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Hochzeit mit Hindernissen
(Gedanken zum 28. Sonntag im Jahreskreis (LJ A))

Autor:Wandinger Nikolaus
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:Der Prophet Jesaja beschreibt das Reich Gottes als opulentes Festmahl, ja als Gelage mit erlesenen Speisen und Weinen. Jesus greift ein hnliches Bild auf im Gleichnis vom Hochzeitsmahl, doch handelt es sich hier eher um eine Hochzeit mit Hindernissen: Zuerst kommen die Gste nicht, dann wird einer wieder hinausgeworfen, weil er das nicht rechte Gewand trgt. Und der Brutigam, von dem dauernd die Rede ist, tritt berhaupt nicht in Erscheinung. Was hat es damit auf sich?
Publiziert in:# Originalbeitrag für den Leseraum
Datum:2005-10-11

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Jes 25,6-10a; (Phil 4,12-14.19-20) Mt 22,1-14 (oder 22,1-10)

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 Liebe Gläubige,

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die Lesung aus dem Buch Jesaja ist ein heiliger Text, der dazu angetan ist, klar und eindeutig einige Missverständnisse über Gott auszuräumen. Immer wieder kommt es vor, dass in uns der Verdacht aufkommt, Gott könnte uns irgendetwas missgönnen oder vorenthalten wollen. Zum Teil sind wir auch so erzogen und bekommen gerade dann ein schlechtes Gewissen, wenn es uns so richtig gut geht. Gott – so haben wir manchmal den Eindruck – will, dass wir uns mit dem Notwendigsten zufrieden geben, uns bescheiden und jeden Überfluss weit von uns weisen.

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Das Buch Jesaja dagegen wählt ein opulentes Festmahl als Bild für das Reich Gottes. Gott ist es, der ein „Gelage“ gibt mit erlesenen Speisen und Weinen. Gott ist kein Gegner des Überflusses, Gott ist der Geber wahren Überflusses, so Jesaja. Die Bibel zeichnet hier ein Bild der überquellenden Freigiebigkeit Gottes, dessen Reich alles Gute, das man sich vorstellen kann, bedeutet. Allerdings ist dieses Fest in zwei Punkten ganz anders als unsere irdischen Gelage: Es heißt: alle Völker sind geladen, nicht nur die Reichen und Schönen. Und: Nach diesem Fest geht nicht einfach der Alltag weiter – womöglich erschwert durch die Nachwirkungen des Gelages. Wenn Gott sein Gelage gibt, dann er wischt er auch die Tränen, die Spuren von Leid und Entbehrung, von jedem Gesicht ab, er beseitigt den Tod, der alle Menschen irgendwann leiden macht, so dass sein Fest ein nie endendes, ewiges ist – ohne Ausschluss Fremder und ohne unangenehme Nachwirkungen.

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Das etwas seltsame Evangelium zeigt allerdings, dass es sich bei diesem Fest gewissermaßen um eine Hochzeit mit Hindernissen handelt. Der König im Gleichnis lädt auserwählte Gäste zur Hochzeit seines Sohnes, aber diese kommen nicht, nicht einmal, als sie ein zweites Mal geladen werden. Sie wollen in ihren Alltagsgeschäften nicht durch ein Fest gestört werden, ja diese Einladung bringt sie so in Rage, dass sie die Hochzeitslader misshandeln und umbringen. Der erfahrene Bibelleser denkt natürlich an den Gott Israels, der sein Volk durch Propheten wie Jesaja zum himmlischen Hochzeitsmahl ruft, aber das Volk hört nicht auf sie. Die Geschäfte und Geschäftigkeiten der Welt sind viel wichtiger als mit Gott ein Festmahl zu feiern. Ja, die Ablehnung gegen eine Störung der Wichtigkeiten dieser Welt ist so massiv, dass viele Propheten ermordet werden.

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Jetzt – denkt, der kundige Bibelleser – jetzt kommt der Sohn und lädt selber zu seiner Hochzeit. Aber das Gleichnis erzählt es anders: Der König lässt die Mörder niedermetzeln und zerstört sogar ihre Stadt. Auch das ist noch ganz im Horizont der Propheten, die es ja oft als Reaktion Gottes auf die Sturheit des Volkes ansahen, wenn Israel von fremden Mächten militärisch besiegt wurde. Aber die Hochzeit will der König immer noch abhalten, und da kommt etwas Neues ins Spiel: Er lässt jeden Beliebigen dazu einladen, Böse und Gute. Zuerst waren ausgewählte Gäste geladen; offensichtlich solche, die sich an die Gebote hielten und sich um ihren Lebensunterhalt kümmerten. Jetzt ändern sich die Kriterien: da sich diese Guten als Gewalttäter und Mörder erwiesen haben, sind alle gut genug geladen zu werden. Gut und böse ist nicht mehr das, was die Geladenen von den Nicht-Geladenen unterscheidet. So wie Gott seine Sonne über Gute und Böse aufgehen lässt, so sind auch Gute und Böse zur Hochzeit seines Sohnes geladen. Ende gut, alles gut – könnte man meinen.

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Aber wieder macht das Gleichnis eine unvorhergesehene Wendung: einer sitzt da, heißt es, der kein Hochzeitsgewand anhat. Und als der König kommt, um die Gäste zu begutachten, fällt ihm dieser sofort auf, und er lässt ihn hinauswerfen, nicht einfach auf die Straße, sondern in die äußerste Finsternis. Wer ist dieser schlecht gekleidete Gast? Und wofür steht das Hochzeitsgewand?

