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Stellvertreter
(Ansprache des Dekans beim Begräbnis von titl. A.o. Univ.-Prof. Dr. Josef Felderer)

Autor:Niewiadomski Jozef
Veröffentlichung:
Kategoriefak
Abstrakt:
Publiziert in:Jesuitenkirche, am 9. März 2006 um 15 Uhr
Datum:2006-03-10

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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“Seine Vorlesungen waren auf jeden Fall nie langweilig”. Auf diese Kurzformel brachte ein Kollege aus der Fakultät seine Erinnerung an P. Felderer, der vor mehr als 20 Jahren aus dem Leben der Fakultät entschwunden ist. Nun verabschiedet sich die Theologische Fakultät von einem ihrer Dozenten, von einem Menschen, der “immer bereit war, in der Ankündigung seiner Lehrveranstaltungen den Lehrbedürfnissen der Fakultät zu entsprechen” (Zitat aus dem Schreiben des Professorenkollegiums aus dem Jahr 1970 an das Bundesministerium in dem der Antrag auf Ernennung zum titl. A.o. Univ.-Prof. für Fundamentaltheologie begründet wird. Er wat bereit schon in der Ankündigung der Lehrveranstaltungen den Bedürfnissen der Fakultät zu entsprechen. Die Formel würdigt das halbe Leben eines Wissenschaftlers, dessen Berufung es war ein “Stellvertreter” zu sein.

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1953 habilitierte P. Felderer mit einem “methodisch guten, nach Inhalt und Darstellung sogar recht guten Schrift (so das Sammelgutachten der Paters Schagenhaufen, Jungmann und Maaß über die Habilitationsschrift: “Der Kirchenbegriff in den Flugsschriften des josefinischen Zeitalters”) und sollte einen Lehrauftrag in der Fundamentaltheologie übernehmen. Das Ministerium lehnte das Vorhaben unter dem Hinweis auf “finanzielle Erwägungen” ab. P. Felderer sprang allerdings ein: unbezahlt und dann doch bezahlt dozierte er Fundamentaltheologie bis zum Jahr 1958. Da wurde der Lehrstuhl für Fundamentaltheologie neu besetzt..., mit dem bis dahin Dogmatik dozierenden P. Gutwenger. So wechselte P. Felderer an seine Stelle in die Dogmatik, dozierte dort, übernahm 1964 gar die Supplierung der Lehrkanzel nach dem Weggang P. Rahners nach München. Den Lehrstuhl bekam er allerdings auch diesmal nicht. Diesen bekam nach Jahren ein anderer, ein jüngerer, der aber bald die Fakultät verließ und P. Felderer vertrat wiederum..., nahm unzählige Prüfungen ab in der Zeit der großen Krise, als Langezeit keines der Dogmatiklehrstühle besetz war.

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Warum rufe ich die Fragmente dieser durchaus dramatischen Geschichte der Fakultät in Erinnerung? Um die gegenwärtigen Umstrukturierungen, Streichungen und Einsparrungen zu relativieren? Nein! Als Dekan möchte ich jenen Dozenten würdigen, der immer in der zweiten Reihe stand, selbst, oder gerade dann, als die erste Reihe vollkommen leer war. Was er sich von seinem akademischen Leben erhofft hatte, das können wir nicht sagen - und das ist auch nicht wichtig, Jahrzehntelang hat er seine Pflicht getan und Kleinarbeit erledigt (ich denke an die redaktionelle Arbeit in der “Zeitschrift für Katholische Theologie” etwa). Dafür gebührt ihm unsere Anerkennung und Dank.

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“Stellvertretung” ist ein christologischer Begriff. Christus bringt an Stelle von uns allen - den Sündern - Gott jene Ehre dar, die wir eigentlich bringen sollen. Dies aber nicht tun, weil wir es nicht wollen, oder auch nicht können. Das Geheimnis des Lebens ist durch die Logik der Stellvertretung geradezu strukturiert.

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Lieber P. Felderer! Sie haben in der Abfolge ihrer Kurse, die Sie lesen mußten, weil die Bedürfnisse der Lehrgestaltung dies gerade verlangten, auch das Traktat: “De verbo incarnato”, also Christologie gelesen. Sie haben es gelesen und es war auch ihre eigene Berufung “Stellvertreter” zu sein. Das war Ihre Form der Nachfolge! In einer Welt, die durch das Rampenlicht geblendet ist, deswegen auch die Stellvertretung nicht schätzt, oder gar verächtlich macht, braucht es für eine solche Berufung viel Demut und viel Humor. Beides haben Sie ihr Leben lang gepflegt. Das eine Mal besser, das andere schlechter. Ihr Humor war von schlagfertiger Treffsicherheit, oft auch bissig. Ihre Humilitas, ihre Bodenständigkeit, ihre Demut war niemals ganz aggressionsfrei.

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Unzähligen Studierenden prägte sich Ihre Kurzformel ein: “Ein Mensch ohne Gnade ist wie ein Vogel mit einem Flügel”. Er lebt zwar und strampelt, fliegen kann er nicht. Als Katholiken vertrauen wir darauf, dass Gott seine Gnade niemanden vorenthält und dass jeder von uns auf seine Art und Weise fliegt. Was ein Höheflug ist und was ein Absturz: gerade im Kontext des akademischen Lebens - darüber kann man streiten. Als ich Sie nach Weihnachten im Sanatorium besuchte - begleitet vor Frau Corazza - dürfte ich feststellen, dass Ihr Humor Sie nicht verlassen hat. Sie haben gelacht, auch über sich selber. Es war dies kein sarkastisches und auch kein zynisches Gelächter. Es war das Lachen eines Menschen, der zu unterscheiden weiß zwischen dem Vorletzten und dem Letzten, der seine ganze Biographie überblickt und dies als etwas Vorletztes anschaut, deswegen auch darüber lachen kann. Weil ihm nur noch das Letze wichtig und heilig geworden ist. Und das ist der Dreifaltige Gott und seine Gnade. Auch diese Traktate haben Sie gelesen. Lieber Pater Felderer: Da kann ich im Namen im Namen der Theologischen Fakultät nur noch sagen: “Vergelt’s Gott!”

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