besonnen habe, antwortete er: "Ja, ich habe mich eines anderen besonnen." Der Henker meinte, Thomas will sich doch dem Willen des Königs beugen und so sein Leben retten, und so sagte der Henker zu ihm: "Dann unterschreibt!" Thomas Morus antwortete: "Nein, so war das nicht gemeint. Ich wollte ursprünglich meinen Bart abschneiden lassen, bevor ich geköpft werde. Ich habe mich nun eines anderen besonnen und lasse ihn stehen." Und er mahnte den Henker: "Mein Hals ist sehr kurz. Setze deinen Ruf nicht aufs Spiel und schlage nicht daneben!" Dann legte er ruhig seinen Kopf auf den Block, strich seinen Bart beiseite mit den Worten: "Du wenigstens hast keinen Hochverrat begangen."

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Eine solche Haltung, die mit einem Lächeln auf den Lippen den ungerechten Tod auf sich nimmt, ist wahrhaft Humor, Humor, der im Leben möglich wird, wenn man zwischen dem Letzten und dem Vorletzten unterscheidet, das Letzte, Gott, ernst nimmt. Dann kann man befreit über alles lachen, über das Vorläufige, über das Vorletzte. Dies umso mehr, als derjenige, den wir ernst nehmen, uns ständig versichert: Mit Lachen werde ich euren Mund noch füllen! Liebe Schwestern und Brüder, nach der Gnade ist Humor und Lachen das Beste, was wir Christen haben.

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