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Eine Antwort ist: Das Hochzeitsgewand steht für eine Gesinnung von Demut und Reue. Wenn der Unterschied zwischen Guten und Bösen schon nicht darüber entscheidet, wer zum Festmahl eingeladen ist, so sollen doch die Gäste sich bewusst sein, dass sie die Einladung nicht ihrer eigenen Gutheit und Ehrenhaftigkeit verdanken, sondern der Großherzigkeit und Barmherzigkeit des Königs, der sie einlädt.

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An dieser Antwort ist sehr viel Wichtiges. Ja, vielleicht verrät sie uns den Grund, warum die ersten geladenen Gäste nicht gekommen sind. Vielleicht waren sie genügsame, arbeitsame Menschen, die versuchten, nur das Notwendigste für sich zu verbrauchen, ihren Besitz zu mehren und möglichst selbstständig zu sein: Anderen nichts schuldig bleiben, aber auch selbst in niemandes Schuld stehen, so könnte ihre Devise gelautet haben. Und das könnte der Grund gewesen sein, warum sie nicht kamen: wenn man auf das Fest ginge, das wäre doch Völlerei, man würde ja auf Kosten des Königs leben; wenn man so eine Einladung annähme, dann wäre man ja nicht selbstständig; man wäre in der Schuld des Königs, man müsste am Ende noch dankbar sein, ja man geriete in Abhängigkeit! Und das will man auf keinen Fall.

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Die zweiten Gäste, Gute und Böse gemischt, die müssten es eigentlich besser wissen: sie sind nicht geladen, weil sie so gut und genügsam und selbstständig sind. Sie sind geladen, weil der König die Hochzeitsfreude seines Sohnes teilen will. Sie wenigstens sollten das erkennen und mit einer entsprechenden Haltung kommen.

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Ich denke, für uns ist das sehr wichtig, immer wenn wir an den Tisch des Herrn geladen sind: wir sind nicht geladen, weil wir würdig sind, sondern weil Gott uns beschenken will. Können wir es annehmen, dass wir schlichtweg uneigennützig beschenkt werden und keine Gegenleistung bringen können, weil es völlig jenseits unseres Vermögens steht? Das ist eine wichtige Haltung für das Festmahl Gottes.

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Und doch ist da noch etwas in diesem Gleichnis, das einen stutzig machen könnte: der Sohn des Königs, der Bräutigam, tritt überhaupt nicht auf. Die Hochzeit scheint nie stattzufinden. Wenn Jesus der Sohn des Königs ist, fordert uns sein weiterer Lebensweg dann vielleicht heraus, dieses Gleichnis noch einmal anders zu verstehen? (1) Jesu Weg führt ihn bald nach Jerusalem und ans Kreuz. Er hat, wie es das Gleichnis sagt, Gute und Böse in das Reich Gottes geladen, und eine Zeit lang sah es so aus, als würden sie ihm folgen, als kämen sie zum Festmahl des Königs. Doch irgendwann hat Jesus ihre Erwartungen enttäuscht: „Was, du bist kein Messias, der uns von den Römern befreit?“ „Wie, du stellst nicht das Reich des Königs David wieder her?“ Und sie nehmen ihn und verurteilen und kreuzigen ihn. Es ist, als hätten sie das Gleichnis umgeschrieben. In ihrer Version ist der eine Mann ohne Hochzeitsgewand der Bräutigam, der Sohn des Königs, den sie nicht erkennen, weil er ein anderes Gewand anhat, als sie erwarten. Und nicht der König, sondern die anderen Gäste, die ihn so nicht haben wollen, werfen ihn in die äußerste Finsternis der Gottverlassenheit hinaus.

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Bedenkt man diesen Fortgang des Lebensweges Jesu, so könnte man sagen: wenn wir uns um diesen Tisch des Herrn versammeln, dann versammeln wir uns um den, den man hinausgeworfen hat, der sich hinauswerfen ließ als Zeichen dafür, dass beim Festmahl Gottes niemand hinausgeworfen werden soll. Der Sohn des Königs, der Bräutigam, ließ sich lieber selber hinauswerfen, als dass er andere draußen gelassen hätte. Das war der Preis, den er zu zahlen bereit war, damit er Gute und Böse auf seine Hochzeit einladen konnte.

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So betrachtet sind alle Menschen die vielen Geladenen, und er allein ist der eine Auserwählte, der sie alle um sich versammelt, auf dass sie niemanden hinauswerfen in die äußerste Finsternis.

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Am Ende ist es wieder wie bei Jesaja: Alle nehmen Teil an diesem Fest, niemand muss endgültig draußen bleiben beim Hochzeitsmahl des göttlichen Königssohnes. Aber der Weg zu diesem Fest hat ihn ans Kreuz geführt, damit wir und alle an seinen Tisch kommen dürfen – jetzt zu den Zeichen von Brot und Wein, einst in die Überfülle seines himmlischen Gelages.

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Anmerkungen:  

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 1.

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Die Idee dazu verdanke ich Marty Aiken, der die ganze Perikope neu deutet. Vgl. seinen Vortrag an der Konferenz des Colloquium on Violence and Religion 2003 in Innsbruck: http://www.uibk.ac.at/theol/cover/archives/innsbruck2003/abstracts/innsbruck2003_aiken_paper.doc

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